Coffein

Wirkstoff
Coffein
Handelsname
Peyona®, Gencebok®
ATC-Code
N06BC01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Coffein ist ein Xanthinderivat. Die Wirkung wird über eine Antagonisierung der Adenosinrezeptoren im ZNS und eine Hemmung der Phosphodiesterase und damit eine Erhöhung der cAMP Konzentration vermittelt. Coffein wirkt hauptsächlich als ZNS-Stimulans. Darauf beruht auch die Wirkung von Coffein bei der Frühgeborenenapnoe, für die verschiedene der Wirkung zugrundeliegende Mechanismen vorgeschlagen wurden: (1) Stimulation des Atemzentrums, (2) Erhöhung der Minutenventilation, (3) Absenkung der Hyperkapnieschwelle, (4) gesteigerte Hyperkapnieantwort, (5) Erhöhung des Skelettmuskeltonus, (6) Verminderung der Zwerchfellerschöpfung, (7) Erhöhung der Stoffwechselrate und (8) Erhöhung des Sauerstoffverbrauchs.

Pharmakokinetik bei Kindern

Bei Neugeborenen bis 3 Monate findet kaum Metabolisierung statt, die Ausscheidung erfolgt vorwiegend in unveränderter Form über den Urin (ca. 85 %). Die Eliminationshalbwertszeit für Neugeborene beträgt 3-4 Tage. Die Clearance bei Neugeborenen (8,9 ml/kg/Stunde, Bereich 2,5 - 17) korreliert direkt mit dem Körpergewicht und dem postnatalen Alter. Das Verteilungsvolumen beträgt bei Neugeborenen 0,8-0,9 l/kg.

Nach oraler Gabe von 10 mg Coffeinbase/kg Körpergewicht bei Frühgeborenen liegt die maximale Plasmakonzentration (Cmax) von Coffein im Bereich von 6 bis 10 mg/l und die mittlere Zeit bis zum Erreichen der maximalen Konzentration (tmax) im Bereich von 30 min bis 2 h [SmPC Peyona].

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Frühgeborenenapnoe
    • oral
      • Frühgeborene Gestationsalter <37 Wochen:
        • Coffein (Base): off-label
        • Coffeincitrat: zugelassen
    • intravenös
      • Frühgeborene Gestationsalter <37 Wochen:
        • Coffein (Base): off-label
        • Coffeincitrat: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral und Intravenös zur Behandlung der primären Apnoe bei Frühgeborenen.

Frühgeborene

  • Das empfohlene Dosierregime für bis dahin unbehandelte Kinder sieht eine Initialdosis von 20 mg Coffeincitrat pro kg Körpergewicht vor, angewendet als langsame intravenöse Infusion über 30 Minuten unter Verwendung einer Spritzeninfusionspumpe oder einer sonstigen skalierten Infusionsvorrichtung. Nach einem Intervall von 24 Stunden können dann Erhaltungsdosen von 5 mg pro kg Körpergewicht als langsame intravenöse Infusion über 10 Minuten alle 24 Stunden gegeben werden. Alternativ können Erhaltungsdosen von 5 mg pro kg Körpergewicht oral gegeben werden, zum Beispiel über eine nasogastrale Sonde alle 24 Stunden.
  • Bei Frühgeborenen, die nicht ausreichend auf die empfohlene Initialdosis ansprechen, kann nach 24 Stunden eine zweite Initialdosis von maximal 10 – 20 mg/kg gegeben werden. Höhere Erhaltungsdosen von 10 mg/kg Körpergewicht könnten für den Fall eines unzureichenden Ansprechens in Betracht gezogen werden, wobei an das Potenzial für eine Coffein-Akkumulation aufgrund der langen Halbwertszeit bei Frühgeborenen und die im Verhältnis zum postmenstruellen Alter fortschreitend zunehmende Fähigkeit zur Metabolisierung von Coffein zu denken ist. Sofern dies klinisch angezeigt ist, sollten die Coffeinspiegel im Plasma kontrolliert werden. Die Diagnose einer Frühgeborenenapnoe muss möglicherweise überdacht werden, wenn die Patienten nicht hinreichend auf eine zweite Initialdosis oder Erhaltungsdosis von 10 mg/kg/ Tag ansprechen
  • Die optimale Behandlungsdauer steht bislang nicht fest. In einer neueren groß angelegten Multizenterstudie bei Frühgeborenen wurde eine mediane Behandlungsdauer von 37 Tagen berichtet.
    In der klinischen Praxis wird die Behandlung gewöhnlich so lange fortgesetzt, bis das Kind ein post-menstruelles Alter von 37 Wochen erreicht hat. Bis zu dieser Zeit verschwindet die Frühgeborenenapnoe gewöhnlich spontan.

[Ref.]

Präparate im Handel

Infusionslösung und Lösung zum Einnehmen 10 mg/mL, 20 mg/mL

Die im Handel befindlichen Fertigpräparate mit der Zulassung "Behandlung der primären Apnoe bei Frühgeborenen" enthalten und beziehen sich auf Coffein-Citronensäure-Gemisch (1:1) (Coffeincitrat).

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Coffeincitrat) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Schulungsmaterial Altersangabe
Peyona Infusionslösung und Lösung zum Einnehmen 20 mg/mL (≙ 10 mg Coffein/mL) intravenös, oral natriumfrei - Blaue Hand Frühgeborene
Gencebok Infusionslösung und Lösung zum Einnehmen 10 mg/mL (≙ 5 mg Coffein/mL) intravenös, oral k.A. - Blaue Hand Frühgeborene


k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 03.01.2023 aufgerufen.

Anwendungshinweis:

  • Coffeincitrat kann als intravenöse Infusion und als Lösung zum Einnehmen angewendet werden. Das Arzneimittel darf nicht als intramuskuläre, subkutane, intrathekale oder intraperitoneale Injektion angewendet werden.
  • Bei intravenöser Anwendung sollte Coffeincitrat über eine kontrollierte intravenöse Infusion gegeben werden, die nur unter Verwendung einer Spritzeninfusionspumpe oder sonstigen skalierten Infusionsvorrichtungen vorgenommen werden sollte. Coffeincitrat kann entweder unverdünnt angewendet werden oder in sterilen Infusionslösungen wie Glucose 50 mg/ml (5 %), Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9 %) oder Calciumgluconat 100 mg/ml (10 %) unmittelbar nach Entnahme aus der Ampulle verdünnt werden.

Rezepturhinweise

Als Rezeptursubstanz ist nur (noch) Coffein verfügbar.

Es gibt eine NRF-Rezepturvorschrift:

Weitere Rezepturformeln sind:

Umrechnungsfaktor: 10 mg Coffein ≙ 20 mg Coffeincitrat

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Frühgeborenenapnoe
  • Oral
    • Frühgeborene, Gestationsalter < 37 Wochen
      [1] [5] [6] [7]
      • Coffein (Base):
        Initialdosis: 10 mg/kg/Tag in 1 Dosis
        Erhaltungsdosis: 2,5-5 mg/kg/Tag in 1 Dosis
        off-label

        Coffeincitrat (Peyona®, Gencebok®):
        Initialdosis: 20 mg/kg/Tag in 1 Dosis
        Erhaltungsdosis: 5-10 mg/kg/Tag in 1 Dosis
        Die Infusionslösung kann oral verabreicht werden.

  • Intravenös
    • Frühgeborene, Gestationsalter < 37 Wochen
      [1] [5] [6] [7]
      • Coffein (Base):
        Initialdosis: 10 mg/kg/Tag in 1 Dosis als langsame intravenöse Infusion über 30 Minuten
        Erhaltungsdosis: 2,5-5 mg/kg/Tag in 1 Dosis als langsame intravenöse Infusion über 10 Minuten
        off-label

        Coffeincitrat (Peyona®, Gencebok®):
        Initialdosis: 20 mg/kg/Tag in 1 Dosis als langsame intravenöse Infusion über 30 Minuten
        Erhaltungsdosis: 5-10 mg/kg/Tag in 1 Dosis als langsame intravenöse Infusion über 10 Minuten

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Unerwünschte Wirkungen, die das zentrale Nervensystem betreffen, sind bei Kindern in der Regel schwerwiegender als bei Erwachsenen.

Bei der Anwendung bei Frühgeborenen wurde berichtet über: Sepsis, Hypo- oder Hyperglykämie, Wachstumsverzögerung, Nahrungsmittelintoleranz, Reizbarkeit, Nervosität, Unruhe, Tachykardie, erhöhter linksventrikulärer Ausfluss, gesteigertes Schlagvolumen, Regurgitation, gesteigerte Diurese, erhöhte Natrium- und Calciumkonzentration im Urin, erniedrigter Hb-Wert, erniedrigte Thyroxinkonzentration, Phlebitis oder Entzündung an der Infusionsstelle und Überempfindlichkeitsreaktionen. Bei Überdosierung können bei Frühgeborenen Konvulsionen auftreten.

In den ersten drei Wochen wurde eine verringerte Gewichtszunahme festgestellt.

Bei Kindern wurde zu Beginn der Therapie ein vorübergehender Abfall von Thyroxin (T4) festgestellt, der aber unter der Erhaltungstherapie nicht fortbestand. [SmPC Peyona]

 

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): Hyperglykämie, Tachykardie, Phlebitis an der Infusionsstelle, Entzündung an der Infusionsstelle

Gelegentlich (0,1-1 %): Krämpfe, Arrhythmie

Selten (0,01-0,1 %): Überempfindlichkeitsreaktion

Häufigkeit nicht bekannt: Sepsis, Hypoglykämie, Gedeihstörung, Ernährungsunverträglichkeit, Reizbarkeit, Nervosität, Ruhelosigkeit, Hirnschädigung, Taubheit, erhöhter linksventrikulärer Auswurf und erhöhtes Schlagvolumen, Regurgitation, vermehrte Aspiration von Mageninhalt, nekrotisierende Enterokolitis, vermehrte Urinausscheidung, Natrium und Calcium im Urin erhöht, Hämoglobin vermindert, Thyroxin vermindert

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Intoxikationssymptome bei Frühgeborenen: Hyperglykämie, Hypokaliämie, feiner Tremor der Extremitäten, Ruhelosigkeit, Hypertonie, Opisthotonus, tonisch-klonische Bewegungen, Krampfanfälle, Tachypnoe, Tachykardie, Erbrechen, gastrale Reizung, gastrointestinale Blutung, Pyrexie, Nervosität, erhöhter Blutharnstoff und vermehrte Zahl weißer Blutzellen sowie unmotivierte Kiefer- und Lippenbewegungen. Es wurden keine Todesfälle im Zusammenhang mit einer Coffeinüberdosierung bei Frühgeborenen berichtet.

Falls die Mutter unmittelbar vor der Geburt große Mengen Coffein zu sich genommen hat oder falls das Neugeborene mit Theophyllin vorbehandelt wurde, sollte vor der Behandlung der Basis-Coffeinspiegel im Plasma (Ausgangswert) bestimmt werden.

Vorsicht bei sehr Frühgeborene mit extremer Unreife (<28 Wochen), Neugeborenen mit beeinträchtigter Nieren- oder Leberfunktion, gastroösophagealem Reflux, epileptischen oder kardialen Erkrankungen. Vorsicht, wenn zuvor auf einem Kardiotokogramm (CTG) ungewöhnliche Herzrhythmusstörungen aufgetreten ist.

Da Coffein bei Frühgeborenen aufgrund seiner langen Halbwertszeit akkumulieren kann, ist bei bei Kindern, die über längere Zeit behandelt werden, eine Überwachung erforderlich. Das Ausbleiben eines Therapieansprechens kann auf eine andere Apnoe Ursache hinweisen.

