Surfactant (porcin)

Wirkstoff
Surfactant (porcin)
Handelsname
Curosurf®, Syn: SURFace ACTive ageNT, Surfactant aus Schweinelungen
ATC-Code
R07AA02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Surfactant ist eine grenzflächenaktive Substanz (Tensid), die vorwiegend aus Phospholipiden und spezifischen Proteinen besteht, durch Pneumozyten Typ II in der Lunge produziert und auf die Oberfläche der Alveolen sezerniert wird. Durch die Reduktion der Oberflächenspannung der Alveolen wird deren Kollabieren am Ende der Expirationsphase verhindert und ein adäquater Gasaustausch möglich.

Pharmakokinetik bei Kindern

Die Halbwertszeit des Surfactant desaturierten Phosphatidylcholins (DSPC) ist verlängert bei einer höheren Dosis und nach der 2. Gabe:

Dosis Alter T1/2 (Surfactant DSPC) 1. Gabe (Mittelwert) (h) T1/2 (Surfactant DSPC) 2. Gabe (Mittelwert) (h) Referenzen
100 mg/kg GA 30 Wochen, Geburtsgewicht 1.416 g (Mittelwert) - 34,2 Torresin 2000
100 mg/kg GA 28,9 Wochen, Geburtsgewicht 1.110 g (Mittelwert)  15 21 Torresin 2000
Cogo 2009
200 mg/kg GA 28,4 Wochen, Geburtsgewicht 1.058 g (Mittelwert)  32 43 Cogo 2009

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Therapie der Frühphase des Atemnotsyndroms (RDS) bei Frühgeborenen
    • endotracheal
      • Frühgeborene, Gestationsalter < 37 Wochen: zugelassen
  • Mekoniumaspirationssyndrom
    • endotracheal
      • Frühgeborene: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Intratracheale/intrabronchiale Instillation bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von mindestens 700 g zur Therapie der Frühphase des Atemnotsyndroms (RDS)

Soweit nicht anders verordnet, wird eine Initialdosis von 200 mg/kg Körpergewicht (KG) so schnell wie möglich nach der Diagnose RDS empfohlen. Folgedosen von je 100 mg/kg Körpergewicht können in Abständen von ca. 12 Stunden verabreicht werden, falls anzunehmen ist, dass ein RDS die Ursache eines unveränderten oder sich verschlechternden respiratorischen Zustand des Kindes ist (maximale Gesamtdosis 300 - 400 mg/kg).

[Ref.]

Präparate im Handel

Phospholipidfraktion aus Schweinelungen 80 mg/mL (120 mg, 240 mg pro Ampulle)

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Phospholipidfraktion aus Schweinelungen) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Curosurf® Suspension 120 mg/1,5 mL (80 mg/mL)
240 mg/3 mL (80 mg/mL)
endotracheopulmonal natriumfrei - Vor Gebrauch auf Raumtemperatur erwärmen und zur Homogenisierung der Suspension leicht umschwenken. Entnahme mittels steriler Kanüle und Spritze. Details siehe Fachinformation. Frühgeborene mit mind. 700 gKG


„natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 18.04.2024 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Therapie der Frühphase des Atemnotsyndroms (RDS) bei Frühgeborenen
  • Endotracheal
    • Frühgeborene, Gestationsalter < 37 Wochen
      [1] [2] [3] [4] [5] [7] [10] [13]
      • Initialdosis: 100 - 200 mg/kg/Dosis . Bei Bedarf mit 100 mg/kg/Dosis wiederholen.
      • Die Verabreichung mittels LISA (Less Invasive Surfactant Administration) ist zu bevorzugen. Mehrere Studien zeigen, dass eine Initialdosis von 200 mg/kg/Dosis möglicherweise wirksamer ist bei Verabreichung über LISA/MIST.

        Behandlung nur durch Personal,  das in der Pflege, Wiederbelebung und Stabilisierung kritisch kranker Früh- und Neugeborener geschult ist und Erfahrung damit hat.

Mekoniumaspirationssyndrom (MAS)
  • Endotracheal
    • Neugeborene
      [17] [18] [22] [23]
      • 200 mg/kg/Dosis bei Bedarf mit 100 mg/kg/Dosis wiederholen je nach klinischer Wirksamkeit.
      • Es gibt nur wenig Evidenz für die Wirksamkeit von Surfactant in dieser Indikation.

        Behandlung nur durch Personal,  das in der Pflege, Wiederbelebung und Stabilisierung kritisch kranker Früh- und Neugeborener geschult ist und Erfahrung damit hat.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Gelegentlich (0,1 - 1 %): Sepsis, intrakranielle Blutungen, Pneumothorax

Selten (0,01 - 0,1 %): Bradykardie, Hypotonie, bronchopulmonale Dysplasie, pulmonale Blutungen, erniedrigte Sauerstoffsättigung

Häufigkeit nicht bekannt: Hyperoxie, neonatale Zyanose, Apnoe, abnormes Elektroenzephalogramm, Komplikation bei endotrachealer Intubation (einschließlich endotrachealer Reflux)

Kontraindikationen bei Kindern

Pneumonie und Sepsis, da es die Phagozytose der Fettemulsion durch Makrophagen und Leukozyten nachteilig beeinflussen kann.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Vor Beginn der Behandlung sollte eine Stabilisierung der Vitalfunktionen des Frühgeborenen erreicht sein. Für die optimale Wirkung sind die Korrekturen von Azidose, Hypotonie, Anämie, Hypoglykämie und Hypothermie vor der Verabreichung empfohlen.

Das Absaugen der Trachealsekrete vor der Verabreichung verringert die Wahrscheinlichkeit für Verstopfungen der Trachealsonde mit Schleim. Während der ersten 6 Stunden nach der Verabreichung sollte das Absaugen der Trachealsekrete so weit wie möglich vermieden werden.

Die mechanische Beatmung soll nach der Verabreichung (vorzugsweise) unter kontinuierlicher transkutaner pO2-Messung fortgesetzt werden. Während der Behandlung ist eine engmaschige Überwachung der arteriellen Blutgase, der inspiratorischen Sauerstofffraktion (FiO2) und des Beatmungsdrucks erforderlich. Die Verbesserung der Sauerstoffsättigung tritt innerhalb von Minuten ein und erfordert die Anpassung (Reduktion) der Sauerstoffkonzentration in der Beatmungsluft und des maschinellen inspiratorischen Beatmungsdrucks, um einer Hyperoxie, Überdehnung der Lungen und einem fatalen pulmonalen Air-Leak-Syndrom vorzubeugen. Bei Beatmung mit hohen Frequenzen (>60/min und Ausatmungszeit <0,6 s) muss auf eine ausreichend lange Ausatmungsdauer geachtet werden. Um einer Hyperoxie und Augenerkrankungen beim Frühgeborenen vorzubeugen, darf der arterielle Sauerstoffdruck die gewünschten Werte nicht überschreiten. Bei Bedarf soll die Sauerstoffkonzentration der Beatmungsluft angepasst werden.

Die Verabreichung sollte unterbrochen werden bei: Bradykardie, Hypotonie, verminderter Sauerstoffsättigung, Reflux oder schwerer Apnoe.

Bei unzureichendem Ansprechen auf die Behandlung oder einem schnellen Rückfall ist es ratsam, an die Möglichkeit anderer Komplikationen der Unreife zu denken, wie ein offener Ductus arteriosus botalli oder andere Lungenerkrankungen wie Pneumonie. Bei den frühesten Anzeichen einer Infektion sollte das Kind sofort eine geeignete Antibiotikumtherapie erhalten.

Neugeborene nach länger zurückliegendem Blasensprung der Mutter (>3 Wochen) haben möglicherweise eine pulmonale Hypoplasie, die nicht optimal auf exogenes Surfactant anspricht.

[SmPC Curosurf]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums führte zu keiner klinisch relevanten Interaktion.

ANDERE MITTEL FÜR DEN RESPIRATIONSTRAKT

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Atemstimulanzien

Doxapram

Dopram®
R07AB01
Andere Mittel für den Respirationstrakt

Ivacaftor

Kalydeco®
R07AX02
R07AX32
R07AX30
R07AX31

Referenzen

  1. Chiesi Pharmaceuticals BV, SPC Curosurf (RVG 16150), 07-02-2017
  2. Sweet DG, et al ., European Consensus Guidelines on the Management of Respiratory Distress Syndrome- 2019 Update, Neonatology, 2019, 115(4), 432-450
  3. Tridente A, et al, Porcine vs bovine surfactant therapy for preterm neonates with RDS: systematic review with biological plausibility and pragmatic meta-analysis of respiratory outcomes. , Respir Res, 2019, Feb 6;20(1), 28
  4. Ng EH, et al, Guidelines for surfactant replacement therapy in neonates., Paediatr Child Health., 2021, Feb 1;26(1), 35-49
  5. Janssen LC, et al., Minimally invasive surfactant therapy failure: risk factors and outcome., Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed. , 2019, 104(6), F636-f42
  6. Niemarkt HJ, et al., National Recommendation Surfactant Administration update 2020, 2020
  7. Ramanathan R, et al., A randomized, multicenter masked comparison trial of poractant alfa (Curosurf) versus beractant (Survanta) in the treatment of respiratory distress syndrome in preterm infants., Am J Perinatol, 2004, 21(3), 109-19
  8. Królak-Olejnik B, et al., Dose Effect of Poractant Alfa in Neonatal RDS: Analysis of Combined Data from Three Prospective Studies., Front Pediatr., 2020, 8, 603716
  9. Torresin M, et al., Exogenous surfactant kinetics in infant respiratory distress syndrome: A novel method with stable isotopes. , Am J Respir Crit Care Med., 2000, 161(5), 1584-9
  10. Dargaville PA, et al., Minimally-invasive surfactant therapy in preterm infants on continuous positive airway pressure., Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed, 2013, 98(2), F122-6
  11. Robertson B, et al., A 2-year follow up of babies enrolled in a European multicentre trial of porcine surfactant replacement for severe neonatal respiratory distress syndrome. Collaborative European Multicentre Study Group. , Eur J Pediatr., 1992, 151(5), 372-6
  12. Saugstad OD, et al., [Neonatal respiratory distress syndrome treated with a natural surfactant. The Norwegian Curosurf study], Tidsskr Nor Laegeforen, 1993, 113(19), 2389-93
  13. Cogo PE, et al., Dosing of porcine surfactant: effect on kinetics and gas exchange in respiratory distress syndrome., Pediatrics, 2009, 124(5), e950-7
  14. Speer CP, et al., Randomized European multicenter trial of surfactant replacement therapy for severe neonatal respiratory distress syndrome: single versus multiple doses of Curosurf., Pediatrics, 1992, 89(1), 13-20
  15. Balazs G,et al., Incidence, predictors of success and outcome of LISA in very preterm infants., Pediatr Pulmonol, 2022, 57(7), 1751-9
  16. Halliday HL, et al., Multicentre randomised trial comparing high and low dose surfactant regimens for the treatment of respiratory distress syndrome (the Curosurf 4 trial)., Arch Dis Child, 1993, 69(3 Spec No), 276-80
  17. NVK Working group Neonatal Pharmacotherapy, Expert opinion, 7 dec 2023
  18. Chinese Collaborative Study Group for Neonatal Respiratory Diseases., Treatment of severe meconium aspiration syndrome with porcine surfactant: a multicentre, randomized, controlled trial. , Acta Paediatr, 2005, 94(7), 896-902
  19. Singh N, et al., Comparison of animal-derived surfactants for the prevention and treatment of respiratory distress syndrome in preterm infants. , Cochrane Database Syst Rev., 2015, (12), CD010249
  20. Dorrepaal CA, et al., Cerebral hemodynamics and oxygenation in preterm infants after low-vs. high-dose surfactant replacement therapy., Biol Neonate., 1993, 64(4), 193-20
  21. Herting E, et al., Intracerebral haemorrhages in surfactant treated neonates with severe respiratory distress syndrome: age at diagnosis, severity and risk factors., Eur J Pediatr., 1994, 153(11), 842-9
  22. Collaborative European Multicenter Study Group, Surfactant replacement therapy for severe neonatal respiratory distress syndrome: an international randomized clinical trial., Pediatrics, 1988, 82(5), 683-91
  23. Arayici S, et al., Lung Lavage with Dilute Surfactant vs. Bolus Surfactant for Meconium Aspiration Syndrome., J Trop Pediatr., 2019, 65(5), 491-7
  24. Chiesi GmbH, SmPC Curosurf® 120 mg (29016.00.00), 04/2018

Änderungsverzeichnis

  • 22 April 2024 09:55: Die wissenschaftliche Literatur über die Anwendung von Surfactant (porcin) wurde ausgewertet. Dies führte zu einer Aktualisierung der Indikation in "Therapie der Frühphase des Atemnotsyndroms (RDS) bei Frühgeborenen" und einer neuen Indikation "Mekoniumaspirations-Syndrom (MAS). Informationen zu bovinem Surfactant (Alveofact) werden in eine separate Monographie aufgenommen.
  • 22 März 2022 13:25: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung