Chloralhydrat

Wirkstoff
Chloralhydrat
Handelsname
Chloraldurat®
ATC-Code
N05CC01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Trichlorethanol, der aktive Metabolit von Chloralhydrat, geht feste Komplexe mit GABA-Rezeptoren ein und verstärkt damit die Wirkung des Neurotransmitters GABA. Es kommt zu einer Verlängerung der NREM-Phasen 2-4. Die REM-Phase und REM-Latenz bleiben hingegen unverändert.

Pharmakokinetik bei Kindern

Negative Korrelation zwischen Alter und t1/2 aktiver Metaboliten (Trichlorethanol), was zu einer längeren Erholungsphase bei Kleinkindern führt. Die genaue Rolle von Chloralhydrat gegenüber Trichlorethanol als Sedativum ist unbekannt. Auch Chloralhydrat selbst scheint eine wichtige Rolle zu spielen, auch wenn es schnell umgewandelt wird. Die folgenden t½-Werte wurden ermittelt [Mayers 1991].

Alter Chloralhydrat Trichlorethanol
Frühgeborene (31-37 Wochen) 1,0 ± 1,0 h 39.8 ± 14.3 h
Reifgeborene (38-42 Wochen) 3,0 ± 5.8 h 27.8 ± 21.3 h
1-13,6 Jahre 9.7 ± 7.7 h 9.7 ± 1.7 h

 

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • (Prozedurale) Sedierung, Behandlung von epileptischen Episoden
    • oral
      • ≥0 Tage (Neugeborene) bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur (Prozeduralen) Sedierung, Behandlung von epileptischen Episoden

Für diese Indikation hat Chloralhydrat keine Zulassung in Deutschland.

Einzig zugelassene Indikation:

Oral zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen

  • nur für Erwachsene zugelassen
  • Dosierungsempfehlung siehe Fachinformation

[Ref.]

Präparate im Handel

Weichkapseln 250 mg, 500 mg

Es gibt NRF-Rezepturvorschriften zur Herstellung von Chloralhydrat-Klysmen 200 mg/ml (NRF 17.5.) und eines Chloralhydrat-Safts 100 mg/mL (NRF 17.4).

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Chloralhydrat) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Chloraldurat® Weichkapseln 250 mgT0
500 mgT0
oral k.A. Sorbitol Erwachsene


T0: nicht teilbar, k.A.: keine Angabe

Die Fachinformationen wurden am 24.10.2022 aufgerufen.

Anwendungshinweis: Die Weichkapseln sollen eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (mindestens 150 mL Wasser) eingenommen werden. Um die Weichkapseln zur leichteren Einnahme besser gleitbar zu machen, kann man sie vorher kurz in lauwarmes Wasser eintauchen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

(Prozedurale) Sedierung, Behandlung von epileptischen Episoden
  • Oral
    • Neugeborene
      [13] [15] [21]
      • 30 mg/kg/Dosis, einmalig bei Bedarf nach 30 min wiederholen mit 15-30 mg/kg/Dosis.
      • Cave: Hypoxie

        Es wurde keine Studie zur Verwendung von Chloralhydrat zur Anfallsbehandlung bei Epilepsie durchgeführt. Die Empfehlung basiert auf Expertenmeinungen.

        off-label

    • 1 Monat bis 12 Monate
      [5] [7] [8] [10] [13] [14] [16] [17] [18] [19] [20]
      • 50 mg/kg/Dosis, einmalig bei Bedarf nach 30 min wiederholen mit 25 mg/kg/Dosis. Maximale Einzeldosis: 1.000 mg/Dosis.
      • Cave: Hypoxie

        Es wurde keine Studie zur Verwendung von Chloralhydrat zur Anfallsbehandlung bei Epilepsie durchgeführt. Die Empfehlung basiert auf Expertenmeinungen.

