Pimozid

Wirkstoff
Pimozid
Handelsname
Orap®
ATC-Code
N05AG02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Pimozid ist ein Antipsychotikum aus der Klasse der Diphenylbutylpiperidine. Als Wirkmechanismus wird eine geringe postsynaptische Dopaminrezeptorbesetzung diskutiert. Hierdurch wird ein Signal erzeugt, wodurch das präsynaptische Neuron zu einer erhöhten Dopaminfreisetzung stimuliert wird. Diese erhöhte Dopaminfreisetzung ist offenbar stärker als die geringe Rezeptorbesetzung, so dass es zu einer Aktivierung der postsynaptischen Rezeptoren kommt. Adrenalin, Noradrenalin werden kaum, Serotonin gar nicht beeinflusst.

Pharmakokinetik bei Kindern

Bei Kindern wurden längere Plasma-Eliminationshalbwertszeiten mit großer Variabilität beobachtet (23 – 115 h, n = 4, Alter 6 – 13 Jahre).

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Psychose
    • oral
      • ≥3 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen (Dosis: >8 mg: off-label)
  • Tics, Autismus
    • oral
      • ≥3 Jahre bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Erhaltungstherapie bei chronischen Psychosen des schizophrenen Formenkreises.

Kinder und Jugendliche

  • Die empfohlene Dosierung bei Kindern und Jugendlichen sollte die Hälfte der Dosis für erwachsene Patienten  nicht überschreiten. Erfahrungen bei Kindern unter 3 Jahren sind sehr begrenzt.
  • Es wird empfohlen, eine CYP2D6-Genotypisierung durchzuführen bei Dosierungen von 0,05 mg/kg/Tag oder darüber. Bei langsamen CYP2D6-Metabolisierern wird empfohlen, eine Dosis von 0,05 mg/kg/Tag (mit einem Maximum von 4 mg/Tag) nicht zu überschreiten und Dosiserhöhungen frühestens alle 14 Tage vorzunehmen.

Erwachsene

  • Soweit nicht anders verordnet, ist die Dosierung zu Beginn der Behandlung pro Tag 2-4 mg einmal täglich. Eine Steigerung der täglichen Dosis um 2-4 mg sollte in mindestens einwöchigen Intervallen erfolgen. Die durchschnittliche tägliche Erhaltungsdosis beträgt 6 mg mit einem üblichen Bereich von 2-12 mg pro Tag. Die Maximaldosis beträgt 16 mg pro Tag.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 1 mg, 4 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Pimozid) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe
ORAP (forte) Tabletten 1 mgT0
4 mgT2
oral k.A. -


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, k.A.: keine Angabe

Die Fachinformationen wurden am 30.12.2022 aufgerufen.

Anwendungshinweis: Für alle Patientinnen und Patienten wird eine Einzeldosis am Morgen empfohlen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Psychose, Tics, Autismus
  • Oral
    • 3 Jahre bis 12 Jahre
      [1] [2] [3] [4] [5] [6]
      • Initialdosis: 0,5 - 1 mg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Initialdosis je nach Wirkung und Nebenwirkungen alle 7 Tage um 0,5 – 1 mg/Tag erhöhen, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist, max. 0,1 mg/kg/Tag in 1 Dosis. Max: 4 mg/Tag.
      • Pimozid muss durch Spezialisten des Fachgebiets Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Ärzte, die umfangreiche Erfahrungen mit der Anwendung dieses Arzneimittels bei Kindern und Jugendlichen haben, verschrieben werden. Die Dosis muss individuell festgelegt werden. Es muss stets nach der kleinstmöglichen wirksamen Dosis gesucht werden.

        teilweise off-label (siehe Zulassung)

    • 12 Jahre bis 18 Jahre
      [7]
      • Initialdosis: 1 - 2 mg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Initialdosis je nach Wirkung und Nebenwirkungen alle 7 Tage um 0,5 – 1 mg/Tag erhöhen, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist, max. 20 mg/Tag in 1 Dosis
      • Die durchschnittliche tägliche Erhaltungsdosis liegt gewöhnlich zwischen 2 - 6 mg/Tag.
        Pimozid muss durch Spezialisten des Fachgebiets Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Ärzte, die umfangreiche Erfahrungen mit der Anwendung dieses Arzneimittels bei Kindern und Jugendlichen haben, verschrieben werden. Die Dosis muss individuell festgelegt werden. Es muss stets nach der kleinstmöglichen wirksamen Dosis gesucht werden.

        teilweise off-label (siehe Zulassung)

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Extrapyramidale Symptome wie Parkinsonismus, akute Dystonie und Akathisie. Bei langfristiger Behandlung kann Spätdyskinesie auftreten. Depression, Sedierung, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Transpiration und Hyperprolaktinämie. Veränderungen auf dem EKG, insbesondere Verlängerung des QTc-Intervalls mit Torsade de Pointes. Außerdem ist, ebenso wie bei anderen Antipsychotika, auf das Auftreten des sog. malignen neuroleptischen Syndroms zu achten.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Schwindel, Somnolenz, Hyperhidrose, Nykturie

Häufig (1-10 %): Anorexie, Schlaflosigkeit, Depression, Agitation, Ruhelosigkeit, Kopfschmerzen, Tremor, Lethargie, extrapyramidale Störungen, Akathisie, verschwommenes Sehen, Obstipation, Mundtrockenheit, Erbrechen, vermehrter Speichelfluss, Überfunktion der Talgdrüsen, Muskelsteifigkeit, Pollakisurie, erektile Dysfunktion, Erschöpfung, Gewichtszunahme

Gelegentlich (0,1-1 %): Angst, Bradykinesie, Zahnradphänomen, Dyskinesie, Dystonie, Dysarthrie, Oculogyration, Pruritus, Hautausschlag, Muskelkrämpfe, Amenorrhö, Gesichtsödem

Sehr selten (<0,01 %): Blickkrampf, Übelkeit, Oligomenorrhö

Häufigkeit nicht bekannt: Hyperglykämie (bei Patienten mit einem vorbestehenden Diabetes), Hyperprolaktinämie, erhöhter Prolaktinspiegel im Blut, Hyponatriämie (einschließlich Hyponatriämie assoziiert mit SIADH (Syndrom der inadäquaten Sekretion von ADH) und psychogener Polydipsie), malignes neuroleptisches Syndrom, Grand-mal-Anfall, tardive Dyskinesie, Torsades de Pointes, Kammerflimmern, ventrikuläre Tachykardie, Fälle von Thromboembolien (einschließlich Fällen von Lungenembolie und Fällen von tiefer Venenthrombose), Urtikaria, Nackensteifigkeit, Glykosurie, verminderte Libido, Galaktorrhö, Gynäkomastie, Hypothermie, verlängertes QT-Intervall im EKG, anomales EEG

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen bei Kindern

Verlängertes QTc-Intervall, Herzrhythmusstörungen in der Anamnese.

Kontraindikationen allgemein

  • Zustände, die mit einer schweren Dämpfung des zentralen Nervensystems einhergehen (z. B. Koma, akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmaka-Intoxikationen)
  • Morbus Parkinson und depressive Störungen
  • Patienten mit kongenitalem QT-Syndrom, auch in der Familienanamnese, oder mit Herzrhythmusstörungen oder Torsades de Pointes in der Anamnese
  • erworbenes langes QT-Intervall, wie in Verbindung mit der gleichzeitigen Anwendung von Arzneimitteln, für die eine Verlängerung des QT-Intervalls bekannt ist, bekannter Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie oder klinisch relevanter Bradykardie
  • gleichzeitige Anwendung von oralen oder parenteralen Formen von Arzneimitteln, die Cytochrom-P450-3A4 stark hemmen (z. B. Azol-Antimykotika, antivirale Protease-Inhibitoren, Makrolid-Antibiotika und Nefazodon)
  • gleichzeitige Anwendung von Cytochrom-P450-2D6-inhibierenden Arzneimitteln wie Chinidin
  • gleichzeitige Anwendung von Serotoninwiederaufnahme-Hemmer wie Sertralin, Paroxetin, Citalopram und Escitalopram

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Zusammenfassung:
Aufgrund der kardialen Nebenwirkungen muss regelmäßig ein EKG durchgeführt werden. Auch die Elektrolyte sind zu kontrollieren. Ferner ist die Entstehung des malignen neuroleptischen Syndroms zu berücksichtigen. Bei Akathisie darf die Dosierung nicht erhöht werden.


Aufgrund des Risikos der Verlängerung des QTc-Intervalls müssen sowohl vor als auch während der Behandlung mit Pimozid EKG-Kontrollen durchgeführt werden. Insbesondere bei Zweifeln bzgl. der kardialen Funktion, auffälliger Familienanamnese, Leberfunktionsstörungen und/oder der Anwendung anderer QT-Intervall verlängernder Mittel oder Mittel, die den Metabolismus von Pimozid beeinflussen können. Regelmäßige Kontrollen des Elektrolythaushalts sind nötig.

Ebenso wie bei anderen Antipsychotika muss bei Pimozid das Auftreten des sog. malignen neuroleptischen Syndroms berücksichtigt werden, dessen zentrale Symptome folgende sind: Hyperthermie, extreme Muskelrigidität und eine autonome Instabilität.

Neue oder verstärkte Gefühle von „Angst/Unruhe“ beim Patienten sollten als mögliche Akathisie bewertet werden, bevor die Dosis erhöht wird.

Bei schwerwiegenden Nebenwirkungen kann es zu einem abweichenden Metabolismus kommen. CYP2D6 kann für die Schwankungen verantwortlich sein. Eine Genotypisierung kann in Betracht gezogen werden.

Empfohlene Kontrolluntersuchungen finden Sie hier.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Pimozid wird hauptsächlich durch CYP3A4 und in geringerem Maße durch CYP2D6 und CYP1A2 metabolisiert.

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
CYP-Inhibitoren: CYP3A4, CYP2D6 Hemmung des Metabolismus von Pimozid durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und schwerwiegende Reaktionen von Pimozid möglich. Kombination kontraindiziert.
Serotoninwiederaufnahme-Hemmer Erhöhung der Serumkonzentration und schwerwiegende Reaktionen von Pimozid möglich. Mechanismus unklar.
QT-Zeit verlängernde Arzneimittel Additive QT verlängernde Wirkung. Erhöhtes Risiko für Torsade de pointes Tachykardien.
Hypokaliämie verursachende Arzneimittel Erhöhtes Risiko für Hypokaliämien und damit einhergehende Arrhythmien.
Clozapin Additive Wirkung auf das Knochenmark. Erhöhte Inzidenz für schwere Granulozytopenien und Agranulozytosen.
Additive QT verlängernde Wirkung. Erhöhtes Risiko für Torsade de pointes Tachykardien.
Zentraldämpfende Arzneimittel und Stoffe, z.B. Ethanol, Benzodiazepine, Antiepileptika Additive zentraldämpfende Wirkung. Erhöhtes Risiko einer verstärkten/verlängerten Atemdepression und Sedation. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis eines oder beider Arzneimittel verringern und Monitoring auf zentraldämpfende Nebenwirkungen. Ethanolfreie Arzneimittel als Alternative erwägen.
Substanzen, die die Krampfschwelle herabsetzen Additive Erniedrigung der Krampfschwelle und erhöhtes Risiko für Krampfanfälle. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis eines oder beider Arzneimittel verringern und Monitoring auf konvulsive Nebenwirkungen. EEG-Überwachung erwägen.
Dopamin-Agonisten, z.B. Levodopa Gegensätzliche pharmakodynamische Wirkung. Verminderung des therapeutischen Effekts von Pimozid möglich. Kombination vermeiden. Falls antipsychotische Therapie erforderlich ist, ggf. Therapiealternativen (z.B. atypische Antipsychotika) erwägen.
Dopamin-Antagonisten, z.B. Alizaprid, Metoclopramid Additive pharmakodynamische Wirkung. Erhöhtes Risiko für extrapyramidale Nebenwirkungen. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis eines oder beider Arzneimittel verringern und Monitoring auf extrapyramidale Symptome.
Lithiumsalze Erniedrigte Serumkonzentration von Pimozid und erhöhtes Risiko für neurotoxische Effekte möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf extrapyramidale Symptome.
CYP-Inhibitoren: CYP1A2 Hemmung des Metabolismus von Pimozid. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Pimozid möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Pimozid.
Anticholinergika, Parasympatholytika Additive anticholinerge Wirkung. Erhöhtes Risiko für anticholinerge Nebenwirkungen. Aufgrund additiver anticholinerger Effekte ist eine Überwachung beziehungsweise Anpassung notwendig.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIPSYCHOTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Butyrophenon-Derivate

Haloperidol

Haldol®
N05AD01

Pipamperon

Dipiperon®
N05AD05
Diazepine, Oxazepine, Thiazepine und Oxepine

Clozapin

Leponex®
N05AH02

Olanzapin

Zyprexa®
N05AH03

Quetiapin

Seroquel®
N05AH04
Lithium

Lithium

Quilonum® retard, Hypnorex retard®
N05AN01
Andere Antipsychotika

Aripiprazol

Abilify®, Abilify Maintena®, Aripipan, Arpoya, Arpilif
N05AX12

Risperidon

Risperdal®
N05AX08

Referenzen

  1. Gilbert DL, et al, Tic reduction with risperidone versus pimozide in a randomized, double-blind, crossover trial, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry, 2004, 43, 206-14
  2. Bruggeman R et al, Risperidone versus pimozide in Tourette\'s disorder: a comparative double-blind parallel-group study, J Clin Psychiatry., 2001, 62, 50-6
  3. Robertson MM, et al, Gilles de la Tourette syndrome: symptomatic treatment based on evidence., Eur Child Adolesc Psychiatry, 2000, 9 Suppl 1, I60-75
  4. Sallee FR, et al, Relative efficacy of haloperidol and pimozide in children and adolescents with Tourette\'s disorder. Am J Psychiatry., 1997, 154, 1057-62
  5. Sallee FR, et al, Prolactin monitoring of haloperidol and pimozide treatment in children with Tourette\'s syndrome, Biol Psychiatry, 1996, 40, 1044-50
  6. Sallee FR, et al, Pharmacokinetics of pimozide in adults and children with Tourette\'s syndrome., J Clin Pharmacol., 1987, 27, 776-81
  7. Janssen-Cilag BV, SPC Orap, RVG 06149, 13 november 2008, http://db.cbg-meb.nl/IB-teksten/h06149.pdf (20 jan 2009)
  8. EUMEDICA S.A., SmPC ORAP 1 mg, Tabletten ORAP forte 4 mg, Tabletten (6761911.01.00), 05/2016

Änderungsverzeichnis

  • 16 Mai 2019 16:23: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung