Dantrolen

Wirkstoff
Dantrolen
Handelsname
Dantamacrin®
ATC-Code
M03CA01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Dantrolen gehört zur pharmakotherapeutischen Gruppe der direkt wirkenden Muskelrelaxantien. Dantrolen entkoppelt Nervenreiz und Kontraktion des Skelettmuskels wahrscheinlich durch Interferenz mit der Calciumfreisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Es wirkt selektiv, beeinflusst weder die neuromuskuläre Übertragung noch hat es messbare Wirkung auf die elektrisch erregbare Oberflächenmembran. Im therapeutischen Dosisbereich werden die glatte Muskulatur und der Herzmuskel in der Regel nicht beeinflusst.

Pharmakokinetik bei Kindern

Bei intravenöser Anwendung:

Kinder zwischen 2 - 7 Jahren:
T1/2= 10,0 ± 2,6 h
Clearance= 0,64 ± 0,175 ml/min/kg

Neugeborene:
T1/2= ~20 h

Erwachsene:
T1/2= 4 - 8 h (bei Patienten mit maligner Hyperthermie: 12 h)
Clearance= 1,8 - 7,8 l/h

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Maligne Hyperthermie
    • intravenös
      • ≥0 Jahre bis <18 Jahre: off-label

  • Muskelspasmen
    • oral
      • ≥1 Monat bis <5 Jahre: off-label
      • ≥5 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Intravenös zur Behandlung der malignen Hyperthermie.

Die maligne Hyperthermie ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der sofortige Therapie benötigt. Deshalb Infusion von 2,5 mg/kg Körpergewicht Dantrolen i.v. (8 - 10 Durchstechflaschen beim Erwachsenen) so rasch wie möglich verabreichen. Fortsetzung der Infusion so lange die klinische Leitsymptomatik Tachykardie, Hypoventilation, anhaltende Übersäuerung (pH- und pCO2-Kontrolle!) und Hyperthermie fortbesteht. In den meisten Fällen ist eine Gesamtdosis von 10 mg/kg Körpergewicht über 24 Stunden ausreichend, Gesamtdosierungen bis über 40 mg/kg Körpergewicht sind aus Einzelfällen bekannt. Aufgrund dieser Erfahrungen können im Einzelfall höhere Dosierungen verabreicht werden.

[Ref.]

Oral zur Behandlung chronischer, schwerer Spastizität der Skelettmuskulatur als Folge von Erkrankungen wie Schlaganfall, Rückenmarkverletzungen, Zerebralparese und Multipler Sklerose bei Erwachsenen und Kindern über 5 Jahren mit einem Gewicht von 25 kg oder mehr

Kinder unter 5 Jahre:
Da die Erfahrungen in der Anwendung von Dantrolen bei Kindern unter 5 Jahren für eine Beurteilung der Verträglichkeit nicht ausreichen, sollte es bei dieser Patientengruppe nicht angewendet werden.

Kinder über 5 Jahre (ab 25 kg Körpergewicht):
Titrationsplan:
1. Woche: 1 x täglich 25 mg
2. Woche: 2 x täglich 25 mg
3. Woche: 3 x täglich 25 mg
4. Woche: 2 x täglich 2 x 25 mg
5. Woche: 3 x täglich 2 x 25 mg
6. Woche: 3 x täglich 3 x 25 mg
Kinder ab 50 kg siehe Dosierung für Erwachsene.
Die Dosis kann stufenweise bis auf 200 mg täglich erhöht werden.
Dantrolen ist für eine Langzeittherapie vorgesehen.
Falls sich nach 6-8 Wochen kein Behandlungserfolg einstellt, sollte die Therapie abgebrochen werden.

Kinder ab 50 kg und Erwachsene:
1. Woche 1 x täglich 25 mg
2. Woche 2 x täglich 25 mg
3. Woche 2 x täglich 50 mg
4. Woche 3 x täglich 50 mg
Sobald die optimale Dosis erreicht ist, sollte der Patient seine Gesamttagesdosis auf 2-4 Einzeldosen verteilt erhalten, um möglichst gleichmäßige Plasmaspiegel zu erreichen und die Nebenwirkungen zu minimieren. Höhere Dosen als 200 mg sollten bei einer Langzeittherapie mit Dantrolen nicht verabreicht werden. Ist abzusehen, dass auf den Patienten Belastungs- oder Stresssituationen zukommen, kann die Dosis vorübergehend stufenweise bis auf 400 mg pro Tag gesteigert werden.
5. Woche: 3 x täglich 75 mg
6. Woche: 4 x täglich 75 mg
7. Woche: 4 x täglich 100 mg
Dosen über 200 mg pro Tag sollten aber nicht länger als 2 Monate gegeben werden.

[Ref.]

Präparate im Handel

Hartkapseln 25 mg, 50 mg
Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung 20 mg

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Applikationsweg
Stärke
Problematische Hilfsstoffe Zulassung
DANTROLEN i.v. Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung intravenös 20 mg - Erwachsene
DANTAMACRIN® Hartkapseln oral 25 mg,
50 mg
Lactose-Monohydrat ab 5 Jahren


Anwendungshinweise (intravenös):

  • Zu jeder Durchstechflasche werden 60 ml Wasser für Injektionszwecke gegeben. Es wird solange geschüttelt, bis das Pulver gelöst ist.
  • Nach der Rekonstitution muss die Lösung beim Aufziehen in die Spritze durch die beiliegende Filtriervorrichtung gefiltert werden. Die Lösung muss innerhalb 6 Stunden verwendet werden, aber unmittelbar vor der Verwendung filtriert werden.
  • Die zubereitete Lösung darf nicht mit anderen Infusionslösungen gemischt oder über den selben venösen Zugang gegeben werden.

[Ref.]

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Maligne Hyperthermie
  • Intravenös
    • 0 Jahre bis 18 Jahre
      [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9]
      • 2,5 mg/kg/Dosis, Bolus. Bis zum Abklingen der Symptome wiederholen.
      • Meist eine kumulative Dosis bis zu 10 mg/kg/Tag, es wurden jedoch höhere kumulative Dosen beschrieben.
        Es wurden keine Studien bzgl. der Anwendung bei Kindern unter 2 Jahren durchgeführt.
        off-label

Muskelspasmen
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [10]
      • Initialdosis: 0,5 mg/kg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Falls nötig, wöchentlich um 0,5 - 1 mg/kg/Tag erhöhen auf 0,5 - 8 mg/kg/Tag in 3 - 4 Dosen. Max: 12mg/kg/Tag, jedoch nicht mehr als 400 mg/Tag.
      • Gewöhnliche Erhaltungsdosis 3 - 8 mg/kg/Tag
        <5 Jahre: off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Bei intravenöser Anwendung:
Schwindel, Schläfrigkeit und Übelkeit. [Ali SZ et al.]
Selten: Lungenödem
Sehr selten: Urticaria, Erythem

Bei oraler Anwendung:
Benommenheit, Müdigkeit, Schwäche.
Weniger häufig: Diarrhoe. Nach Langzeitanwendung wurde Lebertoxizität beschrieben.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • aplastische Anämie, Leukopenie, lymphozytisches Lymphom, Thrombozytopenie
  • Anaphylaxie
  • Appetitlosigkeit
  • Depression, Verwirrtheitszustände, Nervosität, Schlaflosigkeit, Halluzinationen
  • Benommenheit, Kopfschmerz, Sprachstörungen, Krampfanfälle
  • Auslösung von zerebralen Anfällen, besonders bei Kindern mit zerebralen Lähmungen; Verstärkung von Paresen bei amyotrophischer Lateralsklerose oder bei Vorhandensein bulbärparalytischer Symptome, Sehstörungen
  • Herzinsuffizienz, Tachykardie, Pleuropericarditis und Pericarderguss (begleitet von Eosinophilie)
  • Atemdepression, Pleuraerguss (begleitet von Eosinophilie)
  • Durchfall, Bauchkrämpfe, Erbrechen, Obstipation, in seltenen Fällen bis hin zum Darmverschluss; Schluckbeschwerden, Geschmacksstörungen, gastrointestinale Blutungen, Magenreizung, vermehrter Speichelfluss 
  • Pathologische Leberfunktionswerte, Hepatotoxizität, Ikterus, Hepatitis
  • Hautausschläge, Akne-ähnliche Hautreaktionen, Hyperhidrose, abnormer Haarwuchs, Juckreiz, Photosensibilisierung 
  • Harninkontinenz, Pollakisurie, Kristallurie, Hämaturie, Harnretention, Nykturie
  • Doppelbilder, vermehrter Tränenfluss
  • Phlebitis, Blutdruckschwankungen
  • Muskelschwäche, die eine funktionelle Beeinträchtigung und Koordinationsstörungen bedingen kann; Muskel- und Rückenschmerzen 
  • allgemeines Unwohlsein, Schüttelfrost, Fieber

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Bradykardie

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

 

Kontraindikationen allgemein

  • Lebererkrankungen,
  • eingeschränkte Lungenfunktion,
  • schwere Herzmuskelschäden,
  • in Fällen, bei denen eine abnorme Tonuserhöhung erforderlich ist, um eine bessere Funktion, eine aufrechte Haltung oder die Bewegungsbalance zu ermöglichen.

