Racecadotril

Wirkstoff
Racecadotril
Handelsname
Tiorfan®, Vaprino®
ATC-Code
A07XA04

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Racecadotril ist ein Prodrug, das zum aktiven Metaboliten Thiorphan hydrolisiert wird und zur symptomatischen Therapie der Diarrhö eingesetzt wird. Thiorphan ist ein Inhibitor der Enkephalinase, einer Zellmembran-Peptidase, die in verschiedenen Geweben, insbesondere im Dünndarmepithel lokalisiert ist und sowohl exogene als auch endogene Peptide (z.B. Enkephaline) abbaut. Racecadotril schützt Enkephaline vor dem enzymatischen Abbau, verlängert ihre Tätigkeit an den enkephalinergen Synapsen im Dünndarm und verringert die Hypersekretion. Racecadotril wirkt ausschließlich im Darm antisekretorisch. Es verringert die durch Choleratoxine oder Entzündungen bedingte intestinale Hypersekretion von Wasser und Elektrolyten und hat keinen Effekt auf die basale Sekretion. Racecadotril übt eine schnelle antidiarrhoische Wirkung aus, ohne die Verweildauer im Darm zu beeinflussen. Im Verlauf der klinischen Untersuchungen war das Auftreten einer sekundären Obstipation unter Racecadotril vergleichbar mit dem Placebo. Bei oraler Anwendung ist die Aktivität ausschließlich peripher, ohne Auswirkungen auf das Zentralnervensystem. [Ref.]

Pharmakokinetik bei Kindern

In der pädiatrischen Population sind die pharmakokinetischen Ergebnisse denen der erwachsenen Population ähnlich und erreichen nach Verabreichung Cmax nach 2 Stunden 30 Minuten. Nach Verabreichung einer Mehrfachdosis jeweils alle 8 Stunden über 7 Tage wurde keine Kumulation beobachtet. [Ref.]


Erwachsene

Die Halbwertszeit von Racecadotril, gemessen als Plasma Enkephalinase Hemmung, beträgt etwa 3 Stunden. [Ref.]

 

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Akute Diarrhoe
    • oral
      • ≥3 Monate bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral

  • Granulat:
    • Ergänzende symptomatische Behandlung der akuten Diarrhoe bei Säuglingen (älter als 3 Monate) und Kindern, gemeinsam mit oraler Rehydratation und üblichen unterstützenden Maßnahmen, wenn diese Maßnahmen allein nicht ausreichen, den klinischen Zustand zu kontrollieren wenn eine ursächliche Therapie nicht möglich ist [Ref.]
    • Wenn eine ursächliche Therapie möglich ist, kann Racecadotril als ergänzende Behandlung verabreicht werden [Ref.]
    • Dosierung:
      • Säuglinge unter 3 Monaten: Zur Anwendung liegen keine klinischen Studien vor [Ref.]
      • Säuglinge (älter als 3 Monate) und Kinder:
        • 1,5 mg/kg KG pro Einnahme 3-mal täglich in regelmäßigen Abständen [Ref.]
        • Für Kinder weniger als 9 kg: ein 10 mg Beutel 3-mal täglich [Ref.]
        • Für Kinder von 9 kg bis zu 13 kg: zwei 10 mg Beutel 3-mal täglich [Ref.]
        • Für Kinder von 13 kg bis 27 kg: ein 30 mg Beutel 3-mal täglich [Ref.]
        • Für Kinder über 27 kg: zwei 30 mg Beutel 3-mal täglich [Ref.]
      • Erwachsene: initial eine 100 mg-Hartkapsel, ungeachtet der Tageszeit. Eine 100 mg-Hartkapsel 3-mal täglich, vorzugsweise vor den Hauptmahlzeiten. [Ref.]
    • In klinischen Studien mit Kindern betrug die Behandlungsdauer 5 Tage. Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von zwei normalen Stuhlgängen fortgesetzt werden. Die Behandlungsdauer sollte 7 Tage nicht überschreiten [Ref.]

Präparate im Handel

Allgemein

Racecadotril steht in Form von Hartkapseln und Granulat zur Verfügung. Aufgrund der Stärke (100 mg) und Darreichungsform sind die Hartkapseln nur für Erwachsene zugelassen. Das Granulat ist ab 3 Monaten zugelassen.

Orale Anwendung

Granulat

Das Granulat kann der Nahrung, einem Glas Wasser oder der Babyflasche zugegeben werden. Nach gründlicher Mischung soll die Einnahme unverzüglich erfolgen [Ref.]

