Stiripentol

Wirkstoff
Stiripentol
Handelsname
Diacomit®
ATC-Code
N03AX17

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Stiripentol ist ein Antiepileptikum, das die GABA-Wirkung erhöht und zusätzlich die Wirksamkeit anderer Antikonvulsiva potentiert durch die Hemmung derer Metabolisierung über CYP3A4 und 2C19.

Pharmakokinetik bei Kindern

Folgende Daten wurden in einer pharmakokinetischen Populationsstudie bei Kindern (n=35, Durchschnittsalter: 7,3 Jahre (Altersbereich: 1 - 17,6 Jahre) in einer Dosierung von durchschnittlich 45,4 mg/kg/Tag (Dosisbereich: 27,1 bis 89,3 mg/kg/Tag) in 2 - 3 Dosen in Kombination mit Valproat und Clobazam ermittelt:

Körpergewicht 10 kg 60 kg
T1/2 (Stunde) 8,5 23,5
Cl (l/Stunde) 2,60 5,65
Vd (l) 32,0 191,8

[EPAR Diacomit]

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • (Adjuvans bei) Epilepsie
    • oral
      • ≥1 Monat bis <3 Jahre: off-label
      • ≥3 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral als Zusatztherapie für die Anwendung in Verbindung mit Clobazam und Valproat bei refraktären generalisierten tonisch-klonischen Anfällen bei Patienten mit schwerer myoklonischer Epilepsie im Kindesalter (SMEI, Dravet-Syndrom), deren Anfälle mit Clobazam und Valproat nicht angemessen kontrolliert werden können.

Kindern im Alter unter 12 Monaten:

  • Es liegen nur begrenzte Daten vor zur Anwendung von Stiripentol bei Kindern im Alter unter 12 Monaten. Bei diesen Kindern erfolgt die Anwendung von Stiripentol unter engmaschiger Kontrolle durch den Arzt.

Kinder unter 3 Jahren:

  • Die klinische Entscheidung der Anwendung von Stiripentol bei Kindern mit SMEI unter 3 Jahren muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des potentiellen klinischen Nutzens und Risikos erfolgen.
  • In dieser jüngeren Patientengruppe sollte eine Zusatztherapie mit Stiripentol nur dann begonnen werden, wenn die Diagnose der SMEI klinisch bestätigt ist.

Kinder unter 6 Jahren:

  • Die Stiripentol-Dosis ist schrittweise zu erhöhen:
    • 20 mg/kg/Tag in der 1. Woche
    • 30 mg/kg/Tag in der 2. Woche
    • 3. Woche: weitere 20 mg/kg/Tag erhalten, womit die empfohlene Dosis von 50 mg/kg/Tag in drei Wochen erreicht wird.

Kinder zwischen 6 und 12 Jahren:

  • Die Stiripentol-Dosis ist schrittweise zu erhöhen:
    • 20 mg/kg/Tag in der 1. Woche
    • 30 mg/kg/Tag in der 2. Woche
    • 3. Woche: weitere 10 mg/kg/Tag erhalten, womit die empfohlene Dosis von 50 mg/kg/Tag in vier Wochen erreicht wird.

Kinder und Jugendliche über 12 Jahren:

  • Die Stiripentol-Dosis ist schrittweise zu erhöhen:
    • 20 mg/kg/Tag in der 1. Woche
    • 30 mg/kg/Tag in der 2. Woche
    • Wöchentlich weitere 5 mg/kg/Tag erhalten, bis die nach klinischer Einschätzung optimale Dosis erreicht ist.

[Ref.]

Präparate im Handel

Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 250 mg, 500 mg
Hartkapseln 250 mg, 500 mg

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke ((E)-Stiripentol) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Aroma Anwendungshinweis
Diacomit® Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 250 mg
500 mg
oral natriumfrei Aspartam (2,5 mg/250 mg),
Sorbitol (2,4 mg/250 mg)
Tutti-Frutti Das Pulver ist in ein Glas Wasser zu geben und muss sofort nach der Zubereitung eingenommen werden.
Diacomit® Hartkapseln 250 mg
500 mg
oral natriumfrei - - Die Kapsel ist im Ganzen mit einem Glas Wasser einzunehmen. Die Kapseln dürfen nicht zerkaut werden.


„natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 09.09.2022 aufgerufen.

Anwendungshinweis:

  • Stiripentol muss immer mit einer Mahlzeit eingenommen werden, da es sich in einer sauren Umgebung schnell zersetzt (z. B. in Anwesenheit von Magensäure in einem leeren Magen).
  • Stiripentol darf nicht mit Milch oder Milchprodukten (Joghurt, Rahmkäse,usw.), Kohlensäure enthaltenden Getränken, Fruchtsäften oder Nahrungsmitteln und Getränken, die Koffein oder Theophyllin enthalten, eingenommen werden.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

(Adjuvans bei) Epilepsie
  • Oral
    • 6 Monate bis 6 Jahre
      [1]
      • Initialdosis: 20 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: 30 - 50 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Dosistitration:

        Woche 1: 20 mg/kg/Tag
        Woche 2: 30 mg/kg/Tag
        Woche 3: 50 mg/kg/Tag

      • Anwendungshinweis:

        Mit Nahrung einnehmen (nicht mit Milchprodukten, Fruchtsaft oder Getränken mit Kohlensäure, Koffein oder Theophyllin), da der Wirkstoff im sauren Milieu abgebaut wird.

    • 6 Jahre bis 12 Jahre
      [1]
      • Initialdosis: 20 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: 30 - 50 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Dosistitration:

        Woche 1: 20 mg/kg/Tag
        Woche 2: 30 mg/kg/Tag
        Woche 3: 40 mg/kg/Tag
        Woche 4: 50 mg/kg/Tag

      • Anwendungshinweis:

        Mit Nahrung einnehmen (nicht mit Milchprodukten, Fruchtsaft oder Getränken mit Kohlensäure, Koffein oder Theophyllin), da der Wirkstoff im sauren Milieu abgebaut wird.

    • 12 Jahre bis 18 Jahre
      [1]
      • Initialdosis: 20 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: 30 - 50 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Dosistitration:

        Woche 1: 20 mg/kg/Tag
        Woche 2: 30 mg/kg/Tag, danach je nach klinischem Bild weiter erhöhen auf
        Woche 3: 35 mg/kg/Tag, danach je nach klinischem Bild weiter erhöhen auf
        Woche 4: 40 mg/kg/Tag, danach je nach klinischem Bild weiter erhöhen auf
        Woche 5: 45 mg/kg/Tag, danach je nach klinischem Bild weiter erhöhen auf
        Woche 6: 50 mg/kg/Tag

      • Anwendungshinweis:

        Mit Nahrung einnehmen (nicht mit Milchprodukten, Fruchtsaft oder Getränken mit Kohlensäure, Koffein oder Theophyllin), da der Wirkstoff in saurem Milieu abgebaut wird.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Anpassung nicht erforderlich
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Verwendung wird nicht empfohlen
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
Verwendung wird nicht empfohlen
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Verwendung wird nicht empfohlen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Sehr häufig (> 10%): Anorexie, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Ataxie, Hypotonie, Dystonie.

Häufig (1-10%): Neutropenie, Aggression, Reizbarkeit, Verhaltensstörungen, Hyperkinesie, Übelkeit, Erbrechen, erhöhte Gamma-Glutamyltransferase (γ-GT).

Gelegentlich (0,1-1%): Doppelbilder, Fotosensibilitätsreaktion, Ausschlag, Hautallergie, Nesselfieber, Müdigkeit.

Selten (0,01-0,1%): Thrombozytopenie, Anstieg der Leberenzymwerte.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Anorexie, Appetitverlust, Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, Benommenheit, Ataxie, Hypotonie, Dystonie

Häufig (1-10 %): Neutropenie, Aggressivität, Reizbarkeit, Verhaltensstörungen, ablehnendes Verhalten, Übererregbarkeit, Schlafstörungen, Hyperkinesie, Übelkeit, Erbrechen, erhöhte γ-GT

Gelegentlich (0,1-1 %): Diplopie, Lichtempfindlichkeit, Hautausschlag, Hautallergie, Urtikaria, Müdigkeit

Selten (0,01-0,1 %): Thrombozytopenie, auffällige Leberfunktionswerte

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen bei Kindern

Delir in der Anamnese.

Kontraindikationen allgemein

  • Vorgeschichte mit Psychosen in Form deliranter Anfälle

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Therapie unter Aufsicht eines Kinderarztes oder Neuropädiaters mit Erfahrung in der Diagnosestellung von Epilepsie bei Säuglingen und Kindern. Während der Anwendung das Wachstum von Kindern aufgrund der gastro-intestinalen Nebenwirkungen kontrollieren. Kontrollieren Sie vor und während der Behandlung alle sechs Monate die Leberfunktion und aufgrund des Neutropenie-Risikos die Anzahl der Blutzellen. Die Anwendung ist bei reduzierter Leber- und/oder Nierenfunktion aufgrund des Mangels an klinischen Daten nicht zu empfehlen. Die klinische Pivotalbeurteilung von Stiripentol erfolgte bei Patienten ab 3 Jahren mit schwerer myoklonischer Epilepsie im Kindesalter (SMEI). Für Kinder unter 12 Monaten steht ein beschränkter Umfang an Daten zur Verfügung. Für Erwachsene ab 18 Jahren sind die Daten unzureichend, um den Erhalt der Wirksamkeit in dieser Altersgruppe zu bestätigen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums hat folgende klinisch relevante Wechselwirkungen ergeben:

Stiripentol wird über CYP-Enzyme CYP1A2, CYP2C19 und CYP3A4 metabolisiert und ist ein CYP1A2-, CYP2C19-, CYP2D6- und CYP3A4-Inhibitor (Abschnitt in Fachinformation zu Biotransformation beachten).

Stiripentol zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
CYP3A4-Induktoren

Steigerung des Metabolismus von Stiripentol durch CYP-Induktion.
Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Stiripentol möglich.
Nur mit Vorsicht kombinieren. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf ausreichende Wirkung von Stiripentol.
CYP3A4-Inhibitoren Hemmung des Metabolismus von Stiripentol durch CYP-Inhibition.
Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Stiripentol möglich.
Nur mit Vorsicht kombinieren. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Stiripentol.
CYP1A2-Substrate, z.B. Theophyllin, Coffein und coffeinhaltige Nahrungsmittel bzw. Getränke Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition.
Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich.
Nur mit Vorsicht kombinieren. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen der Interaktionspartner.
CYP2C19-Substrate, z.B. Amitriptylin, Citalopram, Clomipramin, Diazepam, Omeprazol Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition.
Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich.
Nur mit Vorsicht kombinieren. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen der Interaktionspartner.
CYP2D6-Substrate Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition.
Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich.
Nur mit Vorsicht kombinieren. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen der Interaktionspartner.
CYP3A4-Substrate Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition.
Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich.
Nur mit Vorsicht kombinieren. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen der Interaktionspartner.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIEPILEPTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Barbiturate und Derivate

Phenobarbital

Luminaletten®, Luminal®
N03AA02

Primidon

Liskantin®, Mylepsinum®
N03AA03
Hydantoin-Derivate

Phenytoin

Phenhydan®
N03AB02
Succinimid-Derivate

Ethosuximid

Petnidan®, Suxilep®
N03AD01
Benzodiazepin-Derivate

Clonazepam

Antelepsin®, Rivotril®
N03AE01
Carboxamid-Derivate

Carbamazepin

Tegretal®, Timonil®
N03AF01

Oxcarbazepin

Trileptal®, Apydan®, Timox®
N03AF02

Rufinamid

Inovelon®
N03AF03
Fettsäure-Derivate

Valproinsäure

Convulex®, Ergenyl®, Orfiril®, Depakine; Syn: Natriumvalproat
N03AG01

Vigabatrin

Sabril®, Kigabeq®
N03AG04
Andere Antiepileptika

Brivaracetam

Briviact®
N03AX23

Cannabidiol

Epidyolex®, Syn: CBD
N03AX24

Felbamat

Taloxa®
N03AX10

Fenfluramin

Fintepla®
N03AX26

Gabapentin

Neurontin®, GabaLiquid GeriaSan®
N03AX12

Lacosamid

Vimpat®
N03AX18

Lamotrigin

Lamictal®
N03AX09

Levetiracetam

Keppra®, Kevesy®
N03AX14

Perampanel

Fycompa®
N03AX22

Pregabalin

Lyrica®, Algecia®, PregaTab®
N03AX16

Sultiam

Ospolot®
N03AX03

Topiramat

Topamax®
N03AX11

Zonisamid

Zonegran®, Zonisol®
N03AX15

Referenzen

  1. Biocodex, SmPC Diacomit (EU/1/06/367/001-003) 06-08-2014
  2. Biocodex, SmPC Diacomit® 250 mg Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (EU/1/06/367/007), 06/2021
  3. Biocodex , SmPC Diacomit® 500 mg Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (EU/1/06/367/010), 06/2021
  4. Biocodex , SmPC Diacomit® 250 mg Hartkapseln (EU/1/06/367/001), 06/2021
  5. Biocodex , SmPC Diacomit® 500 mg Hartkapseln (EU/1/06/367/004), 06/2021
  6. Biocodex, Diacomit : EPAR - Product Information, Last updated: 20/04/2020 , https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/diacomit#product-information-section

Änderungsverzeichnis

  • 06 September 2019 09:25: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Daten über klinische Überdosierungen liegen nicht vor.
  • Die Behandlung ist unterstützend (symptomatische Maßnahmen auf Intensivstationen)

[Ref.]