        off-label

    • 1 Jahr bis 18 Jahre
      [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [13] [14] [16] [17] [18] [19] [20]
      • 50 mg/kg/Dosis, einmalig bei Bedarf nach 30 Minuten wiederholen mit 25-50 mg/kg/Dosis. Maximale Einzeldosis: 2.000 mg/Dosis.
      • Cave: Hypoxie

        Es wurde keine Studie zur Verwendung von Chloralhydrat zur Anfallsbehandlung bei Epilepsie durchgeführt. Die Empfehlung basiert auf Expertenmeinungen.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Keine Verabreichung.
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
Keine Verabreichung.
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Keine Verabreichung.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Hyperaktivität, Übelkeit, Erbrechen, Atemnot und Hypoxämie, motorische Störungen, Ruhelosigkeit, gastrointestinale Beschwerden.

Eine längere Exposition gegenüber hohen Dosen von Chloralhydrat kann krebserregend sein [Steinberg 1993].

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr selten (<0,01 %): Torsade de Pointes

Häufigkeit nicht bekannt: allergische Reaktionen (vor allem an der Haut), psychische Beeinträchtigungen (z. B. Verwirrtheit, Ängstlichkeit, Unruhe), Schlafstörungen, Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen, Verlängerung des QT-Intervalls im EKG, Magen-Darm-Beschwerden (Blähungen, Druckgefühl, Übelkeit, Durchfall), Müdigkeit am nächsten Morgen, Abhängigkeitsentwicklung, Toleranzentwicklung

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • schwere Leber- und Nierenschäden

  • schwere Herz- und Kreislaufschwäche

  • Schwangerschaft und Stillzeit

  • gleichzeitige Behandlung mit Antikoagulantien vom Cumarin-Typ

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Die aktiven Metaboliten haben eine lange Halbwertzeit, sodass es bei wiederholten Dosen zur Akkumulation kommen kann. Die Hämodynamik sollte überwacht werden. In manchen Situationen ist mit einer verstärkten Wirkung zu rechnen. Bei nüchternen Patienten können höhere Chloralhydrat Dosierungen benötigt werden. Bei ambulanter Anwendung sollte die Entlassung nach Hause erst erfolgen, wenn das Kind vollständig wach ist (mindestens für >4 h nach Applikation sollte eine stationäre Überwachung erfolgen[Ref.]).

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner

Grund

Handlungsempfehlung

Antikoagulantien vom Cumarin-Typ (z.B. Phenprocoumon)

Initial kommt es zu einer Verstärkung der antikoagulierenden Wirkung, bei länger dauernder Gabe möglicherweise zu Verminderung der antikoagulierenden Wirkung.

Die Kombination ist kontraindiziert.

Ethanol

Die zentraldämpfende, sedierende und hypnotischen Effekte werden verstärkt.

Die Kombination sollte vermieden werden.

QT-Zeit verlängernde Wirkstoffe

Eine Verlängerung der QT-Zeit ist möglich.

Engmaschige EKG-Kontrollen sind zu empfehlen

Furosemid

Schweißausbrüche, Hitzegefühl, Unruhe, Übelkeit, Tachykardie und Blutdruckschwankungen einschließlich Hypertonie sind bei gemeinsamer Einnahme möglich.

Anderes Diuretikum sollte in Betracht gezogen werden. Ggf. sollten die Nebenwirkungen überwacht werden.

Methotrexat

Die Methotrexat-Plasmakonzentration kann erhöht sein.

Eine gleichzeitige Verwendung ist zu vermeiden.

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

HYPNOTIKA UND SEDATIVA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Benzodiazepin-Derivate

Midazolam

Dormicum®, Buccolam®
N05CD08

Nitrazepam

Mogadan®
N05CD02
Melatoninrezeptoragonisten

Melatonin

Circadin®, Slenyto®
N05CH01
Andere Hypnotika und Sedativa

Dexmedetomidin

Dexdor®
N05CM18

Referenzen

  1. Mayers DJ, et al, Sedative/hypnotic effects of chloral hydrate in the neonate: trichloroethanol or parent drug, Dev Pharmacol Ther, 1992, 19(2-3), 141-6
  2. Mayers DJ, et al, Chloral hydrate disposition following single-dose administration to critically ill neonates and children, Dev Pharmacol Ther, 1991, 16(2), 71-7
  3. Saarnivaara L, et al, Comparison of chloral hydrate and midazolam by mouth as premedicants in children undergoing otolaryngological surgery, Br J Anaesth, 1988, Oct;61(4), 390-6
  4. Malviya S, et al, Prolonged recovery and delayed side effects of sedation for diagnostic imaging studies in children, Pediatrics, 2000, Mar;105(3), E42
  5. Greenberg SB, et al, High-dose chloral hydrate sedation for children undergoing MR imaging: safety and efficacy in relation to age, AJR Am J Roentgenol, 1993, Sep;161(3), 639-41
  6. Kantovitz KR, et al, Sedative effect of oral diazepam and chloral hydrate in the dental treatment of children, J Indian Soc Pedod Prev Dent, 2007, Apr-Jun;25(2), 69-75
  7. Layangool T, et al, A comparison of oral chloral hydrate and sublingual midazolam sedation for echocardiogram in children, J Med Assoc Thai, 2008, Oct;91 Suppl 3, S45-52
  8. D'Agostino J, et al, Chloral hydrate versus midazolam for sedation of children for neuroimaging: a randomized clinical trial, Pediatr Emerg Care, 2000, Feb;16(1), 1-4
  9. Ronchera CL, et al, Administration of oral chloral hydrate to paediatric patients undergoing magnetic resonance imaging, Pharm Weekbl Sci, 1992, Dec 11;14(6), 349-52
  10. Vade A, et al, Chloral hydrate sedation of children undergoing CT and MR imaging: safety as judged by American Academy of Pediatrics guidelines, AJR Am J Roentgenol, 1995, Oct;165(4), 905-9
  11. Steinberg AD. , Should chloral hydrate be banned?, Pediatrics, 1993 , Sep;92(3), 442-6
  12. Centraal Begeleidings Orgaan (CBO), Concept richtlijn sedatie en/of analgesie op lokaties buiten de operatiekamer, 2008
  13. Nederlandse Vereniging voor Anesthesiologie, (NVA), and (NVK) Nederlandse Vereniging voor Kindergeneeskunde., Richtlijn sedatie en/of analgesie (PSA) op locaties buiten de operatiekamer. Deel III: bij kinderen. [Richtlinie Sedierung und/oder Analgesie (PSA) an Orten außerhalb des Operationssaals. Teil III: bei Kindern.], www.nvk.nl, 2009
  14. Hindley, D. et al, Audit of the use of chloral hydrate as an acute treatment for childhood seizures', Dev Med Child Neuro, 2005, 47 (3), 212-3.
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  19. Bracken, J et al, Chloral hydrate sedation in radiology: retrospective audit of reduced dose, Pediatr Radiol , 2012, 42 (3), 349-54
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  21. Allegaert, K. et al, Pharmacodynamics of chloral hydrate in former preterm infants., Eur J Pediatr , 2005, 164 (7), 403-7
  22. Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Analgosedierung für diagnostische und therapeutische Maßnahmen im Kindesalter, 2010, https://www.ak-kinderanaesthesie.de/fachmaterial/handlungsempfehlungen/71-analgosedierung-fuer-diagnostische-und-therapeutische-massnahmen-im-kindesalter/file.html
  23. Desitin Arzneimittel GmbH, SmPC Chloraldurat® 250 mg/500 mg (6008102.00.00), 10/2014

Änderungsverzeichnis

  • 20 Dezember 2022 12:07: Neue Überarbeitung und Aktualisierung
  • 15 Mai 2020 13:28: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung