Pipamperon

Wirkstoff
Pipamperon
Handelsname
Dipiperon®
ATC-Code
N05AD05

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Pipamperon ist ein schwach potentes Neuroleptikum aus der Klasse der Butyrophenone. Eine Blockade von Dopaminrezeptoren in verschiedenen Bahnsystemen des zentralen Nervensystems wird für die Wirkung der Neuroleptika verantwortlich gemacht. Daneben besteht eine hohe Affinität zu serotonergen Rezeptoren. Das klinische Wirkprofil von Pipamperon ist charakterisiert durch sedativ-hypnotische, erregungsdämpfende Eigenschaften. Die antipsychotische Potenz reicht im Allgemeinen zur Behandlung produktiver Symptome nicht aus. 

Pharmakokinetik bei Kindern

Es liegen keine speziellen Daten für Kinder vor.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Zustände schwerer Aufregung und Unruhe
    • oral
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pipamperon bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegen nur begrenzte Studien vor. Deshalb sollte Pipamperon bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nur unter besonderer Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses verordnet werden.

Oral bei Schlafstörungen, insbesondere bei geriatrischen Patienten

Kinder und Jugendliche von 0 bis 14 Jahren:

  • Anfangsdosis: 1 mg/kg KG/Tag
  • Diese Dosis kann um 1 mg/kg KG/Tag bis zur optimalen Dosierung gesteigert werden.

Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene:

  • 2-4 mg/kg KG/Tag auf 3 Gaben verteilt
  • Maximaldosis: 6 mg/kg KG/Tag

[Ref.]

Oral bei Psychomotorischen Erregungszuständen

Kinder und Jugendliche von 0 bis 14 Jahren:

  • Anfangsdosis: 1 mg/kg KG/Tag
  • Diese Dosis kann um 1 mg/kg KG/Tag bis zur optimalen Dosierung gesteigert werden.

Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene:

  • 2-4 mg/kg KG/Tag auf 3 Gaben verteilt
  • Maximaldosis: 6 mg/kg KG/Tag.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 40 mg, 120 mg
Lösung zum Einnehmen 4 mg/mL

Orale Anwendung

Aufgrund des hohen Wirkstoffgehaltes der Tabletten sollte im unteren Dosierungsbereich der Sirup verwendet werden. 

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Wirkstärke Problematische Hilfsstoffe Aroma
Dipiperon® Tabletten 40 mgT1 Lactose -
Pipamperon-neuraxpharm® Tabletten 40 mgT4
120 mgT3
Lactose -
Dipiperon® Sirup mit 5ml Messbecher Lösung zum Einnehmen 4 mg/ml
(20 mg/5ml Messbecher)
Methyl(4-hydroxybenzoat)
Propyl(4-hydroxybenzoat)
Fruchtgeschmack
Pipamperon HEXAL® Saft mit Messbecher Lösung zum Einnehmen 4 mg/ml Methyl(4-hydroxybenzoat)
Propyl(4-hydroxybenzoat)
Schwarze Johannisbeere


T1: nur teilbar zur erleichterten Einnahme, T3: teilbar in 3 gleiche Dosen, T4: teilbar in 4 gleiche Dosen

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Zustände schwerer Aufregung und Unruhe
  • Oral
    • 2 Jahre bis 18 Jahre
      [1] [7]
      • Initialdosis: 2 - 6 mg/Tag in 1 Dosis abends.
      • Erhaltungsdosis: Initialdosis je nach Wirksamkeit und Verträglichkeit pro Woche in Schritten von 2 – 4 mg erhöhen auf durchschnittlich 1,2 mg/kg/Tag in 2 Dosen. Max: 40 mg/Tag.
      • Pipamperon sollte von einem Spezialisten für Kinder- und Jugendpsychiatrie verordnet werden. Die Dosis sollte individuell festgelegt und die niedrigstmögliche Dosis angewendet werden.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Kopfschmerzen, Agitation, Verwirrung, Schwindel, Schläfrigkeit

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • Depression
  • Somnolenz, Zahnradphänomen, Hypertonie, Akathisie, oculogyrische Krise, Opisthotonus, Dyskinesie
  • Tachykardie
  • orthostatische Hypotension
  • Erbrechen
  • Urtikaria
  • muskuläre Spastizität
  • Amenorrhö
  • Gangstörungen, Asthenie

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Arzneimittelentzugssyndrom des Neugeborenen
  • ungeklärte plötzliche Todesfälle
  • Leukopenie
  • Krämpfe und Grand-Mal-Anfall, Malignes Neuroleptisches Syndrom, Parkinsonismus, extrapyramidale Symptome
  • Verlängerung des QT-Intervalls im EKG, Torsade de pointes, ventrikuläre Arrhythmien einschließlich Kammerflimmern, ventrikulärer Tachykardie, Herzstillstand
  • Thromboembolien
  • Leberfunktionsstörungen, cholestatische Hepatitis
  • toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Erkrankungen der Basalganglien, wie z.B. die Parkinson-Krankheit
  • Zustände, die mit einer Dämpfung des zentralen Nervensystems einhergehen (z.B. Koma, akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmaka-Intoxikationen)
  • Schwangerschaft und Stillzeit

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Zusammenfassung:

Bei einer Einnahme über einen längeren Zeitraum ist die Behandlung hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Lernkompetenz zu überwachen. Vorsicht ist geboten bei Prädisposition für die Verlängerung des QT-Intervalls. Es ist außerdem auf das Auftreten von Spätdyskinesien und des malignen neuroleptischen Syndrom zu achten. Bei Akathisie darf die Dosierung nicht erhöht werden.

Bei einer Einnahme über einen längeren Zeitraum ist die Behandlung hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Lernkompetenz zu überwachen.

Vorsicht ist geboten bei Prädisposition für die Verlängerung des QT-Intervalls (QT-Syndrom, Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie, Bradykardie und der Verwendung von Arzneimitteln die das QT-Intervall verlängern).

Während der Behandlung mit Pipamperon muss regelmäßig eine Kontrolle auf extrapyramidale Symptome und andere Bewegungsstörungen durchgeführt werden. Das Auftreten extrapyramidaler Symptome ist ein Risikofaktor für Spätdyskinesien. Sobald Anzeichen und Symptome einer Spätdyskinesie auftreten, ist das Absetzen sämtlicher Antipsychotika zu erwägen.

Neue oder verstärkte Gefühle von „Angst/Unruhe“ beim Patienten sollten auch als mögliche Akathisie betrachtet werden, bevor die Dosis erhöht wird.

Ebenso wie bei anderen Antipsychotika muss bei Pipamperon das Auftreten des sog. malignen neuroleptischen Syndroms berücksichtigt werden, dessen zentrale Symptome Folgende sind: Hyperthermie, extreme Muskelrigidität und eine vegetative Instabilität.

Empfohlene Kontrolluntersuchungen finden Sie hier.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Depression kombiniert mit einer Psychose
    • Pipamperon sollte bei einer bestehenden Depression nicht alleine gegeben werden.
    • Es kann mit Antidepressiva kombiniert werden, um solche Zustände zu behandeln, bei denen eine Depression kombiniert mit einer Psychose auftritt.
  • Bei der Anwendung von Pipamperon ist Vorsicht geboten bei
    • Patienten, die ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben
    • Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen
    • Patienten mit prolaktinabhängigen Tumoren
    • Patienten mit Hypotonie, Hypertonie, orthostatischer Dysregulation, Bradykardie, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie
    • Patienten mit angeborenem langen QT-Syndrom oder anderen klinisch signifikanten kardialen Störungen (insbesondere koronare Herzkrankheit, Erregungsleitungsstörungen, Arrhythmien)
  • Da Patienten, die mit Antipsychotika behandelt werden, häufig erworbene Risikofaktoren für venöse Thromboembolien (VTE) aufweisen, sollten alle möglichen Risikofaktoren für VTE vor und während der Behandlung mit Pipamperon identifiziert und Präventivmaßnahmen ergriffen werden.
  • Krampfanfälle/Konvulsionen
    • Pipamperon kann die Krampfschwelle senken.
    • Eine bestehende Antiepileptika-Therapie ist gegebenenfalls entsprechend anzupassen.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
QT-Zeit verlängernde Wirkstoffe Additive QT verlängernde Wirkung. Erhöhtes Risiko für Torsade de pointes Tachykardien. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, sollten Patienten über das Risiko der Herzrhythmusstörung informiert werden und bei Schwindel und Ohnmachtsanfällen sowie bei Durchfall oder Erbrechen (Elektrolytstörungen) umgehend einen Arzt aufsuchen. Monitoring von EKG und Elektrolytstatus erwägen.
Lithium Erhöhte Gefahr neurotoxisch extrapyramidaler und kardiotoxischer Wirkungen. Bei gleichzeitiger Gabe auf Neurotoxizität, Anzeichen von extrapyramidal- motorischen Störungen und/oder malignem neuroleptischen Syndrom achten.
Arzneimitteln, die die Krampfschwelle des Gehirns herabsetzen, z.B. Amitriptylin, Doxepin, Imipramin Erhöhtes Risiko von Krampfanfällen. Kombination vermeiden. Wenn ein Krampfanfall auftritt, ist die Behandlung abzubrechen.
Zentraldämpfende Arzneimittel und Stoffe, z.B. Ethanol Additive zentraldämpfende Wirkung. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, sorgfältig auf verstärkte zentraldämpfende Effekte achten. Eine ethanolfreie Alternative für  ethanolhaltige Arzneimittel erwägen.
Dopamin-Agonisten, z.B. Apomorphin, Cabergolin, Levodopa Wechselseitige Antagonisierung der therapeutischen Wirkung. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, sorgfältiges Monitoring der Wirksamkeit beider Arzneimittel.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIPSYCHOTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Butyrophenon-Derivate

Haloperidol

Haldol®
N05AD01
Diphenylbutylpiperidin-Derivate

Pimozid

Orap®
N05AG02
Diazepine, Oxazepine, Thiazepine und Oxepine

Clozapin

Leponex®
N05AH02

Olanzapin

Zyprexa®
N05AH03

Quetiapin

Seroquel®
N05AH04
Lithium

Lithium

Quilonum® retard, Hypnorex retard®
N05AN01
Andere Antipsychotika

Aripiprazol

Abilify®, Abilify Maintena®, Aripipan, Arpoya, Arpilif
N05AX12

Risperidon

Risperdal®
N05AX08

Referenzen

  1. Ketelaars,, Antipsychotica [Antipsychotika], Kenniscentrum-KJP [Wissenszentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie], 13. Januar 2009, http://www.kenniscentrum-kjp.nl/index.php?id=585&PHPSESSID=4a91f66b04c0f013b3aa2ce70a5c32a6(13 jan 2009)
  2. Eumedica, SmPC Dipiperon Tabletten (6762307.00.01), 03/2015
  3. Eumedica, SmPC Dipiperon Sirup (6762307.00.00), 03/2015
  4. Hexal , SmPC Pipamperon HEXAL Saft, 4 mg/ml Lösung zum Einnehmen (56009.00.00), 10/2014
  5. neuraxpharm, SmPC Pipamperon-neuraxpharm 40 mg, 120 mg (Tabletten) (48633.00.00), 09/2015
  6. Online GL. Gelbe Liste Online, https://www.gelbe-liste.de/, Accessed May 16
  7. Kloosterboer, SM et al., Pipamperone Population Pharmacokinetics Related to Effectiveness and Side Effects in Children and Adolescents, Clin Pharmacokinet, 2020, May 11

Änderungsverzeichnis

  • 17 Mai 2023 12:25: Korrektur: Die übliche Erhaltungsdosis ist 0,6 mg/kg/Dosis 2 x täglich (entspricht 1,2 mg/kg/Tag in 2 Dosen) anstatt 0,6 mg/kg/Tag in 2 Dosen in der Indikation "Zustände schwerer Aufregung und Unruhe" gemäß der Studie von Kloosterboer.
  • 10 September 2020 16:15: Neue Überarbeitung

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Symptome:
    • Nach einer Überdosierung wurden unerwünschte Nebenwirkungen wie extrapyramidale Symptome, Erregungszustände bis zu Krampfanfällen, Hypotonie, Tachykardie, Somnolenz, Kraftlosigkeit, Erbrechen und Müdigkeit, die bekanntlich auch bei normaler Dosierung auftreten, berichtet.
    • Im Falle einer Überdosierung wurden zusätzliche Reaktionen berichtet, wie Herzkreislauf-Stillstand, Torsades de Pointes, respiratorisches Versagen, Koma, Gehirnödem, Anoxie, zerebrale Ischämie, Azidose, paralytischer Darmverschluss, Übelkeit, Durchfall, Aggressionszustände, Desorientiertheit, Blässe, Unwohlsein, Miosis und anomale gastrointestinale Geräusche.
    • Im Rahmen von Überdosierung wurde über Todesfälle berichtet.
  • Therapie:
    • Magenspülung
    • Gabe von Aktivkohle
    • Es gibt kein spezifisches Antidot.
    • Empfohlene supportive und symptomatische Maßnahmen schließen die Freihaltung der Atemwege und im Bedarfsfall die assistierte künstliche Beatmung ein.
    • Wegen des Risikos der QT-Intervallverlängerung sollte unter konstanter Überwachung ein EKG-Monitoring durchgeführt werden.
    • Hypotension und Kreislaufstillstand können mit Infusion von Flüssigkeit, Plasma oder Albumin sowie von Katecholaminen wie Dopamin oder Dobutamin aufgefangen werden.
    • Extrapyramidale Symptome sollten mit Anticholinergika (Biperiden) behandelt werden.
    • Bei schweren anticholinergen Symptomen und Bewusstlosigkeit kann Physostigminsalicylat versucht werden (EKG-Kontrolle!).

[Ref.]