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Gefahr der Extravasation der Infusionsflüssigkeit, da die Lösung stark alkalisch ist. Leberfunktion kontrollieren.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Calciumantagonisten, z.B Diltiazem, Verapamil Die gleichzeitige Anwendung kann zu Hyperkaliämie sowie Herzschwäche führen. Mechanismus unbekannt. Kombination vermeiden, wenn Dantrolen i.v. verabreicht wird.
Metoclopramid Metoclopramid kann die Absorptionsrate und -geschwindigkeit von Dantrolen erhöhen, wodurch Wirkung sowie Nebenwirkungen verstärkt werden können. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, Monitoring auf Nebenwirkungen von Dantrolen.
zentral dämpfende Pharmaka (Benzodiazepine, Antihistaminika, Sedativa, Ethanol) Additive zentraldämpfende Wirkung. Erhöhtes Risiko einer verstärkten/verlängerten Atemdepression und Sedation. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis anpassen und Monitoring auf zentraldämpfende Nebenwirkungen. Ethanolfreie Arzneimittel als Alternative erwägen.
Östrogene, potentiell lebertoxische Substanzen Erhöhtes Risiko für Hepatotoxizität. Mechanismus unbekannt. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, Durchführung von Leberfunktionstest in Erwägung ziehen.
nicht-depolarisierende Muskelrelaxantien (Vecuronium) Die gleichzeitige Anwendung kann die Wirkung von Vecuronium verstärken. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis anpassen und Monitoring auf Nebenwirkungen von Vecuronium.

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

MUSKELRELAXANZIEN, DIREKT WIRKENDE MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Lerman J, et al, Pharmacokinetics of intravenous dantrolene in children, Anesthesiology, 1989, Apr;70(4), 625-9
  2. Shime J, et al, Dantrolene in pregnancy: lack of adverse effects on the fetus and newborn infant., Am J Obstet Gynecol, 1988, Oct;159(4), 831-4
  3. Flewellen EH, et al, Prophylactic and therapeutic doses of dantrolene for malignant hyperthermia, Anesthesiology, 1984, Oct;61(4), 477
  4. Playfor SD, Malignant hyperthermia, Lancet., 1998, Nov 28;352(9142), 1785-6
  5. Blank JW, et al , Successful treatment of an episode of malignant hyperthermia using a large dose of dantrolene, J Clin Anesth, 1993, Jan-Feb;5(1), 69-72
  6. (MHAUS) MHAotUS, Malignant Hyperthermia Association of the United States: Emergency Therapy for Malignant Hyperthermia, Sherburne2008, [cited 2011 05/30/2011], Available from: http://medical.mhaus.org/PubData/PDFs/treatmentposter.pdf.
  7. Ali SZ, et al, Malignant hyperthermia, Best Pract Res Clin Anaesthesiol, 2003, Dec;17(4), 519-33
  8. Glahn KP, et al, Recognizing and managing a malignant hyperthermia crisis: guidelines from the European Malignant Hyperthermia Group, Br J Anaesth, 2010, Oct;105(4), 417-20
  9. Harrison GG, Malignant hyperthermia. Dantrolene--dynamics and kinetics, Br J Anaesth, 1988, Feb;60(3), 279-86
  10. Norgine BV, SmPC Dantrium (RVG 06978) 02-11-2018
  11. Norgine B.V., SmPC DANTROLEN i.v. 20 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung (1328.00.00), 12/2018
  12. Norgine B.V., SmPC DANTAMACRIN® 25 mg, 50 mg Hartkapseln (6337834.00.00), 09/2021

Änderungsverzeichnis

  • 09 Februar 2021 14:49: Neue Recherche zu Nebenwirkungen, Warnhinweisen und Präparaten im Handel
  • 27 Mai 2020 13:03: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung