Propylthiouracil

Wirkstoff
Propylthiouracil
Handelsname
Propycil®
ATC-Code
H03BA02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Propylthiouracil wirkt thyreostatisch durch Hemmung des intrathyreoidalen Peroxidase-Systems. Es vermindert den Jodeinbau in Thyreoglobulin und damit die Thyroxin Produktion. Daneben wird die im Thyreoglobulin-Molekül stattfindende Kupplungsreaktion von bereits jodierten Tyrosyl-Resten (Schilddrüsenhormon-Bausteine Mono-und Dijodtyrosin) gehemmt.

Pharmakokinetik bei Kindern

Alter Dosis Cmax (µg/mL) Tmax (Stunde) T 1/2 (Stunde) Referenz
8 - 15 Jahre (n=7) ca. 200 mg/m2 (Bereich 180 - 280 mg/m2) 1,47 (bei Hyperthyreose)
1,53 (bei Euthyreose)
Hoffman et al. 1988
10 - 17 Jahre (n=6) 10 - 280 mg/m2 7,2 - 18 0,5 - 1 1,3 ± 0.41 (Mittelwert ± SD) Okuno et al. 1983
Erwachsene 50 mg 1 - 2 - SmPC Propycil


Thyreostatika werden in der Schilddrüse mit Hilfe eines aktiven Transportmechanismus angereichert. Obwohl im Serum nach 8 Stunden kein Propylthiouracil mehr messbar ist, liegt die Wirkdauer einer größeren Einzeldosis aufgrund der starken Akkumulation in der Schilddrüse bei 6 bis 8 Stunden. [SmPC Propycil]
 

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Hyperthyreose
    • oral
      • ≥6 Monate bis <6 Jahre: off-label
      • ≥6 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral 
-  bei Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) bei Morbus Basedow und bei Schilddrüsenautonomie 
- zur Vorbereitung zur Operation oder Radiojod-Therapie bei einer hyperthyreoten Schilddrüse

In der Regel wird Propylthiouracil alle 6 – 8 Stunden verabreicht.

Neugeborene:
Die neonatale Hyperthyreose wird mit 5 mg bis 10 mg Propylthiouracil pro Tag behandelt, aufgeteilt auf drei regelmäßige Einzeldosen. Bei fehlendem Ansprechen wird die Dosis um 50 % bis 100 % erhöht. Als Erhaltungsdosis werden 3 – 4 mg/kg Körpergewicht/Tag empfohlen. Entsprechend der Halbwertszeit der mütterlichen Immunglobuline ist mit einem spontanen Abklingen der Hyperthyreose nach 2 – 3 Monaten zu rechnen.

Kinder zwischen 6 und 10 Jahren:
Die Anfangsdosis beträgt 50 – 150 mg Propylthiouracil täglich und als Erhaltungsdosis etwa 25 – 50 mg Propylthiouracil täglich.

Erwachsene, Jugendliche und Kinder über 10 Jahre:
Die Anfangsdosis beträgt bei geringer klinischer Aktivität der Hyperthyreose 100 – 300 mg Propylthiouracil pro Tag entsprechend 2 – 3 Einzeldosen zu je 50 – 100 mg. In schweren Fällen und nach Jodkontamination werden höhere Anfangsdosen von 300 mg bis 600 mg Propylthiouracil täglich empfohlen, verteilt auf 4 – 6 Einzeldosen. Die Erhaltungsdosis beträgt 50 – 150 mg Propylthiouracil pro Tag.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 50 mg

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Propylthiouracil) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Propycil® Tablette 50 mgT2 oral - Lactose Neugeborene und Kinder ab 6 Jahren


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen

Die Fachinformationen wurden am 12.12.2025 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Hinweis

Aufgrund des erhöhten Risikos schwerer und tödlicher Leberschäden darf Propylthiouracil bei Kindern nur angewendet werden, wenn eine andere Therapie nicht möglich ist. Behandlung durch oder nach Rücksprache mit fachärztlichem Personal (mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendendokrinologie).


Dosierungsempfehlungen

Hyperthyreose
  • Oral
    • 6 Monate bis 6 Jahre
      [5] [14] [20] [22]
      • Initialdosis: 5 - 10 mg/kg/Tag in 3 Dosen. Max: 300 mg/Tag. Bis zum Erreichen einer Euthyreose.
        Erhaltungsdosis:Die Dosis ist gemäß Hormonspiegel anzupassen oder mit Levothyroxin zu kombinieren.
      • Für Kinder <6 Jahren liegen wenige Daten für eine wirksame und sichere Dosierung vor. Vor Anwendung bitte Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern beachten.

