Entecavir

Wirkstoff
Entecavir
Handelsname
Baraclude®
ATC-Code
J05AF10

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Entecavir ist ein selektiver, kompetitiver, nucleosidischer Hemmstoff der reversen Transkriptase (NRTI) von Hepatitis B-Viren. Dadurch wird die für die Virusreplikation notwendige Umschreibung der viralen RNA in DNA blockiert, der Einbau in das menschliche Genom verhindert und folglich die Virusvermehrung gehemmt. Die Substanz kann nur den Befall weiterer Zellen verhindern, bei bereits in eine Wirtszelle inkorporierten Viren ist sie unwirksam. 

Pharmakokinetik bei Kindern

Die Steady-State-Pharmakokinetik von Entecavir wurde bei 24 nukleosid-naiven HBeAg-positiven pädiatrischen Patienten im Alter von 2 - < 18 Jahren mit kompensierter Lebererkrankung untersucht (Studie 028). Die Entecavir-Exposition bei den nukleosid-naiven Probanden, die 1 x täglich 0,015 mg/kg bis zu einer Höchstdosis von 0,5 mg erhielten, war mit der Exposition vergleichbar, die bei Erwachsenen erreicht wurde, die 1 x täglich 0,5 mg erhielten. Die Cmax,  AUC0 - 24 und Cmin für diese Probanden betrug 6,31 ng/mL, 18,33 ng h/mL bzw. 0,28 ng/mL.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Chronische Hepatits-B-Virus-Infektion bei Nucleosid-naiven Patienten
    • oral
      • ≥0 Jahre bis <2 Jahre: off-label
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen*

*mit kompensierter Lebererkrankung und nachgewiesener aktiver Virusreplikation, persistierend erhöhten Serumspiegeln der Alaninaminotransferase (ALT) oder mit einem histologischen Befund einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose.

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral bei Behandlung der chronischen Hepatitis-B-Virus-Infektion (HBV) mit kompensierter Lebererkrankung und nachgewiesener aktiver Virusreplikation, persistierend erhöhten Serumspiegeln der Alaninaminotransferase (ALT) sowie mit einem histologischen Befund einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose

Kinder ab einem Körpergewicht von 10 kg:

  • Das Körpergewicht sollte auf die nächste 0,1 kg – Dezimalstelle gerundet werden
  • Dosis: siehe Tabelle, verteilt auf eine Gabe

    Körpergewicht

    Dosis

    10,0 – 14,1 kg

    0,2 mg
    14,2 – 15,8 kg 0,225 mg
    15,9 – 17,4 kg 0,25 mg
    17,5 – 19,1 kg 0,275 mg
    19,2 – 20,8 kg 0,3 mg
    20,9 – 22,5 kg 0,325 mg
    22,6 – 24,1 kg 0,35 mg
    24,2 – 25,8 kg 0,375 mg
    25,9 – 27,5 kg 0,4 mg
    27,6 – 29,1 kg 0,425 mg
    29,2 – 30,8 kg 0,45 mg
    30,9 – 32,5 kg 0,475 mg
    ab 32,6 kg 0,5 mg


Kinder und Jugendliche ab einem Körpergewicht von 32,6 kg:

  • Nukleosid-naive Patienten: 0,5 mg verteilt auf eine Gabe

Erwachsene ab 18 Jahren:

  • Nukleosid-naive Patienten: 0,5 mg verteilt auf eine Gabe
  • Lamivudin-refraktäre Patienten: 1 mg verteilt auf eine Gabe

[Ref.]

Präparate im Handel

Orale Anwendung

Für die orale Anwendung stehen derzeit Tabletten und eine Lösung zum Einnehmen zur Verfügung.

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Arzneiform Stärke Problematische Hilfsstoffe Aroma
Baraclude® Filmtabletten 0,5 mg T0 / 1 mg T0 Polysorbat 80
Lactose
-
Entecavir Klinge Filmtabletten 0,5 mg T2 / 1 mg T2 Polysorbat 80
Lactose
-
Entecavir Glenmark Filmtabletten 0,5 mg T2 / 1 mg T2 Polysorbat 80
Lactose
-
Baraclude® Lösung zum Einnehmen 0,05 mg/ml Methyl-4-hydroxybenzoat
Propyl-4-hydroxybenzoat
Orange


T0= nicht teilbar, T2= teilbar in 2 gleiche Dosen

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Chronische Hepatitis-B-Virus-Infektion (HBV) bei Nucleosid-naiven Patienten
  • Oral

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Bei reduzierter Nierenfunktion bei Erwachsenen:

Kreatininclearance 30-50 ml/min: 50% der Initialdosis;

Kreatininclearance 10-30 ml/min: 30% der Initialdosis;

Bei einer Kreatininclearance unter 10 ml/min: der Hersteller empfiehlt nukleosid-naiven Patienten 0,05 mg 1 x täglich oder 0,5 mg 1 x alle 5 - 7 Tage.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Die bei pädiatrischen, mit Entecavir behandelten Patienten verzeichneten Nebenwirkungen stimmten mit den in klinischen Untersuchungen von Entecavir an Erwachsenen beobachteten Nebenwirkungen überein mit der Ausnahme, dass eine Neutropenie sehr häufig (≥10 %) bei Jugendlichen vorkam.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • Schlaflosigkeit
  • Kopfschmerzen, Schwindel, Somnolenz
  • Erbrechen, Diarrhoe, Übelkeit, Dyspepsie
  • Erhöhte Transaminasen
  • Ausschlag, Alopezie
  • Erschöpfung


Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet (<0,1 %):

  • Anaphylaktoide Reaktion


Die vollständige Auflistung aller Nebenwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

[Ref.]

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

  • Bei Kindern und Jugendlichen mit Ausgangs-HBV-DNA ≥8,0 log10 I.E./ml wurde ein geringeres virologisches Ansprechen (HBV-DNA <50 I.E./ml) beobachtet. Entecavir sollte bei diesen Patienten nur angewendet werden, wenn der potenzielle Nutzen das potenzielle Risiko für das Kind rechtfertigt (z. B. Resistenz). [Ref.]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Patienten sollten auf folgendes hingewiesen werden: Es ist nicht nachgewiesen worden, dass durch die Behandlung mit Entecavir das Risiko einer Übertragung von HBV reduziert wird. Es sind daher weiterhin geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
  • Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion wird eine Dosisanpassung empfohlen.
  • Patienten mit einer dekompensierten Lebererkrankung haben ein höheres Risiko für eine Laktatazidose und für spezifische renale unerwünschte Ereignisse, z. B. ein Hepatorenales Syndrom.
  • Die Behandlung mit Nukleosidanaloga sollte bei Auftreten von schnell ansteigenden Transaminasespiegeln, progressiver Hepatomegalie oder metabolischer Azidose/Laktatazidose unklarer Genese abgebrochen werden. Leichte Verdauungsbeschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen können auf eine beginnende Laktatazidose hinweisen. Schwere Fälle, davon einige mit tödlichem Ausgang, gingen einher mit Pankreatitis, Leberversagen/hepatischer Steatose, Nierenversagen und erhöhten Serum-Laktatspiegeln. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Nukleosidanaloga an Patienten (insbesondere an übergewichtige Frauen) mit Hepatomegalie, Hepatitis oder anderen bekannten Risikofaktoren für eine Lebererkrankung verordnet werden. Diese Patienten sollten engmaschig überwacht werden.

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

[Ref.]

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums führte zu keiner klinisch relevanten Interaktion.

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

DIREKT WIRKENDE ANTIVIRALE MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Nukleoside und Nukleotide, exkl. Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Aciclovir - oral und intravenös

Acic®, Wariviron®, Zovirax®
J05AB01

Cidofovir

Vistide®
J05AB12

Ganciclovir

Cymeven®
J05AB06

Remdesivir

Veklury®
J05AB16

Valaciclovir

Valtrex®
J05AB11

Valganciclovir

Valcyte®
J05AB14
Phosphonsäure-Derivate

Foscarnet

Foscavir®
J05AD01
Proteasehemmer

Atazanavir

Reyataz®
J05AE08

Ritonavir

Norvir®
J05AE03
Nukleosidale und nukleotidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Abacavir

Ziagen®
J05AF06

Emtricitabin

Emtriva®
J05AF09

Lamivudin

Epivir®, Zeffix®
J05AF05
J05AF13
J05AF07

Zidovudin

Retrovir®
J05AF01
Nicht-Nukleosidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Doravirin

Pifeltro®
J05AG06

Etravirin

Intelence®
J05AG04

Nevirapin

Viramune®
J05AG01
Neuraminidasehemmer

Oseltamivir

Tamiflu®
J05AH02

Zanamivir

Relenza®, Dectova®
J05AH01
Antivirale Mittel zur Behandlung von HIV Infektionen, Kombinationen
J05AR20
J05AR13
J05AR25
J05AR18
J05AR19
J05AR03
J05AR09

Lopinavir + Ritonavir

Kaletra®; Syn.: LPV
J05AR10
Andere antivirale Mittel

Dolutegravir

Tivicay®
J05AX12

Raltegravir

Isentress®
J05AX08
J05AX24
Antivirale Mittel zur Behandlung von Hepatitis C Infektionen
J05AP57
J05AP51

Sofosbuvir

Sovaldi®
J05AP08
J05AP55

Referenzen

  1. BRISTOL-MYERS SQUIBB PHARMA EEIG, SmPC Baraclude (EU/1/06/343/001-005) Rev 27, 11-02-2022, www.ema.europa.eu
  2. Bristol-Myers Squibb, SmPC Baraclude 0,05mg/ml Lösung zum Einnehmen (EU/1/06/343/005), 04/2016
  3. Bristol-Myers Squibb, SmPC Baraclude 0,5mg/1mg Filmtabletten (EU/1/06/343/003), 04/2016
  4. Klinge, SmPC Entecavir 0,5mg/1mg Filmtabletten (98007.00.00), 04/2017
  5. Glenmark, SmPC Entecavir Glenmark 0,5mg Filmtabletten (98009.00.00), 07/2017
  6. Glenmark, SmPC Entecavir 1mg Filmtabletten (98010.00.00), 06/2017
  7. Online GL. Gelbe Liste Online, https://www.gelbe-liste.de/, Accessed July 4, 2018
  8. AVOXA, ABDA-Datenbank Wirkstoffdossier Entecavir, Letzte Bearbeitung 04/2019, aufgerufen am 08.04.2019

Änderungsverzeichnis

  • 03 Juli 2023 14:28: PK Daten gemäß SmPC aktualisiert

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung