Etravirin

Wirkstoff
Etravirin
Handelsname
Intelence®
ATC-Code
J05AG04

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Etravirin ist ein Nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) des humanen Immundefizienzvirus Typ 1 (HIV-1). Etravirin bindet direkt an die reverse Transkriptase (RT) und blockiert die RNA-abhängigen und DNA-abhängigen DNA-Polymerase-Aktivitäten durch Störung der katalytischen Bindungsstelle des Enzyms.

Pharmakokinetik bei Kindern

Die Pharmakokinetik von Erwachsenen, die 2 Dosen à 200 mg pro Tag erhielten, ist mit der Kinetik von Kindern (6 - 18 Jahre, n=101) vergleichbar, die 2 Dosen à 5,2 mg/kg pro Tag erhielten.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • HIV
    • oral
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen*

*in Kombination mit einem geboosterten Protease-Inhibitor und anderen antiretroviralen Arzneimitteln

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral in Kombination mit einem geboosterten Protease-Inhibitor und anderen antiretroviralen Arzneimitteln wird angewendet für die Behandlung von Infektionen mit dem humanen Immundefizienz-Virus 1 (HIV-1) bei antiretroviral vorbehandelten Patienten

Kinder und Jugendliche (2 Jahre bis unter 18 Jahre und mindestens 10 kg Körpergewicht):

  • Die empfohlene Dosis basiert auf dem Körpergewicht:
    • ≥10 bis <20 kg: 100 mg zweimal täglich
    • ≥20 bis <25 kg: 125 mg zweimal täglich
    • ≥25 bis <30 kg: 150 mg zweimal täglich
    • ≥30 kg: 200 mg zweimal täglich
  • Vergessene/ausgelassene Dosis:
    • Wenn der Patient die Einnahme einer Dosis Etravirin vergessen hat und dies innerhalb von 6 Stunden nach dem üblichen Einnahmezeitpunkt bemerkt, sollte der Patient die Einnahme so bald wie möglich nach einer Mahlzeit nachholen und dann die nächste Dosis wieder zur gewohnten Zeit einnehmen.
    • Wenn ein Patient die Einnahme einer Dosis vergessen hat und der übliche Einnahmezeitpunkt mehr als 6 Stunden zurückliegt, sollte der Patient die vergessene Dosis nicht mehr nachholen und mit seinem gewohnten Dosierungsschema einfach fortfahren.
    • Wenn der Patient innerhalb von 4 Stunden nach Einnahme des Arzneimittels erbricht, sollte so bald wie möglich eine weitere Dosis Etravirin nach einer Mahlzeit eingenommen werden.
    • Wenn der Patient später als 4 Stunden nach der Einnahme des Arzneimittels erbricht, muss er bis zum nächsten üblichen Einnahmezeitpunkt keine weitere Dosis einnehmen.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 25 mg, 100 mg, 200 mg

Orale Anwendung

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke
Problematische Hilfsstoffe
Intelence®  Tabletten 25 mgT2,S
100 mgT0,S
200 mgT0,S
Lactose


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, S: suspendierbar

Anwendungshinweis:

  • Die Tabletten sollten im Ganzen mit einer Flüssigkeit wie z.B. Wasser oder aufgelöst in einem Glas Wasser eingenommen werden.
  • Die Tabletten sollten nach einer Mahlzeit eingenommen werden.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Behandlung HIV-Infektion
  • Oral
    • ≥ 2 Jahre und 10 bis 20 kg
      [1] [3]
      • 200 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Anwendungshinweis:

        Nach der Mahlzeit einnehmen

    • ≥ 2 Jahre und 20 bis 25 kg
      [1] [3]
      • 250 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Anwendungshinweis:

        Nach der Mahlzeit einnehmen

    • ≥ 2 Jahre und 25 bis 30 kg
      [1] [3]
      • 300 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Anwendungshinweis:

        Nach der Mahlzeit einnehmen

    • ≥ 2 Jahre und ≥ 30 kg
      [1] [3]
      • 400 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Anwendungshinweis:

