Ipratropiumbromid

Wirkstoff
Ipratropiumbromid
Handelsname
Atrovent®, Ipraxa®
ATC-Code
R03BB01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Ipratropiumbromid ist eine quaternäre Ammoniumverbindung mit anticholinergen (parasympatholytischen) Eigenschaften. Nicht-klinische Studien zeigen eine Hemmung der vagal vermittelten Reflexe durch Antagonisierung der Wirkung von Acetylcholin, dem vom Nervus Vagus freigesetzten Transmitter. Anticholinergika verhindern die Zunahme der intrazellulären Ca++-Konzentration, die durch Interaktion von Acetylcholin mit dem Muscarinrezeptor auf der glatten Bronchialmuskelzelle verursacht wird. Die Freisetzung von Ca++ wird durch das Second Messenger System vermittelt, das aus IP3 (Inositoltriphosphat) und DAG (Diacylglycerol) besteht. Die Bronchodilatation nach Inhalation mit Ipratropium ist primär lokal und spezifisch an der Lunge und nicht systemischer Natur.

Pharmakokinetik bei Kindern

Keine Informationen

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Bronchodilatation (kurzwirksam)
    • inhalativ
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen
  • Akuter Asthmaanfall
    • inhalativ
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Inhalativ

Akutbehandlung

  • Kinder <6 Jahren: [Ref.]
    • Einzeldosis: 0,1 - 0,25 mg Ipratropiumbromid
    • wiederholte Gaben können bis zur Besserung der Atemnot verabreicht werden
    • eine Tagesdosis von 1 mg sollte nicht überschritten werden
    • nur unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle geben
  • Kinder von 6 bis 12 Jahren: [Ref.]
    • Einzeldosis: 0,06 - 0,25 mg Ipratropiumbromid
    • wiederholte Gaben können bis zur Besserung der Atemnot verabreicht werden
    • eine Tagesdosis von 1 mg sollte nicht überschritten werden
  • Jugendliche >12 Jahre bis 18 Jahre: [Ref.]
    • Einzeldosis: 0,08 - 0,5 mg Ipratropiumbromid
    • wiederholte Gaben können bis zur Besserung der Atemnot verabreicht werden
    • eine Tagesdosis von 2 mg sollte nicht überschritten werden

Dauerbehandlung

  • Kinder <6 Jahren: [Ref.]
    • 0,06 - 0,25 mg Ipratropiumbromid mehrmals täglich
    • nur unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle geben
    • eine Tagesdosis von 1 mg sollte nicht überschritten werden
  • Kinder von 6 bis 12 Jahren: [Ref.]
    • 3 bis 4 Mal täglich 0,06 - 0,25 mg Ipratropiumbromid 
    • eine Tagesdosis von 1 mg sollte nicht überschritten werden
  • Jugendliche >12 Jahre bis 18 Jahre: [Ref.]
    • 3 bis 4 Mal täglich 0,06 - 0,5 mg Ipratropiumbromid 
    • eine Tagesdosis von 2 mg sollte nicht überschritten werden

 

Präparate im Handel

Inhalative Anwendung

Zur inhalativen Anwendung stehen Lösungen für Vernebler und Dosier-Aerosole zur Verfügung.

Präparat Stärke Problematische Hilfsstoffe
Atrovent® LS Lösung für einen Vernebler * 250 µg/ml 100 μg Benzalkoniumchlorid/ml
Atrovent® Fertiginhalat 250 µg/2 ml / 500 μg/2 ml -
Atrovent® N Dosier-Aerosol 20 μg/Aerosolstoß Ethanol
Iprabronch® Lösung für einen Vernebler ** 250 µg/ml / 500 μg/2 ml -
Iprabronch® 20 Mikrogramm/Sprühstoß Ethanol


* muss vor Anwendung mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnt werden
** je nach Vernebler muss die Lösung auf die Mindestmenge verdünnt werden

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Bronchodilatation (kurzwirksam)
  • Inhalativ
    • Aerosol
      • 1 Monat bis 18 Jahre
        [1] [2]
        • 20 - 40 microg./Dosis, bei Bedarf max. 8 x täglich.
        • Stufenschema beachten. Zur Auswahl eines geeigneten Devices (+ Inhalierhilfe) siehe hier.

    • Inhalationspulver
      • 7 Jahre bis 18 Jahre
        [2]
        • 40 - 80 microg./Dosis, bei Bedarf max. 8 x täglich.
Akuter Asthmaanfall
  • Inhalativ
    • Lösung für einen Vernebler
      • 1 Monat bis 5 Jahre
        [1] [2]
        • (bei SpO2 ≤ 94 %): 0,25 mg/Dosis mind. 2 x verabreichen. In Kombination mit Salbutamol 2,5 mg/Dosis.
        • Bei einem Kind mit (schwerer) Atemnot sollen die ersten beiden Inhalationen mit Salbutamol und Ipratropiumbromid erfolgen. Danach kann, je nach klinischem Bild, mit Salbutamol allein weiter inhaliert werden.
          Ist die Wirkung nach 1- bis 2-maliger Inhalation noch immer unzureichend, sollte mit niedrigdosiertem Prednison/Prednisolon begonnen werden.

      • 5 Jahre bis 18 Jahre
        [1] [2]
        • (bei SpO2 ≤ 94 %):  0,5 mg/Dosis mind. 2 x verabreichen. In Kombination mit Salbutamol 5,0 mg/Dosis.
        • Bei einem Kind mit (schwerer) Atemnot sollen die ersten beiden Inhalationen mit Salbutamol und Ipratropiumbromid erfolgen. Danach kann, je nach klinischem Bild, mit Salbutamol allein weiter inhaliert werden.
          Ist die Wirkung nach 1- bis 2-maliger Inhalation noch immer unzureichend, sollte mit niedrigdosiertem Prednison/Prednisolon begonnen werden.

    • Aerosol
      • 1 Monat bis 18 Jahre
        [2]
        • mit Inhalierhilfe (bei SpO2 > 94 %) 80 microg./Dosis mind. 2 x verabreichen. in Kombination mit Salbutamol, 400-800 microgr./Dosis.
        • Bei einem Kind mit (schwerer) Atemnot sollen die ersten beiden Inhalationen mit Salbutamol und Ipratropiumbromid erfolgen. Danach kann, je nach klinischem Bild, mit Salbutamol allein weiter inhaliert werden.
          Ist die Wirkung nach 1- bis 2-maliger Inhalation noch immer unzureichend, sollte mit niedrigdosiertem Prednison/Prednisolon begonnen werden.

          Zur Auswahl eines geeigneten Devices (+ Inhalierhilfe) siehe hier.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): Kopfschmerzen, Schwindel, Husten, Rachen-Irritationen, trockener Mund, Geschmacksstörung, gastrointestinale Motilitätsstörungen, Übelkeit

Gelegentlich (0,1-1 %): anaphylaktische Reaktionen, Überempfindlichkeit, verschwommenes Sehen, Mydriasis, Anstieg des Augeninnendrucks ggf. mit Augenschmerzen, Sehen von Nebel und Regenbogenfarben (-ringen), Bindehauthyperämie und Hornhautödem, Glaukom, Palpitationen, (supraventrikuläre) Tachykardien, (paradoxer) Bronchospasmus, Laryngospasmus, Rachenödem, trockener Rachen, Verstopfung, Durchfall, Bauchschmerzen, Erbrechen, Stomatitis, Mund-Ödem, Hautausschlag, Pruritus, Angioödem, Harnverhalt

Selten (0,01-0,1 %): Akkommodationsstörungen, atriale Fibrillationen, Urtikaria

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Nach Anwendung von Ipratropiumbromid wurden Überempfindlichkeitsreaktionen beobachtet, die sich in Form von Urtikaria, Angioödem, Ausschlag, Bronchospasmus, Oropharyngealödem und Anaphylaxie geäußert haben.
  • Da Patienten mit Mukoviszidose zu gastrointestinalen Motilitätsstörungen neigen können, ist Ipratropiumbromid wie auch andere Anticholinergika bei diesen Patienten mit Vorsicht anzuwenden.
  • Bei der Inhalation von Ipratropiumbromid kann es zu paradoxen Bronchospasmen kommen. Falls diese auftreten, muss Ipratropiumbromid unverzüglich abgesetzt und durch eine alternative Therapie ersetzt werden.
  • Okulare Komplikationen:
    • Wenn das Arzneimittel bei der Anwendung versehentlich in die Augen gelangt, können leichte und reversible Augenkomplikationen auftreten. Insbesondere bei Patienten mit Engwinkelglaukom besteht die Möglichkeit eines akuten Glaukomanfalls mit folgenden typischen Symptomen: Augenschmerzen, unscharfes Sehen, Augenhalos oder unwirkliches Farbempfinden, gerötete Augen und Corneaödeme.
  • Bei Patienten mit Miktionsstörungen (z.B. bei Prostatahyperplasie oder Blasenhalsobstruktion) ist der Nutzen einer Ipratropiumbromid-Behandlung sorgfältig gegen das mögliche Risiko einer Verstärkung des Harnverhalts abzuwägen.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

  • β-Adrenergika und Xanthinderivate: können die Wirkung von Ipratropiumbromid verstärken
    • Theophyllin
    • Salbutamol, Salmeterol, Terbutalin, Clenbuterol, Formoterol
    • das Risiko für eines akuten Glaukomanfalls bei Patienten mit Engwinkelglaukom kann erhöht sein, wenn Ipratropiumbromid und β-Adrenergika zusammen angewendet werden [Ref.]
  • andere Anticholinergika: können Wirkung und Nebenwirkungen von Ipratropiumbromid verstärken
    • Pirenzepin [Ref.]
    • Tiotropiumbromid, Aclidiniumbromid, Cimetropiumbromid, Glycopyrroniumbromid, Umeclidiniumbromid [Ref.]
    • Revefenacin [Ref.]
  • Eluxadolin: Ipratropiumbomid kann den verstopfenden Effekt von Eluxadolin verstärken [Ref.]
  • Levosulpirid: Anticholinergika können den therapeutischen Effekt von Levosulpirid vermindern [Ref.]
  • Loxapin zur Inhalation: die gleichzeitige Therapie mit inhalativen Arzneimitteln zur Behandlung von Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale, COPD) ist kontraindiziert, da das Risiko für Bronchospasmen erhöht ist [Ref.]
  • Kaliumchlorid oder Kaliumcitrat zur oralen Einnahme: die Einnahme von Kaliumchlorid oder Kaliumcitrat bei Patienten mit beeinträchtigter Magenentleerung (z.B. durch Anticholinergika) sollte vermieden werden, da der ulzerogene Effekt verstärkt wird [Ref.]
  • Pramlintide kann die anticholinergen Effekte auf den Gastrointestinaltrakt verstärken [Ref.]
  • Secretin: Anticholinergika können den therapeutischen Effekt von Secretin vermindern [Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANDERE INHALATIVE MITTEL BEI OBSTRUKTIVEN ATEMWEGSERKRANKUNGEN

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Glucocorticoide

Beclometason - inhalativ

Sanasthmax®, Ventolair®, Junik®; Syn: Beclometasondipropionat (BDP)
R03BA01

Budesonid - inhalativ

Budes® N, Budiair®, BudenoBronch®, Larbex®, Pulmicort®, Miflonide®, Novopulmon®
R03BA02

Ciclesonid

Alvesco®
R03BA08
R03BA05
Anticholinergika

Tiotropium

Spiriva® Respimat®, Braltus®, Srivasso®
R03BB04

Referenzen

  1. Brand PLP et al, Werkboek Kinderlongziekten [Arbeitsbuch Kinderpulmonologie], VU-Verlag, 2001
  2. NVK, Richtlijn Astma bij Kinderen [Richtlinie Asthma bei Kindern], 2013
  3. Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, SmPC, Atrovent® 250 μg/2 ml Fertiginhalat Lösung für einen Vernebler (37146.01.00), 08/16
  4. Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, SmPC, Atrovent® 500 μg/2 ml Fertiginhalat Lösung für einen Vernebler (37146.00.00), 08/16
  5. Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, SmPC, Atrovent® LS 250 μg/ml Lösung für einen Vernebler (6190779.00.00), 06/17
  6. Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, SmPC, Atrovent N Dosier-Aerosol 20 μg/Aerosolstoß, Druckgasinhalation, Lösung (3000458.00.00), 04/2022
  7. Laboratorio Aldo-Unión, S.L., SmPC, Iprabronch 20 Mikrogramm/Sprühstoß Druckgasinhalation, Lösung (95291.00.00), 01/19
  8. INFECTOPHARM Arzneimittel und Consilium GmbH, SmPC, Iprabronch 250 µg/ml Lösung für Vernebler (79638.00.00), 08/14
  9. Uptodate: UpToDate®, Pediatric Drug information: Ipratropium (oral inhalation) Topic 16003 Version 181.0, accessed 03/19

Änderungsverzeichnis

  • 18 März 2021 09:02: Untere Altersgrenze von 0 Jahren auf 1 Monat geändert (Asthma bei Neugeborenen nicht plausibel)

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung