Acetazolamid

Wirkstoff
Acetazolamid
Handelsname
Diamox®, Glaupax®, Acemit®
ATC-Code
S01EC01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Acetazolamid ist ein wirksamer Hemmstoff des Enzyms Carboanhydrase, das in zahlreichen Strukturen des Augeninnern, einschließlich des Ziliarkörpers, vorkommt. Am Auge führt Acetazolamid zu einer Reduktion des Bicarbonatgehaltes im Kammerwasser, wodurch es via Kammerwasserproduktionshemmung zur Senkung des intraokularen Druckes kommt.
In der Niere wird die tubuläre Resorption von Bicarbonationen stark eingeschränkt und dadurch werden Natrium- und Kaliumionen vermehrt ausgeschieden. Der damit verbundene diuretische Effekt nimmt nach einigen Tagen ab. Dagegen bleibt die Carboanhydrase-Hemmung am Ziliarkörper wirksam und die Abnahme der Kammerwasserproduktion bleibt erhalten.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es liegen keine speziellen Daten für Kinder vor.

Erwachsene

Acetazolamid wird rasch und praktisch vollständig resorbiert. Maximale Blutspiegel werden nach ca. 2 Stunden erreicht. Der Wirkstoff wird bis zu 90 % an Plasma-Eiweiß gebunden. Acetazolamid wird zu fast 100 % unverändert renal ausgeschieden. [Ref.]

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Epilepsie, adjuvante Therapie
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
    • intravenös
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
  • Senkung des Augeninnendrucks
    • oral
      • ≥1 Jahr bis <18 Jahre: off-label
  • Senkung des intrakraniellen Drucks
    • oral
      • ≥1 Jahr bis <18 Jahre: off-label
  • Ödeme
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral

  • Als zusätzliches Arzneimittel in Kombination mit anderen Augeninnendruck senkenden, lokal angewendeten Arzneimitteln (außer Carboanhydrase-Hemmern) empfohlen, wenn die Monotherapie mit diesen Arzneimitteln oder eine andere nebenwirkungsärmere lokale Therapie keine ausreichende Senkung des Augeninnendrucks erzielt hat, oder wenn eine lokale Therapie nicht durchführbar ist. In diesen Fällen sind Acetazolamid Tabletten zur Behandlung des primären chronischen Weitwinkelglaukoms (Offenwinkelglaukoms) der präoperativen Kurzzeitbehandlung des akuten Winkelblockglaukoms zusammen mit Miotika und Osmotika, zur Behandlung von Sekundärglaukom, sowie nach Katarakt- und Glaukomoperationen zu empfehlen, um einen Anstieg des Augeninnendrucks vorzubeugen. [Ref.]
  • Glaukomanfall; akute Druckanstiege bei Sekundärglaukomen; präoperative Kurzzeitbehandlung des akuten Winkelblockglaukoms; Glaukombehandlung bei unzureichender Wirkung lokaler Antiglaukomatosa [Ref.]
  • Glaukom, Ödeme unterschiedlicher Genese, Ateminsuffizienz mit respiratorischer Azidose, Epilepsie [Ref.]
  • Eine Behandlung mit Acetazolamid ist bei Kindern sorgfältig abzuwägen, da bisher noch keine spezifischen Erfahrungen vorliegen [Ref.]
  • Dosierung bei Erwachsenen:
    • Bei primärem chronischem Weitwinkelglaukom, Sekundärglaukom und nach Katarakt- und Glaukomoperationen:
      • 125 – 500 mg 1 – 2x täglich [Ref.]
    • Bei akutem Glaukomanfall: [Ref.]
      • Initialdosis: 500 mg [Ref.]
      • Alle 4 – 6 Stunden 125 – 250 mg [Ref.]
      • Langzeittherapie: 125 – 1000 mg 1 – 2x täglich [Ref.]
      • Dosis entsprechend dem intraokularen Druckverlauf allmählich reduzieren [Ref.]
    • Ödeme:
      • Anfangsdosis: 250 – 375 mg 1x täglich morgens [Ref.]
      • Die besten Ergebnisse werden oft mit einer Dosis von 250 - 375 mg täglich über 2 Tage erzielt (danach 1 Tag Pause) - oder mit derselben Tagesdosis, gegeben an jedem 2.-3. Tag [Ref.]
    • Ateminsuffizienz und respiratorische Azidose:
      • Kontinuierliche Gabe von Acetazolamid über längere Zeit: täglich 500 – 750 mg [Ref.]
    • Epilepsie:
      • 8 - 30 mg/kg KG täglich in geteilten Dosen [Ref.]

Parenteral [Ref.]

  • Epilepsie:
    • Status epilepticus: 1 Injektionsflasche (500 mg) i.ν. [Ref.]
  • Zugelassen bei Erwachsenen:
    • Akuter Glaukomanfall:
      • 500 mg Acetazolamid i.v. [Ref.]
    • Ateminsuffizienz und respiratorische Azidose:
      • Kontinuierliche Gabe von Acetazolamid über längere Zeit: täglich 500 - 750 mg [Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 250 mg
Injektionslösung 100 mg/1 ml

Allgemein

Die perorale Anwendung von Diamox® ist zu bevorzugen. Wenn diese nicht durchführbar ist, kann das Präparat in der gleichen Dosierung langsam intravenös injiziert oder als Dauertropf infundiert werden. Es kann auch intramuskulär gegeben werden. [Ref.]

Orale Anwendung

Tabletten

Die Tabletten werden mit Flüssigkeit in der Regel zu den Mahlzeiten eingenommen. [Ref.]

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke
Diamox® (außer Vertrieb) Tabletten 250 mg
Glaupax® Tabletten 250 mgT2
Acemit® Tabletten 250 mgT2


T2: teilbar in 2 gleiche Dosen

Parenterale Anwendung

Injektionslösung

Als Acetazolamid-Natrium [Ref.]

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke
Diamox® parenteral (außer Vertrieb) Trockensubstanz zur Herstellung einer Injektionslösung 500 mg/5 ml

 

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Gehe zu:

Epilepsie, adjuvante Therapie
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2]
      • 8 - 30 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 1.500 mg/Tag.
      • off-label

  • Intravenös
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2]
      • 8 - 30 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 1.500 mg/Tag.
      • Parenterale Verabreichung ausschließlich im Notfall

        off-label

Senkung des Augeninnendrucks
Senkung des intrakraniellen Drucks
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [9] [10]
      • Initialdosis: 30 mg/kg/Tag in 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Falls erforderlich, erhöhen auf max. 100 mg/kg/Tag in 3 Dosen. Max: 1.500 mg/Tag.
      • Elektrolytbalance überwachen und eventuell mit Kalium und Bikarbonat ausgleichen.
        Fallspezifische Dosierung.

        off-label

Ödeme
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [2]
      • Morgens 5 mg/kg/Tag in 1 Dosis. Max: 375 mg/Tag.
      • Behandlungsdauer:

        2 Tage, danach 1 Tag Pause. Danach Wiederholung dieses Schemas.

      • off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Dosisanpassung nicht erforderlich
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
50 Prozent der Einzeldosis und Dosierungsintervall: 12 Stunden
Weitere Dosierungen je nach Wirksamkeit mit max. 2 x täglich 250 mg
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
50 Prozent der Einzeldosis und Dosierungsintervall: 12 Stunden
Weitere Dosierungen je nach Wirksamkeit mit max. 2 x täglich 250 mg
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Es kann keine allgemeingültige Empfehlung erteilt werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Azidose, Nieren- und Leberfunktionsstörungen, Hautreaktionen, Hypersensitivitätsreaktionen
Bei Langzeitanwendung: metabolische Azidose, Nierensteine, Knochenmarkdepression

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): metabolische Azidose, Parästhesien (Kribbeln, Taubheitsgefühl), Ataxie, Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdrucksenkungen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Muskelverspannungen, Wadenkrämpfe, vermehrte Diurese, Müdigkeit

Gelegentlich (0,1-1 %): Störungen des Elektrolythaushaltes (Kalium, Calcium, Natrium, Magnesium, Chlorid), Hypercalciurie, Verwirrtheit, Depression, transitorische Myopien, Tinnitus und Hörstörungen, Urtikaria

Selten (0,01-0,1 %): vermehrte Atembeschwerden bei Patienten mit Herz- oder Lungenkrankheiten, Hepatitis, cholestatischer Ikterus, fulminante Lebernekrose, Sulfonamid-Nephropathie, Calciumphosphat-Steinbildung (Nephrolithiasis), metabolischen Azidose, Hypercalciurie mit Bildung von Nierensteinen

Sehr selten (<0,01 %): anaphylaktische Reaktionen, Exanthem (einschließlich Erythema multiforme), Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse, Fieber, Lichtempfindlichkeit

Häufigkeit nicht bekannt: Blutbildveränderungen (aplastische Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie, thrombozytische Purpura, Agranulozytose, Knochenmarkdepression, Panzytopenie), Hyperglykämie, Hypoglykämie, Osteomalazie, schlaffe Lähmungen, Konvulsionen, Reizbarkeit, Erregung, Schwächegefühl/Benommenheit, Leistungsabfall, Engwinkelglaukom, Appetitlosigkeit, Geschmacksstörungen, krampfartige Schmerzen oder Teerstühle, abnormale Leberfunktionswerte, akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP), Hämaturie, Glukosurie, Kristallurie, Nieren- und Harnleiter-Koliken, Nierenschädigung, Nierenversagen, Störungen des Elektrolythaushaltes (Kalium, Calcium, Natrium, Magnesium, Chlorid), Muskel-, Wadenkrämpfen, Hyperurikämie, Gichtanfälle, Hitzewallungen, verminderte Libido, Durst; Aderhauterguss (choroidaler Erguss), Aderhautabhebung [AkdÄ Drug Safety Mail]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • erniedrigter Natrium- und Kaliumspiegel im Serum
  • hyperchlorämische Acidose
  • Patienten mit Leberzirrhose, da das Risiko einer hepatischen Enzephalopathie zunehmen kann
  • schwere Nieren- und Lebererkrankung
  • Nebenniereninsuffizienz
  • Hypercalciurie
  • Nephrocalcinose
  • langfristige Behandlung bei Patienten mit chronischem nicht-kongestivem Glaukom mit Verschluss des Kammerwinkels, weil die Verschlechterung des Glaukoms durch den erniedrigten intraokularen Druck maskiert werden kann

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Es können Kreuzallergien mit anderen Sulfonamiden auftreten. Bei längerem Gebrauch ist auf Anzeichen für eine metabolische Azidose zu achten. Vorsicht bei Herzrhythmusstörungen, Digoxin- oder Corticosteroidtherapie.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

GLAUKOMMITTEL UND MIOTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Parasympathomimetika

Pilocarpin - okulär

Pilomann®, Spersacarpin®
S01EB01
Prostaglandin-Analoga*

Latanoprost

Xalatan®
S01EE01

Referenzen

  1. Katayama F, et al, Long-term effectiveness and side effects of acetazolamide as an adjunct to other anticonvulsants in the treatment of refractory epilepsies, Brain Dev, 2002, Apr;24(3), 150-4
  2. Goldshield Pharmaceuticals Ltd., SPC Diamox (RVG 00644), www.cbg-meb.nl, aufgerufen 18. August 2010, http://db.cbg-meb.nl/IB-teksten/h00644.pdf
  3. Sharan S, et al, The effect of oral acetazolamide on weight gain in children, Can J Ophthalmol, 2010 , Feb;45(1), 41-5
  4. Sabri K, et al, The additive effect of topical dorzolamide and systemic acetazolamide in pediatric glaucoma, J AAPOS, 2006 , Oct;10(5), 464-8
  5. Zierhut M, et al, Treatment of uveitic macular edema with acetazolamide, Doc Ophthalmol, 1999, 97(3-4), 409-13
  6. Portellos M, et al, Topical versus oral carbonic anhydrase inhibitor therapy for pediatric glaucoma, J AAPOS, 1998, Feb;2(1), 43-7
  7. Haas J. , Principles and problems of therapy in congenital glaucoma., Invest Ophthalmol., 1968, Apr;7(2), 140-6
  8. Galin MA, et al, Acetazolamide and outflow facility, Arch Ophthalmol, 1966, Oct;76(4), 493-7
  9. Carrion E, et al, Use of acetazolamide to decrease cerebrospinal fluid production in chronically ventilated patients with ventriculopleural shunts., Arch Dis Child., 2001, Jan;84(1), 68-71
  10. Shinnar S, et al, Management of hydrocephalus in infancy: use of acetazolamide and furosemide to avoid cerebrospinal fluid shunts., J Pediatr, 1985, Jul;107(1), 31-7
  11. Goldshield, SmPC Diamox®, 250 mg Tabletten (Reg.-Nr.: D1188 / Reg.-Nr.: D1189), 10/2010
  12. OmniVision, SmPC Glaupax®, 250 mg Tabletten (6309022.00.00), 01/2018
  13. medphano, SmpC Acemit®, 250 mg Tabletten (3002026.00.00), 07/2015
  14. MMI, Online GL. Gelbe Liste Online | Acetazolamid, Accessed June 22, 2018.
  15. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, AkdÄ Drug Safety Mail 2023-45, https://www.akdae.de/arzneimittelsicherheit/drug-safety-mail/newsdetail/drug-safety-mail-2023-45, 06.10.2023

Änderungsverzeichnis

  • 03 Dezember 2020 14:41: neue Recherche: Warnhinweise & Vorsichtsmaßnahmen

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung