Natriumfluorid

Wirkstoff
Natriumfluorid
Handelsname
FIuoretten®, Zymafluor®, Duraphat®, Sensodyne®; Syn: Fluorid
ATC-Code
A01AA01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Durch prophylaktische Zufuhr von Fluoriden lässt sich das Auftreten der Zahnkaries reduzieren. Der Mechanismus, über den Fluoride die Entstehung der Zahnkaries hemmen, ist nicht restlos geklärt. Diskutiert werden folgende Möglichkeiten:
a) Einlagerung des Fluorions in den Apatit des Zahnschmelzes (Bildung von Fluorapatit) und dadurch Erhöhung der Säureresistenz des Schmelzes,
b) Hemmwirkung auf den Stoffwechsel säureproduzierender Mikroorganismen in den Zahnbelägen,
c) Verbesserung der Remineralisation des Zahnschmelzes

Pharmakokinetik bei Kindern

T1/2: 1,5-9 Stunden
Vd: 1 l/kg
Tmax: 0,5-1 Stunden
Fluorid wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden, ein kleiner Anteil wird über die Fäzes ausgeschieden [SmPC].

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Kariesprophylaxe
    • oromukosal
      • ≥0 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oromukosal zur Kariesprophylaxe.

  • Die Dosierung ist abhängig vom Lebensalter des Kindes und soll unter Berücksichtigung der sonstigen Fluoridaufnahme festgelegt werden. Um sicherzugehen, dass nur eine systemische Form der Fluoridzufuhr zur Anwendung kommt, sollte der Kinderarzt oder der Zahnarzt die Einnahme von fluoridiertem Speisesalz, Fluoridtabletten (einschließlich der täglichen Dosis), fluoridreichem Mineralwasser und den Fluoridgehalt des Trinkwassers bei der Dosierungsempfehlung berücksichtigen.
  • Das folgende Dosierungsschema gibt Richtwerte für Fluoridsupplemente an. Wenn die Fluoridkonzentration im Trinkwasser/Mineralwasser mehr als 0,7 mg/l beträgt, ist eine zusätzliche Gabe von Fluoridtabletten nicht erforderlich. Soweit nicht anders verordnet, ist folgende Dosierung regelmäßig einzuhalten, je 1 Lutschtablette täglich der entsprechenden Stärke:
  Fluoridkonzentration im Trinkwasser / Mineralwasser (mg/l)

  unter 0,3 0,3-0,7
Alter (Jahre) Fluorid (mg/Tag)
0 bis unter 3 0,25
3 bis unter 6 0,5 0,25
ab 6 1,0 0,5


[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 0,25 mg
Lutschtabletten 0,25 mg, 5 mg, 1 mg
Dentalsuspension (Lack) 22,62 mg/mL
Zahnpasta 1,04 mg/g, 5 mg/g
Gel 6,15 mg/g, 12,31 mg/g, 12,5 mg/g

Allgemein

Die im Handel befindlichen Präparate enthalten Fluorid als Natriumsalz. Die Angabe der Wirkstoffkonzentration und Dosierung ist jeweils auf Fluorid bezogen.
Neben den Monopräparaten gibt es Kombinationspräparate mit 500 I.E und 1000 I.E. Colecalciferol (Vitamin D3): D-Fluoretten®, Fluor-Vigantol®, Dekristol Fluor®, Zymafluor D®. Zudem gibt es fluoridhaltige, freiverkäufliche Zahnpastas (Nicht-Arzneimittel). Hier ist auf die Angabe des jeweiligen Fluorid-Gehalts (ppm) zu achten.

Oromukosal

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Fluorid)
Problematische Hilfsstoffe Aroma Altersangabe
Fluoretten® Lutschtabletten 0,25 mgT0 Lactose
Saccharin
Himbeere ab 0 Jahren
0,5 mgT0 ab 3 Jahren
1 mgT0 ab 6 Jahren
Zymafluor® Lutschtabletten 0,25 mgT0
Saccharin
Sorbitol
Vanille
Pfefferminz
ab 0 Jahren
0,5 mgT0 ab 3 Jahren
1 mgT0 ab 6 Jahren


T0: nicht teilbar

Die Fachinformationen wurden am 13.01.2023 aufgerufen.
Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich weitere Präparate im Handel.

Anwendungshinweis:

  • Für Säuglinge (und Kleinkinder) sollten die Tabletten zerkleinert und aufgelöst in etwas Wasser, Tee oder Fruchtsaft, jedoch nicht in Milch gegeben werden. Sobald die Kinder das sichere Lutschen beherrschen, sollten die Tabletten nicht mehr geschluckt werden. Sie sollten langsam im Mund abwechselnd rechts und links zwischen Wange und Zahnfleisch bewegt werden, und dort zergehen.
  • Der beste Anwendungszeitpunkt ist abends nach dem Zähneputzen, da hierbei die hohen Fluoridkonzentrationen an den Zähnen besonders lange erhalten bleiben.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Kariesprophylaxe
  • Oromukosal
    • 0 Jahre bis 3 Jahre
      [7] [9]
      • Fluorid: 0,25 mg/Tag in 1 Dosis in Kombination mit Vitamin D. Nur verabreichen, wenn die Fluoridkonzentration im Trinkwasser oder Mineralwasser < 0,3 mg/L ist.
      • Ab Zahndurchbruch: in Kombination mit Zähneputzen (ohne Zahnpasta oder mit fluoridfreier Zahnpasta)
        Alternativ:
        Ab Zahndurchbruch bis <1 Jahr: 1 - 2 x tägliches Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen (1.000 ppm) Zahnpasta (Menge: Reiskorngröße)
        ≥1 Jahr bis <2 Jahre: 2 x tägliches Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen (1.000 ppm) Zahnpasta (Menge: Reiskorngröße)
        ≥2 Jahre bis <3 Jahre: 2 x tägliches Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen (1.000 ppm) Zahnpasta (Menge: Erbsengröße)

    • 3 Jahre bis 6 Jahre
      [7] [9]
      • Fluoridkonzentration im Trink-/Mineralwasser <0,3 mg/L (meist in Deutschland)
        0,3 - 0,7 mg/L >0,7 mg/L
        Dosis (Fluorid)
        0,5 mg/Tag 0,25 mg/Tag -
      • Hinweis:  Bei 2 x täglichem Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen (1.000 ppm) Zahnpasta (Menge: Erbsengröße) keine Tablettengabe notwendig.

    • ≥ 6 Jahre
      [7]
      • Fluoridkonzentration im
        Trink-/Mineralwasser
        <0,3 mg/L (meist in Deutschland)
        0,3 - 0,7 mg/L >0,7 mg/L
        Dosis (Fluorid)
        1 mg/Tag 0,5 mg/Tag -
      • Hinweis:  Bei 2 x täglichem Zähneputzen mit einer fluoridhaltigen (1.000 ppm) Zahnpasta (Menge: Erbsengröße) keine Tablettengabe notwendig.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr selten (<0,01 %): Überempfindlichkeitsreaktionen (allergische Reaktionen)

Häufigkeit nicht bekannt: Abdominalschmerzen, Dyspepsie, Ulzerationen im Mund, Mundtrockenheit

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • bereits ausreichende Fluoridzufuhr durch z. B. fluoridiertes Speisesalz, fluoridhaltige Gele, Trink-, Mineral- oder Tafelwasser

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Fluoridhaltige Produkte sollten nicht geschluckt werden, sofern Kinder dies koordinativ beherrschen.

Die übermäßige Verwendung von Fluorid bei Kindern während der Zahnbildung kann zu einer Dentalfluorose führen (verfärbter Zahnschmelz, Zebrazähne). Besonders anfällig sind Kinder zwischen ½ und 4½ Jahren, da sich dann der später sichtbare Zahnschmelz der Schneidezähne bildet. Eine Fluorose kann erst ab einem Alter von ca. 6 Jahren bemerkt werden, wenn die bleibenden Zähne durchgebrochen sind.

Wird Wasser (Trinkwasser, Mineralwasser) mit einem Fluoridgehalt von 0,3 mg/l oder mehr zur Zubereitung von Säuglings(milch)nahrung verwendet, soll kein Fluorid gegeben werden. Dies betrifft Säuglinge, die ausschließlich oder überwiegend mit Säuglings(milch)nahrung ernährt werden [BZfE 2021].

Fluoridhaltige Zahnpasta und Fluoridtabletten sollen nicht in Kombination verwendet werden [BZfE 2021].

Bei früh- und mangelgeborenen Säuglingen sollte die Kariesprophylaxe erst nach Erreichen eines Körpergewichts von 3.000 g und bei normaler körperlicher Entwicklung eingesetzt werden [SmPC Fluoretten].

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums führte bei der dentalen Anwendung zu keiner klinisch relevanten Interaktion.

orale Anwendung:

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Polyvalente Kationen aus Arznei- und Lebensmitteln, z.B. Calcium-, Aluminium-, Magnesiumsalze Verminderte Resorption von Fluorid durch Bildung schwerlöslicher Salze. Bei der Einnahme sollte ein Abstand von mindestens 2 Stunden gehalten werden. Die Einnahme mit Leitungswasser ist gegenüber der Einnahme mit Mineralwasser bevorzugt.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

STOMATOLOGIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Gouka B.V., SmPC Dentigel, tandgel 0,4 % (RVG 14981) 27-12-2015, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  2. CP GABA GmbH, Duraphat suspensie voor dentaal gebruik (RVG 10942) 13-11-2018, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  3. Milstein CV , SmPC Endekay® 0,4 % Thixotrope Fluogel 0,4% met fruitsmaak (RvG 11455) 12-03-2019 , www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  4. Formularium der Nederlandse Apothekers [Formularium der niederländischen Apotheker], Therapeutische informatie Natriumfluoride [Therapeutische Informationen Natriumfluorid], Juni 2013
  5. Ivoren Kruis, Advies Cariëspreventie [Tipps zur Kariesprävention], www.ivorenkruis.nl, 2011
  6. Nederlandse Maatschappij tot bevordering der Tandheelkunde [Niederländische Gesellschaft zur Förderung der Zahnheilkunde], Richtlijn Mondzorg voor jeugdigen [Mundpflegeleitfaden für Jugendliche], 2013
  7. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, SmPC Fluoretten (6546182), 08-2017
  8. MEDA Pharma GmbH & Co. KG, SmPC Zymafluor 0,25 mg, 0,5 mg Tabletten (14514.00.00), 10/2020
  9. Berg, B., Cremer, M., Flothkötter, M. et al., Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter (Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben), Monatsschrift Kinderheilkunde, 2021, https://doi.org/10.1007/s00112-021-01167-z
  10. Augenstein W.L. et al., Fluoride ingestion in children: a review of 87 cases., Pediatrics, 1991, 88(5), 907-12
  11. Eichler H.G. et al., Accidental ingestion of NaF tablets by children: report of a poison control center and one case, Cochrane Database of Systematic Reviews, 2011, 12
  12. Spoerke D.G. et al., Toxicity related to acute low dose sodium fluoride ingestion., J Fam Pract, 1980, 78, 660-663
  13. KiDSafe-Konsortium, Informationsschreiben KiDSafe "Nebenwirkungen von Fluorid bei Säuglingen", 2019

Änderungsverzeichnis

  • 20 Januar 2023 11:10: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

Bei einer Einnahme von mehr als 1 mg/kg Fluorid kann es zu toxischen Reaktionen kommen [Spörke 1980, Eichler 1982]. Erste Symptome einer Intoxikation sind meist innerhalb 1 Stunde nach Einnahme zu erwarten, können aber auch erst 6 Stunden später auftreten. Je höher die aufgenommene Menge Fluorid ist, desto stärker ausgeprägt sind die Symptome [Augenstein 1991].
Als erste Maßnahme bei der Ingestion von geringeren Mengen bis 8 mg/kg Fluorid wird angestrebt, das Fluorid abzubinden, indem man es als Calciumsalz ausfällt. Den Eltern werden dafür die Gabe von Milch und eine 6-stündige Überwachung des Kindes zu Hause empfohlen. Sobald Symptome einer Vergiftung auftreten (Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen) soll ein Arzt konsultiert werden. Dort sollen die Vitalparameter und Elektrolytspiegel überwacht werden. Eine weitere Gabe von Milch, Calciumsalzen oder Antazida auf Magnesium/Aluminium-Basis wird empfohlen, um Fluorid zu binden.
Bei Vergiftungen mit mehr als 8 mg/kg Fluorid soll Erbrechen herbeigeführt oder der Magen gespült werden, sofern die Einnahme nicht zu lange zurückliegt. Eine ärztliche Überwachung der Vitalparameter und Elektrolytspiegel ist ebenfalls indiziert [Augenstein 1991].
Zu beachten ist dabei vor allem die Dosisabhängigkeit der Symptome. Bei Dosen < 8,4 mg/kg Fluorid (rein) wurden hauptsächlich milde gastrointestinale Beschwerden, die sich innerhalb von 24 Stunden wieder besserten, beobachtet. Intoxikationen mit letalem Ausgang sind für Dosen zwischen 6 und 83 mg/kg Fluorid beschrieben [Augenstein 1991]. Diese Dosen unterscheiden sich stark von den für Säuglinge empfohlenen 0,25 mg Fluorid pro Tag.
[Auszug aus Informationsschreiben KiDSafe 2019]