        Nach der Mahlzeit einnehmen

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

In klinischen Studien bei Kindern wurde das Stevens-Johnson-Syndrom öfter beobachtet als bei Erwachsenen.
Die Frequenz, der Typ und die Schwere der Nebenwirkungen bei pädiatrischen Patienten waren mit Erwachsenen vergleichbar.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • Thrombozytopenie, Anämie, Neutrophilenzahl erniedrigt, Leukozytenzahl erniedrigt
  • Immunrekonstitutionssyndrom
  • Diabetes mellitus, Hyperglykämie, Hypercholesterinämie, LDL erhöht, Hypertriglyzeridämie, Hyperlipidämie, Dyslipidämie, Anorexie
  • Angstzustände, Schlaflosigkeit, Schlafstörungen, Verwirrtheit, Orientierungsstörung, Albträume, Nervosität, abnorme Träume
  • Kopfschmerzen,  periphere Neuropathie, Parästhesie, Hypoästhesie, Amnesie, Somnolenz, Krampfanfall, Synkope, Tremor, Hypersomnie, Aufmerksamkeitsstörungen
  • verschwommenes Sehen
  • Vertigo
  • Myokardinfarkt, Vorhofflimmern, Angina pectoris
  • Hypertonie,  hämorrhagischer Schlaganfall
  • Belastungs-Dyspnoe, Bronchospasmus
  • Diarrhö, Übelkeit, gastroösophageale Reflux-Krankheit, Erbrechen, Abdominalschmerz, aufgetriebener Bauch, Blähungen, Gastritis, Obstipation, Mundtrockenheit, Stomatitis, Lipase erhöht, Amylase im Blut erhöht, Pankreatitis, Hämatemesis, Brechreiz
  • Alaninaminotransferase (ALT) erhöht, Aspartataminotransferase (AST) erhöht, Hepatitis, Steatosis hepatis, zytolytische Hepatitis, Hepatomegalie
  • Hautausschlag, Nachtschweiß, trockene Haut, Prurigo, Angioödema, Gesichtsschwellung, Hyperhidrose
  • Niereninsuffizienz, Kreatinin im Blut erhöht
  • Gynäkomastie
  • Fatigue, Trägheit

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Steven-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme, Epidermolysis acuta toxica, DRESS

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Obwohl es sich gezeigt hat, dass die erfolgreiche Virussuppression durch eine antiretrovirale Therapie das Risiko einer sexuellen Übertragung erheblich reduziert, kann ein Restrisiko nicht ausgeschlossen werden. Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung der Übertragung sollten gemäß nationaler Richtlinien getroffen werden.
  • Bei Patienten, die mit viralen Stämmen infiziert sind, die 3 oder mehr der Mutationen V90I, A98G, L100I, K101E/P, V106I, V179D/F, Y181C/I/V und G190A/S aufweisen, wurde eine verringerte virologische Ansprechrate auf Etravirin beobachtet.
  • Aufgrund der derzeit begrenzten Verfügbarkeit von Daten ist bei Patienten, die mit dem Hepatitis-B- oder -C-Virus koinfiziert sind, Vorsicht geboten.
  • Für die Überwachung der Blutlipid- und Blutglucosewerte wird auf die anerkannten HIV-Therapierichtlinien verwiesen.
  • Bei HIV-infizierten Patienten mit einer schweren Immunschwäche zu Beginn der antiretroviralen Kombinationstherapie (CART) kann eine entzündliche Reaktion auf asymptomatische oder residuale opportunistische Erreger auftreten und schwere klinische Zustände oder eine Verstärkung der Symptome hervorrufen.
  • Es liegen Berichte über Autoimmunerkrankungen (wie z.B. Morbus Basedow und Autoimmunhepatitis) vor, die im Rahmen einer Immunreaktivierung auftraten.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Etravirin wird über die CYP-Enzyme CYP3A4, CYP2C9 und CYP2C19 metabolisiert, ist ein CYPCYP3A4-Inhibitor und ein CYP2C9-, CYP2C19- und P-Glykoprotein-Induktor (Abschnitt in Fachinformation zu Biotransformation beachten).

Etravirin zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
CYP3A4-Induktoren Steigerung des Metabolismus von Etravirin durch CYP-Induktion. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Etravirin möglich. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf adäquaten Therapieerfolg von Etravirin.
CYP3A4-Inhibitoren Hemmung des Metabolismus von Etravirin durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Etravirin möglich. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Etravirin.
CYP3A4-Substrate Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf adäquaten Therapieerfolg der Interaktionspartner.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

DIREKT WIRKENDE ANTIVIRALE MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Nukleoside und Nukleotide, exkl. Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Aciclovir - oral und intravenös

Acic®, Wariviron®, Zovirax®
J05AB01

Cidofovir

Vistide®
J05AB12

Ganciclovir

Cymeven®
J05AB06

Remdesivir

Veklury®
J05AB16

Valaciclovir

Valtrex®
J05AB11

Valganciclovir

Valcyte®
J05AB14
Phosphonsäure-Derivate

Foscarnet

Foscavir®
J05AD01
Proteasehemmer

Atazanavir

Reyataz®
J05AE08

Ritonavir

Norvir®
J05AE03
Nukleosidale und nukleotidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Abacavir

Ziagen®
J05AF06

Emtricitabin

Emtriva®
J05AF09

Entecavir

Baraclude®
J05AF10

Lamivudin

Epivir®, Zeffix®
J05AF05
J05AF13
J05AF07

Zidovudin

Retrovir®
J05AF01
Nicht-Nukleosidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Doravirin

Pifeltro®
J05AG06

Nevirapin

Viramune®
J05AG01
Neuraminidasehemmer

Oseltamivir

Tamiflu®
J05AH02

Zanamivir

Relenza®, Dectova®
J05AH01
Antivirale Mittel zur Behandlung von HIV Infektionen, Kombinationen
J05AR20
J05AR13
J05AR25
J05AR18
J05AR19
J05AR03
J05AR09

Lopinavir + Ritonavir

Kaletra®; Syn.: LPV
J05AR10
Andere antivirale Mittel

Dolutegravir

Tivicay®
J05AX12

Raltegravir

Isentress®
J05AX08
J05AX24
Antivirale Mittel zur Behandlung von Hepatitis C Infektionen
J05AP57
J05AP51

Sofosbuvir

Sovaldi®
J05AP08
J05AP55

Referenzen

  1. Janssen-Cilag International NV, SmPC Intelence (EU/1/08/468/001) Rev 28, 12-05-2021
  2. Bamford, A., et al (PENTA Steering Committee) (2015), Paediatric European Network for Treatment of AIDS (PENTA) guidelines for treatment of paediatric HIV-1 infection 2015: optimizing health in preparation for adult life. , HIV Med., doi:10.1111
  3. Panel on Antiretroviral Therapy and Medical Management of Children Living with HIV, Guidelines for the Use of Antiretroviral Agents in Pediatric HIV Infection- Etravirine, April 7, 2021, https://clinicalinfo.hiv.gov/en/guidelines/pediatric-arv/etravirine
  4. Janssen-Cilag, SmPC Intelence® 25 mg/100 mg/200 mg Tabletten (EU/1/08/468/003), 04/2020

Änderungsverzeichnis

  • 25 Januar 2021 16:20: Neue Monographie
  • 13 Januar 2021 21:30: Anpassung der Altersgruppen gemäß aktualisierter Fachinformation

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Symptome:
    • Vermutlich gehören die häufigsten Nebenwirkungen von Etravirin, wie Hautausschlag, Diarrhö, Übelkeit und Kopfschmerzen, zu den üblicherweise beobachteten Symptomen.
  • Therapie:
    • Es gibt kein spezifisches Antidot bei einer Überdosierung mit Etravirin.
    • Die Behandlung einer Überdosierung mit Etravirin besteht aus allgemeinen unterstützenden Maßnahmen, einschließlich der Überwachung der Vitalzeichen und der Beobachtung des klinischen Zustands des Patienten.
    • Da Etravirin in hohem Maße proteingebunden vorliegt, erscheint es unwahrscheinlich, dass der Wirkstoff durch Dialyse erheblich eliminiert wird.

[Ref.]