        off-label

    • 6 Jahre bis 10 Jahre
      [11] [12] [14] [20] [22]
      • Initialdosis: 50 - 150 mg/Tag in 3 Dosen. Bis zum Erreichen einer Euthyreose.
      • Erhaltungsdosis: 25 - 50 mg/Tag in 2 - 3 Dosen. Die Dosis ist gemäß Hormonspiegel anzupassen oder mit Levothyroxin zu kombinieren..
    • 10 Jahre bis 18 Jahre
      [10] [11] [12] [18]
      • Initialdosis: 100 - 300 mg/Tag in 3 Dosen. Bis zum Erreichen einer Euthyreose.
        In schweren Fällen und nach Jodkontamination werden höhere Initialdosen 300 mg - 600 mg/Tag in 4 - 6 Dosen empfohlen.
      • Erhaltungsdosis: 50 - 150 mg/Tag in 2 - 3 Dosen. Die Dosis ist gemäß Hormonspiegel anzupassen oder mit Levothyroxin zu kombinieren.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Milde und mäßige Nierenfunktionsstörung: Dosis um 25 % reduzieren
Schwere Nierenfunktionsstörung: Dosis um 50 % reduzieren

[SmPC Propycil]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Propylthiouracil kann zu Leberschäden und akutem Leberversagen führen, die tödlich verlaufen können [Yu et al. 2020; Sato et al. 2011; Andriana et al. 2013; Rivkees et al. 2009].

Agranulozytose wurde bei Kindern berichtet  [Minimatani et al. 2011]. Diese trat dosisabhängig bei Patienten (7–85 Jahre, Median 32 Jahre) auf, die mit Thiamazol und Propylthiouracil behandelt wurden [Yoshimura Noh et al. 2024].

Hautausschlag, Ausschlag mit Arthralgien, Arthritis mit Purpura und Hämaturie, erhöhte Leberenzymwerte und Neutropenie wurden bei Kindern beschrieben [Glaser et al. 2008].

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): vorübergehende Erhöhungen der Serumtransaminasen

Häufig (1-10 %): Neutropenie ohne klinische Relevanz, Überempfindlichkeitsreaktionen, allergische Hauterscheinungen (Pruritus), juckendes Exanthem, Urtikaria, Magenunverträglichkeit, Nausea, Erbrechen

Gelegentlich (0,1-1 %): Agranulozytose, Geschmacks- und Geruchsstörungen

Selten (0,01-0,1 %): Medikamentenfieber, Leberschädigung, Schwindel, neuromuskuläre Störungen, Leberschädigung (insbesondere bei höherer Dosierung)

Sehr selten (<0,01 %): Thrombozytopenie, Panzytopenie, gestörte Erythropoese, Hämolyse, positiver Coombstest, Lymphadenopathie, Arthralgien, Vaskulitis, Lupus-ähnliches Syndrom, Periarteriitis nodosa, periphere Ödeme, Haarverlust, Purpura, leukozytoklastische Vaskulitis, Hämoptyse, interstitielle Pneumonitis, alveoläre Hämorrhagie, Asthma, Nierenfunktionsstörungen, Glomerulonephritis, in Einzelfällen akutes Nierenversagen, Arthralgien ohne objektivierbare Gelenkentzündungszeichen, Strumabildung beim Neugeborenen, in Einzelfällen kann es zu einem vorübergehenden Verlust des Hörvermögens kommen

Häufigkeit nicht bekannt: antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA), die meistens gegen Myeloperoxidase (MPO- oder p-ANCA) und seltener gegen Proteinase 3 (PR3- oder cANCA) und andere Antigene gerichtet sind, Hepatitis und Leberversagen

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Überempfindlichkeit (Allergie) gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der sonstigen Bestandteile
  • anamnestisch bekannte schwere Nebenwirkungen bei Propylthiouracil – Behandlung (insbesondere nach Agranulozytose, klinisch manifester Vaskulitis und hepatitischer Leberschädigung) 
  • bereits bestehende Veränderungen des Blutbildes sowie bei Erhöhung von Transaminasen oder Cholestase-anzeigender Enzyme nur unter besonders sorgfältiger ärztlicher Überwachung

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Aufgrund des erhöhten Risikos schwerer und tödlicher Leberschäden sollte Propylthiouracil bei Kindern nur angewendet werden, wenn andere Therapien nicht möglich oder nicht  vetragen werden [FDA-Black Box-Warning 2011, Karras et al. 2011, Malazowski et al. 2010]. Dies gilt auch für Erwachsene, die Auswirkungen sind jedoch bei Kindern ausgeprägter [Rivkees 2009]. Sie werden v.a. bei Dosen ab 300 mg/Tag beobachtet, in einigen Fällen jedoch bereits bei 50 mg/Tag [Yu et al. 2020].

Wenn Propylthiouracil mangels Alternativen indiziert ist, müssen die Leberfunktion und Symptome von Leberschäden überwacht werden, insbesondere in den ersten sechs Monaten nach Behandlungsbeginn. [SmPC Propycil]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

THYREOSTATIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Schwefel-haltige Imidazol-Derivate
H03BB01

Thiamazol

Methizol®, Thyrozol®
H03BB02
THYREOSTATIKA
H03BB01

Thiamazol

Methizol®, Thyrozol®
H03BB02

Referenzen

  1. Hoffman WH, et al, Pharmacokinetics of propylthiouracil in children and adolescents with Graves' disease in the hyperthyroid and euthyroid states, Dev Pharmacol Ther, 1988, 11(2), 73-81
  2. FDA, Black box warning propylthiouracil, 2010, https://www.fda.gov/drugs/postmarket-drug-safety-information-patients-and-providers/fda-drug-safety-communication-new-boxed-warning-severe-liver-injury-propylthiouracil
  3. Gao Y, et al, Long-term outcomes of patients with propylthiouracil-induced anti-neutrophil cytoplasmic auto-antibody-associated vasculitis, Rheumatology (Oxford)., 2008 , Oct;47(10), 1515-20
  4. Glaser NS, et al, Organization of Pediatric Endocrinologists of Northern California Collaborative Graves' Disease Study G. Predicting the likelihood of remission in children with Graves' disease: a prospective, multicenter study, Pediatrics, 2008, Mar;121(3), e481-8
  5. Gorton C, et al, Remission in children with hyperthyroidism treated with propylthiouracil. Long-term results, Am J Dis Child, 1987 , Oct;141(10), 1084-6
  6. Karras S, et al, Toxicological considerations for antithyroid drugs in children, Expert Opin Drug Metab Toxicol., 2011 , Apr;7(4), 399-410
  7. Lian XL, et al, [The clinical characteristics of symptomatic propylthiouracil-induced hepatic injury in patients with hyperthyroidism], Zhonghua Nei Ke Za Zhi, 2004, Jun;43(6), 442-6
  8. Malozowski S, et al, Propylthiouracil-induced hepatotoxicity and death. Hopefully, never more. . , J Clin Endocrinol Metab, 2010, Jul;95(7), 3161-3
  9. Rivkees SA, et al, Dissimilar hepatotoxicity profiles of propylthiouracil and methimazole in children, J Clin Endocrinol Metab, 2010 , Jul;95(7), 3260-7
  10. Sato H, et al, Comparison of methimazole and propylthiouracil in the management of children and adolescents with Graves' disease: efficacy and adverse reactions during initial treatment and long-term outcome., J Pediatr Endocrinol Metab, 2011, 24(5-6), 257-63
  11. Aurobindo Pharma B.V, SmPC Propylthiouracil (RVG 52546) 04-01-2024, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  12. Admeda Arzneimittel GmbH, SmPC Propycil® 50 mg (6075593.00.00), 08/2023
  13. Rivkees SA, Mattison DR. , Propylthiouracil (PTU) Hepatoxicity in Children and Recommendations for Discontinuation of Use. , Int J Pediatr Endocrinol., 2009, 132041
  14. Sato H, et al., Clinical features at diagnosis and responses to antithyroid drugs in younger children with Graves' disease compared with adolescent patients., J Pediatr Endocrinol Metab., 2014, 27(7-8), 677-83
  15. Minamitani K, et al., A Report of Three Girls with Antithyroid Drug-Induced Agranulocytosis; Retrospective Analysis of 18 Cases Aged 15 Years or Younger Reported between 1995 and 2009, Clin Pediatr Endocrinol., 2011, 20(2), 39-46
  16. Yoshimura Noh J, et al., Dose-dependent incidence of agranulocytosis in patients treated with methimazole and propylthiouracil., Endocr J. , 2024, 71(7), 695-703
  17. Okuno A, et al., Pharmacokinetics of propylthiouracil in children and adolescents with Graves disease after a single oral dose., Pediatr Pharmacol (New York)., 1983, 3(1), 43-7
  18. Lippe BM, et al., Hyperthyroidism in children treated with long term medical therapy: twenty-five percent remission every two years., J Clin Endocrinol Metab., 1987, 64(6), 1241-5
  19. Andriana N, et al., Adverse events related with propylthiouracil therapy of Graves’ Disease in children at Cipto Mangunkusumo Hospital Jakarta., Int J Pediatr Endocrinol., 2013, 139
  20. Marques O, et al., Treatment of Graves' disease in children: The Portuguese experience. , Endocrinol Diabetes Nutr (Engl Ed)., 2018, 65(3), 143-9
  21. Yu W, et al., Side effects of PTU and MMI in the treatment op hyperthyroidism: a systematic review and meta-analysis, Endocr Pract., 2020, 26(2), 207-17
  22. Dötsch J, et al., Diagnosis and management of juvenile hyperthyroidism in Germany: a retrospective multicenter study., J Pediatr Endocrinol Metab., 2000, 13(7), 879-85

Änderungsverzeichnis

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung