Alprazolam

Wirkstoff
Alprazolam
Handelsname
Tafil®
ATC-Code
N05BA12

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Alprazolam ist eine psychotrope Substanz aus der Klasse der 1,4-Triazolobenzodiazepine und bindet mit hoher Affinität an spezifische Benzodiazepin-Rezeptoren im ZNS. Alprazolam verstärkt die hemmende Wirkung der GABA-ergen Übertragung auf unterschiedliche Neuronenverbände. Hieraus resultieren die spannungs-, erregungs- und angstdämpfenden Eigenschaften sowie sedierenden und hypnotischen Effekte. Darüber hinaus zeigt Alprazolam den Muskeltonus dämpfende und antikonvulsive Eigenschaften.

Pharmakokinetik bei Kindern

Bezüglich der Pharmakokinetik von Alprazolam bei Kindern wurden keine Studien durchgeführt. Im Allgemeinen metabolisieren Kinder Benzodiazepine schneller als Jugendliche und Erwachsene. Studien [Glue P et al. 2006] haben gezeigt, dass die pharmakokinetischen Parameter von Jugendlichen mit denen von Erwachsenen vergleichbar sind.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Prämedikation
    • oral
      • ≥6 Monate bis <18 Jahre: off-label
  • Kurzzeitbehandlung bei akuter Angst und plötzlicher extremer Schlaflosigkeit
    • oral
      • ≥6 Jahre bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen

  • nur für Erwachsene zugelassen
  • Dosierungsempfehlung siehe Fachinformation

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 0,25 mg, 0,5 mg, 1 mg

Orale Anwendung

Feste Arzneiformen

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke
Problematische Hilfsstoffe
Tafil® Tabletten 0,5 mgT2
1 mgT2
Lactose
Natriumbenzoat 
Alprazolam-ratiopharm® Tabletten 0,25 mgT2,M
0,5 mgT2,M
1 mgT2,M
Lactose
Natriumbenzoat 
Alprazolam AbZ Tabletten 0,25 mgT2,M
0,5 mgT2,M
Lactose
Natriumbenzoat 


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, M: mörserbar

Anwendungshinweise:
Die Tabletten sollten mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Prämedikation
  • Oral
    • Schnellfreisetzendes Präparat
      • 6 Monate bis 18 Jahre
        [2] [5]
        • 0,015 mg/kg/Tag in 3 Dosen. Max: 0,06 mg/kg/Tag.
          • Falls nötig, Dosis in Schritten von 0,125-0,25 mg/Dosis erhöhen.
          • Die Wirksamkeit von Alprazolam in dieser Indikation ist umstritten.

          off-label

Kurzzeitbehandlung bei akuter Angst und plötzlicher extremer Schlaflosigkeit
  • Oral
    • Schnellfreisetzendes Präparat
      • 6 Jahre bis 18 Jahre
        [1] [2] [3] [4]
        • Initialdosis: 0,125 mg/Tag, einmalig.
        • Erhaltungsdosis: Abhängig vom klinischen Bild schrittweise um 0,125-0,25 mg/Dosis erhöhen auf max. 0,05 mg/kg/Tag in 3 Dosen. Max: 3 mg/Tag.
        • Anwendungshinweis:

          Die Tagesdosis falls möglich über 3 Dosen verteilen.

        • Bei plötzlicher, extremer Schlaflosigkeit: Nur zur Nacht einnehmen, Dosis abhängig von der Wirksamkeit auf max. 0,05 mg/kg erhöhen, jedoch nicht mehr als 3 mg/Tag.
          Die Wirksamkeit bei akuten Angstzuständen ist umstritten.

          off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Tagesschläfrigkeit, Unruhe, Kopfschmerzen, Übelkeit, Gewichtszunahme, Dystonie, Sedierung, Konzentrations-/Gedächtnisstörungen, Toleranz/Abhängigkeit (bei Langzeitanwendung). Paradoxe Reaktionen, wie z. B. Unruhe, Erregung, Reizbarkeit, Aggression, Wut, Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Psychosen, Albträume, Verhaltensstörungen. Auch ein Fall von selbstzerstörerischem Verhalten und Suizidgedanken [Türkoğlu S. 2015] ist beschrieben worden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • verminderter Appetit
  • Verwirrtheit, Desorientiertheit, verminderte/gesteigerte Libido, Angst, Schlaflosigkeit, Nervosität
  • Manie, Halluzinationen, Wut, Agitiertheit, Arzneimittelabhängigkeit
  • Koordinationsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Hypersomnie, Lethargie, Tremor, Amnesie
  • verschwommenes Sehen
  • Nausea, Erbrechen
  • Dermatitis
  • Muskelschwäche
  • Harninkontinenz
  • sexuelle Dysfunktion, Menstruationsstörungen
  • Arzneimittelentzugssyndrom

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Hepatitis

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Myasthenia gravis
  • Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit in der Anamnese
  • schwere Ateminsuffizienz
  • Schlafapnoe-Syndrom
  • schwere Leberinsuffizienz
  • spinale und zerebelläre Ataxien
  • akute Vergiftung mit Alkohol, Sedativa, Hypnotika, Analgetika oder Psychopharmaka (Neuroleptika, Antidepressiva, Lithium)

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Bei der gleichzeitigen Anwendung von Alprazolam und Opioiden sollten die Patienten engmaschig auf Anzeichen und Symptome von Atemdepression und Sedierung überwacht werden.
  • Abhängigkeit/ Missbrauch:
    • Die Anwendung von Benzodiazepinen kann zur Entwicklung von psychischer und physischer Abhängigkeit führen.
    • Das Risiko einer Abhängigkeit steigt mit der Dosis und der Dauer der Behandlung.
    • Insbesondere bei Patienten mit Alkohol- oder Drogenabhängigkeit in der Anamnese ist dieses Risiko erhöht.
    • Das Risiko der Abhängigkeit wird durch die gleichzeitige Anwendung verschiedener Benzodiazepine verstärkt, unabhängig davon, ob diese Benzodiazepine angstlösend oder hypnotisch wirken.
    • Patienten, die Alprazolam erhalten, sollten entsprechend überwacht werden.
    • Wenn sich eine Abhängigkeit entwickelt hat, wird ein plötzlicher Abbruch der Behandlung von Entzugssymptomen begleitet.
  • Absetzerscheinungen:
    • Auch beim plötzlichen Beenden einer kürzeren Behandlung kann es vorübergehend zu Absetzerscheinungen (Rebound-Phänomenen) kommen.
    • Absetzerscheinungen können sich auch in bedrohlichen körperlichen und seelischen Reaktionen äußern.
    • Da das Risiko von Entzugssymptomen bzw. Absetzerscheinungen nach plötzlichem Beenden der Therapie höher ist, wird empfohlen, die Behandlung durch schrittweise Reduktion der Dosis zu beenden.
  • Nach wiederholter Einnahme von Benzodiazepinen über einige Wochen kann es zu einem Verlust der Wirksamkeit (Toleranz) kommen.
  • Depressionen oder Angstzustände, die von Depressionen begleitet sind:
    • Benzodiazepine und Benzodiazepin-ähnliche Substanzen sollten nicht zur alleinigen Behandlung von Depressionen oder Angstzuständen, die von Depressionen begleitet sind, angewandt werden.
    • Unter Umständen kann die depressive Symptomatik verstärkt und so das Risiko eines Suizids erhöht werden.
    • Bei der Anwendung von Alprazolam bei Patienten mit depressiven oder suizidalen Symptomen Vorsicht geboten, gegebenenfalls ist die Verordnungsmenge zu begrenzen.
  • Benzodiazepine werden zur primären Behandlung von Psychosen nicht empfohlen.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums hat folgende klinisch relevante Wechselwirkungen ergeben:

Alprazolam wird vor allem über CYP3A4-Enzyme metabolisiert (Abschnitt in Fachinformation zu Biotransformation beachten).

Alprazolam zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
CYP3A4-Induktoren Steigerung des Metabolismus von Alprazolam durch CYP-Induktion. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Alprazolam möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf ausreichende Wirkung von Alprazolam.
CYP3A4-Inhibitoren Hemmung des Metabolismus von Alprazolam durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Alprazolam möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf Nebenwirkungen von Alprazolam.
zentraldämpfende Arzneimittel und Stoffe, z.B. 4-Hydroxybutansäure, Opioide (z.B. Codein, Oxycodon, Tramadol), Ethanol Verstärkte zentraldämpfende Wirkung, die u.U. zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen kann. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. niedrigste wirksame Dosis verwenden und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich halten. Engmaschig auf Anzeichen und Symptome von Atemdepression und Sedierung überwachen.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANXIOLYTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Benzodiazepin-Derivate

Clobazam

Epaclob®, Frisium®
N05BA09

Diazepam

Stesolid®, Valocordin®-Diazepam, Valiquid®, Valium®
N05BA01

Lorazepam

Tavor®, Tavor® Expidet, Tolid®
N05BA06
Azaspirodecandion-Derivate

Buspiron

Anxut®, Busp®
N05BE01

Referenzen

  1. Landelijk Kenniscentrum Kind- enJeugdpsychiatrie (Ketelaars) [Nationales Wissenszentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie], Anxiolytica/Hypnotica, 2009
  2. Pfefferbaum B, et al, Alprazolam in the treatment of anticipatory and acute situational anxiety in children with cancer, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry, 1987, Jul;26(4):, 532-5
  3. Simeon JG, et al, Alprazolam effects in children with anxiety disorders, Can J Psychiatry, 1987, Oct;32(7):, 570-4
  4. Simeon JG, et al, Clinical, cognitive, and neurophysiological effects of alprazolam in children and adolescents with overanxious and avoidant disorders, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry, 1992, Jan;31(1), 29-33
  5. Anderson BJ, et al, Oral premedication in children: a comparison of chloral hydrate, diazepam, alprazolam, midazolam and placebo for day surgery, Anaesth Intensive Care, 1990, May;18(2), 185-93
  6. Türkoğlu S. . , Paradoxical reactions related to alprazolam., J Child Adolesc Psychopharmacol, 2015 , Apr;25(3), 276
  7. Pfizer BV, SmPC Xanax (RVG 14409) 01-05-2018, www.geneesmiddelinformatiebank.nl
  8. Glue P et al., Pharmacokinetics of an extended release formulation of alprazolam (Xanax XR) in healthy normal adolescent and adult volunteers., Am J Ther., 2006, Sep-Oct;13(5), 418-22
  9. Pfizer, SmPC Tafil® 0,5 mg/1,0 mg Tabletten (29946.00.00), 07/2020
  10. ratiopharm, SmPC Alprazolam-ratiopharm® 1,0 mg Tabletten (54833.01.00), 12/2015
  11. ratiopharm, SmPC Alprazolam-ratiopharm® 0,5 mg Tabletten (37734.00.00), 04/2018
  12. ratiopharm, SmPC Alprazolam-ratiopharm® 0,25 mg Tabletten (37734.01.00), 04/2018
  13. AbZ, SmPC Alprazolam AbZ 0,5 mg Tabletten (54834.00.00), 07/2018
  14. AbZ, SmPC Alprazolam AbZ 0,25 mg Tabletten (54833.00.00), 07/2018

Änderungsverzeichnis

  • 06 März 2023 09:20: Erwachsenendosis (max. 3 mg/Tag) als Maximaldosis bei Kindern in der Indikation "Kurzzeitbehandlung bei akuter Angst und plötzlicher extremer Schlaflosigkeit" hinzugefügt
  • 17 Januar 2021 08:18: Aktualisierung

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Wie auch bei anderen Benzodiazepinen ist eine Überdosierung von Alprazolam im Allgemeinen nicht lebensbedrohlich.
  • Es gab jedoch Berichte über Todesfälle durch Überdosierung bei gleichzeitiger Einnahme von Alprazolam mit anderen zentraldämpfenden Arzneimitteln wie Opioide, anderen Benzodiazepinen und Alkohol.
  • Symptome:
    • Intoxikationen mit Benzodiazepinen sind gewöhnlich, in Abhängigkeit von der aufgenommenen Dosis, durch verschiedene Stadien der zentralen Dämpfung gekennzeichnet, die von Benommenheit bis Koma reichen.
    • In leichten Fällen können Benommenheit, geistige Verwirrung, Lethargie, Sehstörungen und Dystonie auftreten.
    • In schwerer verlaufenden Fällen können Ataxie, erniedrigter Muskeltonus, erniedrigter Blutdruck, Bewusstlosigkeit, zentrale Atem- und Kreislaufdepression und selten Koma auftreten.
    • In sehr seltenen Fällen auch der Tod.
  • Therapie:
    • Bei der Behandlung einer Überdosierung sollte immer in Betracht gezogen werden, dass verschiedene Substanzen eingenommen wurden (Mehrfachintoxikation!).
    • Patienten mit leichteren Vergiftungserscheinungen, die noch bei Bewusstsein sind, sollten unter Atem- und Kreislaufkontrolle ausschlafen.
    • Gegebenenfalls ist (innerhalb der ersten Stunde) nach der Vergiftung ein Erbrechen auszulösen.
    • In schweren Fällen, wenn der Patient bereits bewusstlos ist, können weitere Maßnahmen (Magenspülung bis hin zur Gabe von Aktivkohle zur Reduzierung der Absorption, Kreislaufstabilisierung, Intensivüberwachung der Atem- und Herzfunktionen) erforderlich werden.
    • Aufgrund der hohen Plasmaeiweißbindung und des großen Verteilungsvolumens dürften forcierte Dialyse oder Hämodialyse bei reinen Alprazolam-Vergiftungen nur von geringem Nutzen sein.
    • Erforderlichenfalls steht als Antidot der spezifische Benzodiazepin-Antagonist Flumazenil zur Verfügung.

[Ref.]