Thiamin (Vitamin B1)

Wirkstoff
Thiamin (Vitamin B1)
Handelsname
ATC-Code
A11DA01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Vitamin B1 ist ein essenzieller Wirkstoff. Thiamin wird im Organismus zu biologisch wirksamem Thiaminpyrophosphat (TPP) umgewandelt. TPP greift in wichtige Funktionen des Kohlenhydratstoffwechsels ein. Thiaminpyrophosphat wirkt als Coenzym bei der Umwandlung von Pyruvat zu Acetyl-CoA und bei der Transketolase im Pentosephosphatzyklus. Außerdem wirkt es bei der Umwandlung von α-Ketoglutarat zu Succinyl-CoA im Zitronensäurezyklus. Aufgrund enger Verknüpfungen im Stoffwechsel bestehen Wechselwirkungen mit den übrigen Vitaminen des B-Komplexes. Aus tierexperimentellen Modellen liegen Hinweise auf eine analgetische Wirkung vor.

Pharmakokinetik bei Kindern

Bezüglich der pharmakokinetischen Parameter von Thiamin bei Kindern wurden keine Untersuchungen durchgeführt.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Vitamin-B1-Mangelzustände
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen
    • intravenös
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen

  • Ahornsirupkrankheit (MSUD), Laktatazidose infolge eines Mangels von PDH (Pyruvat-Dehydrogenase) oder Komplex I der Atmungskette
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral bei Vitamin-B1-Mangelzuständen, sofern diese ernährungsmäßig nicht behoben werden können

ab 0 Jahren:

  • Initialdosis: 200 - 300 mg* täglich, in seltenen Fällen auch mehr
  • Weiterbehandlung: 50 - 200 mg* täglich
  • Die Dauer der Behandlung richtet sich nach der Ursache des Thiaminmangels.

*Da die in den Fachinformationen angegebenen Dosierungsangaben nicht einheitlich sind, wird hier deren Dosisbereich angegeben.

[Ref.]

Intravenös/intramuskulär zur Therapie klinischer Vitamin-B1-Mangelzustände

ab 0 Jahren:

  • 50 - 100 mg täglich, in Einzelfällen auch mehr

[Ref.]

Intravenös/intramuskulär zur Initialtherapie schwerer Formen der Wernicke-Enzephalopathie und der Beri-Beri

ab 18 Jahren:

  • Initialtherapie: 100 - 200 mg täglich
  • Zur Weiterbehandlung nach Abklingen der akuten Beschwerden stehen Präparate mit einer niedrigeren Wirkstoffdosis zur Verfügung.

[Ref.]

Oral bei Ahornsirupkrankheit (MSUD), Laktatazidose infolge eines Mangels von PDH (Pyruvat-Dehydrogenase) oder Komplex I der Atmungskette

Für diese Indikationen hat Thiamin (Vitamin B1) keine Zulassung in Deutschland.

Präparate im Handel

Tabletten 100 mg, 200 mg
Injektionslösung 25 mg/ml, 50 mg/ml, 100 mg/ml

Allgemein

Die im Handel befindlichen Präparate enthalten Thiamin in Form von Thiaminchloridhydrochlorid, Thiaminhydrochlorid oder Thiaminnitrat. Die Angabe der Wirkstoffkonzentration ist jeweils auf das Salz bezogen.

Orale Anwendung

Feste Arzneiformen

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke Salz
Zulassung
B1-Kattwiga Tabletten  100 mgT2 Thiaminnitrat ab 0 Jahren
Vitamin B1-ratiopharm® Tabletten  200 mgT4, M, S Thiaminhydrochlorid  ab 0 Jahren


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T4: teilbar in vier gleiche Dosen, M: mörserbar, S: suspendierbar

Anwendungshinweis:

  • Unzerkaut mit etwas Flüssigkeit einnehmen.

Parenterale Anwendung

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke Natriumgehalt Salz
Zulassung
Vitamin B1-Injektopas® Injektionslösung 25 mg/ml
50 mg/ml
<23 mg/Ampulle Thiaminchloridhydrochlorid ab 18 Jahren
Vitamin B1-ratiopharm® Injektionslösung 50 mg/ml k.A. Thiaminchloridhydrochlorid ab 0 Jahren
Vitamin B1 Hevert Injektionslösung 100 mg/ml k.A. Thiaminchloridhydrochlorid ab 18 Jahren


Anwendungshinweis:

  • Thiamin wird vorsichtig und langsam intramuskulär oder intravenös injiziert.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Vitamin-B1-Mangelzustände
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1]
      • 12,5 - 100 mg/Tag in 2 - 3 Dosen.
  • Intravenös
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1]
      • 25 - 100 mg/Tag in 2 - 3 Dosen. über 15 Minuten per Infusion verabreichen.
      • Eventuell intramuskuläre oder subkutane Verabreichung

Thiamin empfindliche Ahornsirupkrankheit (MSUD), Laktatazidose infolge eines Mangels von PDH (Pyruvat-Dehydrogenase) oder Komplex I der Atmungskette
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [2] [3] [4]
      • 50 - 200 mg/Tag in 1 Dosis
      • Es kann keine exakte Dosierung empfohlen werden. In Studien wurden stark abweichende Dosierungen angewendet: 10 bis 2400 mg/Tag.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende schwerwiegende UAW wurden selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Parenterale Anwendung: Schockzustände, Atemnot

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • anaphylaktoide Schockzustände nach parenteraler Gabe sind selten, aber möglich

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums führte zu keiner klinisch relevanten Interaktion.

VITAMIN B1, REIN UND IN KOMBINATION MIT VITAMIN B6 UND VITAMIN B12

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Fattal-Valevski A, et al , Outbreak of life-threatening thiamine deficiency in infants in Israel caused by a defective soy-based formula., Pediatrics., 2005, Feb;115(2), e233-8
  2. Naito E, et al, Thiamine-responsive lactic acidaemia: role of pyruvate dehydrogenase complex., Eur J Pediatr. , 1998, Aug;157(8), 648-52
  3. Duran M, et al, Thiamine-responsive inborn errors of metabolism, J Inherit Metab Dis, 1985, 8 Suppl 1:, 70-5
  4. Elsas LJ, et al, The role of thiamin in maple syrup urine disease, Ann N Y Acad Sci, 1982, 378, 404-21
  5. ratiopharm, SmPC Vitamin B1-ratiopharm® 50 mg/ml Injektionslösung (6043558.00.00), 07/2015
  6. ratiopharm, SmPC Vitamin B1-ratiopharm® 200 mg Tabletten (6043535.00.00), 07/2015
  7. Pascoe, SmPC Vitamin B1-Injektopas® 25 mg (6727825.00.00), 12/2014
  8. Pascoe, SmPC Vitamin B1-Injektopas® 100 mg (6727825.01.00), 12/2014
  9. Hevert, SmPC Vitamin B1 Hevert Injektionslösung (6290736.00.00), 09/2017
  10. Kattwiga, SmPC B1-Kattwiga, 100 mg Tabletten (2229.99.99), 11/2008

Änderungsverzeichnis

  • 17 Januar 2021 07:16: Spezifizierung des Indikationsnamens
  • 04 Dezember 2020 12:14: Aktualisierung
  • 04 Dezember 2020 12:14: Neue Recherche: Zulassungsstatus, Auszug aus Fachinformation, unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Warnhinweise, Kontraindikationen, Wechselwirkungen

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Orale Anwendung: infolge der großen therapeutischen Breite ist bisher keine Überdosierung bekannt geworden.
  • Parenterale Anwendung:
    • Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sind beim Menschen keine Überdosierungserscheinungen bekannt.
    • Bei wiederholter parenteraler Gabe kann es zu anaphylaktoiden Reaktionen mit Kreislaufkollaps kommen.
    • Allgemein übliche intensivmedizinische Sofortmaßnahmen, entsprechend der Symptomatik, sind einzuleiten.
    • Sehr hohe intravenöse Dosen (> 10 g) haben eine ganglienblockierende Wirkung und unterdrücken Curare-ähnlich die neurale Reizübertragung.

[Ref.]