Es liegen Berichte über einen möglichen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Methylxanthinen und der Entwicklung einer nekrotisierenden Enterokolitis vor. Jedoch zeigte eine groß angelegte Multizenterstudie (n = 2006), die die langfristige Entwicklung von mit Coffeincitrat behandelten Frühgeborenen untersuchte, keine erhöhte Häufigkeit für das Auftreten einer nekrotisierenden Enterokolitis in der Coffein-Gruppe im Vergleich zur Plazebo-Gruppe. [SmPC Peyona]

Die Behandlung mit Coffein kann zu einem erhöhten Bedarf an Energie und Nährstoffen führen und den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt stören.

[SmPC Peyona]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

PSYCHOSTIMULANZIEN, MITTEL ZUR BEHANDLUNG DER ADHS UND NOOTROPIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Zentral wirkende Sympathomimetika

Atomoxetin

Strattera®
N06BA09

Dexamfetamin

Attentin®
N06BA02

Lisdexamfetamin

Elvanse®
N06BA12

Methylphenidat

Ritalin®, Medikinet®, Concerta®, Equasym retard®, Kinecteen®
N06BA04

Referenzen

  1. Erenberg A, et al, Caffeine citrate for the treatment of apnea of prematurity: a double-blind, placebo-controlled study., Pharmacotherapy, 2000, 20, 644-52
  2. ArandaJV, et al, Pharmacokinetic profile of caffeine in the premature newborn infant with apnea, J Pediatr, 1979, 94, 663– 668
  3. FalcaoAC, et al, Population pharmacokinetics of caffeine in premature neonates, Eu J Clin Pharmacol, 1997, 52, 211– 217
  4. LeeTC, et al, Population pharmacokinetics of intravenous caffeine in neonates with apnea of prematurity, Clin Pharmacol Ther, 1997, 61, 628– 640
  5. Schmidt B, et al, Caffeine for Apnea of Prematurity Trial Group Long-term effects of caffeine therapy for apnea of prematurity, N Engl J Med, 2007, 357(19), 1893-902
  6. Schmidt B, et al, Caffeine for Apnea of Prematurity Trial Group. Caffeine therapy for apnea of prematurity, N Engl J Med, 2006, 354(20), 2112-21
  7. Chiesi Farmaceutici SpA, SmPC Peyona (EU/1/09/528/002) Rev 13, 22-12-2021, www.ema.europa.eu
  8. Nederlandse Vereniging van Ziekenhuis Apothekers (NVZA) [Verband Niederländischer Krankenhausapotheker], TDM Monografie Coffein, Rev 16-10-2014, https://tdm-monografie.org/monografie/coffeine
  9. Chiesi GmbH, SmPC Peyona 20 mg/ml Infusionslösung und Lösung zum Einnehmen (EU/1/09/528/002), 10/2020
  10. Gennisium Pharma, SmPC Gencebok 10 mg/ml Infusionslösung (EU/1/20/1465/001), 11/2021

Änderungsverzeichnis

  • 21 September 2022 17:39: Aktualisierung der kinderspezifischen Inhalte gemäß SmPC Peyona
  • 15 März 2021 14:28: Behördlich genehmigtes Schulungsmaterial (Blaue Hand) zu Peyona® und Gencebok® hinzugefügt
  • 10 Juli 2020 14:54: Neue Überarbeitung.

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)

Neugeborene:
Talspiegel (vor nächster Gabe): 8-20 mg/L
Toxische Konzentration: >50 mg/L

Hintergrund: Die Nützlichkeit einer routinemäßigen Bestimmung des Coffeinspiegels ist fraglich. Es besteht kein Zusammenhang zwischen Coffein-Serumspiegeln und der therapeutischen Wirkung. Außerdem hat Coffein ein sehr großes therapeutisches Fenster und die Coffeintherapie kann auch ohne TDM sehr gut auf Wirkung und Nebenwirkungen hin überwacht werden. Allerdings kann bei Zweifeln über die Wirkung und/oder Nebenwirkungen eine Spiegelbestimmung hilfreich sein.

[NVZA. TDM Monografie Coffein]


Überdosierung