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke Aroma Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Tiorfan® Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 10 mg Aprikose Sucrose (966,5 mg) ab 3 Monaten
30 mg Sucrose (2,9 g) ab 3 Monaten


Hartkapseln

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Vaprino® Gegen akuten Durchfall Hartkapseln 100 mg Lactose (41 mg) Erwachsene
Tiorfan® Hartkapseln 100 mg Lactose (41 mg) Erwachsene

 

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Akute Diarrhoe
  • Oral
    • 3 Monate bis 18 Jahre und < 9 kg
      [1]
      • 30 mg/Tag in 3 Dosen. Es muss auf eine ausreichende Rehydratation des Patienten geachtet werden.
      • Behandlungsdauer:

        Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von zwei normalen Stuhlgängen fortgesetzt werden, jedoch nicht länger als 7 Tage.

    • 3 Monate bis 18 Jahre und 9 bis 13 kg
      [1]
      • 60 mg/Tag in 3 Dosen. Es muss auf eine ausreichende Rehydratation des Patienten geachtet werden.
      • Behandlungsdauer:

        Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von zwei normalen Stuhlgängen fortgesetzt werden, jedoch nicht länger als 7 Tage.

    • 3 Monate bis 18 Jahre und 13 bis 27 kg
      [2]
      • 90 mg/Tag in 3 Dosen. Es muss auf eine ausreichende Rehydratation des Patienten geachtet werden.
      • Behandlungsdauer:

        Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von zwei normalen Stuhlgängen fortgesetzt werden, jedoch nicht länger als 7 Tage.

    • 3 Monate bis 18 Jahre und ≥ 27 kg
      [2]
      • 180 mg/Tag in 3 Dosen. Es muss auf eine ausreichende Rehydratation des Patienten geachtet werden.
      • Behandlungsdauer:

        Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von zwei normalen Stuhlgängen fortgesetzt werden, jedoch nicht länger als 7 Tage.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Studien an Säuglingen oder Kindern mit eingeschränkter Nierenfunktion liegen nicht vor. Es gibt nur begrenzte Daten bei erwachsenen Patienten mit Niereninsuffizienz. [Ref.]

Klinische Konsequenzen

Patienten sollten mit besonderer Vorsicht behandelt werden. [Ref.]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Folgende unerwünschte Arzneimittelwirkungen traten bei pädiatrischen Patienten mit Racecadotril häufiger auf als bei einer Gabe von Placebo: 

Infektionen und parasitäre Erkrankungen:

  • Tonsilitis (0,1-<1%)

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes:

  • Hautausschlag, Erythem (0,1-<1%)

[Ref.]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende unerwünschte Arzneimittelwirkungen traten bei Erwachsenen mit Racecadotril häufiger auf als bei einer Gabe von Placebo oder wurden in Anwendungsbeobachtungen erfasst: 

Erkrankungen des Nervensystems:

  • Kopfschmerz (1-<10%)

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes:

  • Hautausschlag, Erythem (0,1-<1%)
  • Erythema multiforme, Gesichtsödem, Zungenödem, Lippenödem, Augenlidödem, Angioödem, Urtikaria, Erythema nodosum, papulöser Hautausschlag, Prurigo, Pruritus, toxisches Exanthem (Häufigkeit nicht bekannt) [Ref.]

Die vollständige Auflistung aller  unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

[Ref.]

Kontraindikationen allgemein

  • Durchfälle, die mit Fieber und/oder blutigem oder schleimigem (eitrigem) Stuhl einhergehen, da diese auf das Vorliegen invasiver Bakterien oder anderer schwerer Erkrankungen hinweisen.
  • Durchfälle, die während oder nach der Einnahme von Antibiotika auftreten (pseudomembranöse Colitis).

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

[Ref.]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

  • Rehydratation ist bei der Behandlung von Diarrhoe bei Kindern äußerst wichtig [Ref.]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Die Anwendung von Racecadotril verändert nicht die üblichen Rehydratationsmaßnahmen
  • Vorsicht bei Patienten mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion (fehlende Daten)
  • beim Auftreten schwerwiegender Hautreaktionen muss die Behandlung unverzüglich beendet werden
  • Auftreten von Angioödemen möglich
      • im Falle einer Obstruktion der oberen Atemwege sollten umgehend Notfallmaßnahmen eingeleitet werden
      • Patienten, bei denen anamnestisch Angioödeme auftraten, können einem erhöhten Risiko eines erneuten Auftretens ausgesetzt sein.

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

[Ref.]

Wechselwirkungen

  • ACE-Hemmer (z.B. Captopril, Enalapril, Lisinopril, Perindopril, Ramipril): gleichzeitige Einnahme kann Risiko des Auftretens von Angioödemen erhöhen

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

[Ref.]

ANDERE ANTIDIARRHOIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Bioprojet Europe, SmPC TIORFAN 10 mg, Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (59563.00.00), 04/2017
  2. Bioprojet Europe, SmPC TIORFAN 30 mg, Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (59564.00.00), 04/2017
  3. Sanofi-Aventis, SmPC Vaprino® Gegen akuten Durchfall 100 mg Hartkapseln (85316.00.00), 06/2017
  4. Bioprojet Europe, SmPC TIORFAN 100 mg Hartkapseln (62751.00.00), 04/2017

Änderungsverzeichnis

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung