Fingolimod

Wirkstoff
Fingolimod
Handelsname
Gilenya®
ATC-Code
L04AE01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Fingolimod ist ein Sphingosin-1-Phosphat- Rezeptor-Modulator und wird durch Sphingosin-Kinase zum aktiven Metaboliten Fingolimod-Phosphat metabolisiert. Fingolimod-Phosphat bindet in geringen nanomolaren Konzentrationen an den Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptor 1 auf den Lymphozyten und überwindet leicht die Blut-Hirn-Schranke, wo es an den S1P-Rezeptor 1 auf den Nervenzellen im Zentralnervensystem (ZNS) bindet. Fingolimod-Phosphat wirkt als funktioneller Antagonist auf die S1P-Rezeptoren der Lymphozyten und blockiert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Dadurch wird eher eine Umverteilung als eine Depletion der Lymphozyten bewirkt. Tierexperimentelle Studien zeigten, dass durch diese Umverteilung die Infiltration pathogener Lymphozyten, einschließlich proinflammatorischer Th17-Zellen, in das ZNS reduziert wird, wo sie an neuronaler Entzündung und der Zerstörung von Nervengewebe beteiligt wären. Tierexperimentelle Studien und In-vitro-Untersuchungen deuten darauf hin, dass Fingolimod auch über die Interaktion mit S1P-Rezeptoren einen Einfluss auf Nervenzellen hat.

Pharmakokinetik bei Kindern

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Schubförmige remittierende Multiple Sklerose (RRMS)
    • oral
      • ≥10 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral als krankheitsmodifizierende Monotherapie von hochaktiver schubförmig-remittierend verlaufender Multipler Sklerose

als Hartkapsel:

Kinder <10 Jahre:

  • Die Sicherheit und Wirksamkeit von Gilenya bei Kindern im Alter von unter 10 Jahren ist bisher noch nicht erwiesen. Es liegen keine Daten vor.

Kinder und Jugendliche ≥10 Jahre:

  • Bei Kindern und Jugendlichen (ab dem Alter von 10 Jahren) hängt die empfohlene Dosierung vom Körpergewicht ab:
    • Kinder und Jugendliche mit einem Körpergewicht ≤40 kg: einmal tägliche Einnahme einer 0,25 mg Kapsel.
    • Kinder und Jugendliche mit einem Körpergewicht >40 kg: einmal tägliche Einnahme einer 0,5 mg Kapsel.
  • Kinder und Jugendliche, die mit 0,25 mg Kapseln beginnen und später ein stabiles
    Körpergewicht über 40 kg erreichen, sollten auf die 0,5 mg Kapseln umgestellt werden.
  • Bisher liegen nur sehr begrenzte Erfahrungen zur Anwendung bei Kindern im Alter von
    10 – 12 Jahren vor.

[Ref.]

Präparate im Handel

Hartkapseln 0,25 mg, 0,5 mg

Orale Anwendung

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke
Problematische Hilfsstoffe Schulungsmaterial
Gilenya® Hartkapsel 0,25 mgT0
0,5 mgT0
Propylenglykol Blaue Hand


T0: nicht teilbar

Anwendungshinweis:

  • Der Beginn und die Überwachung der Therapie ist durch einen Arzt vorzunehmen, der Erfahrung in der Behandlung der Multiplen Sklerose besitzt.
  • Fingolimod kann entweder zu den oder außerhalb der Mahlzeiten eingenommen werden.
  • Die Kapseln sollten immer im Ganzen geschluckt werden, ohne sie zu öffnen.
  • Nicht über 25 °C lagern. In der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen.

[Ref.]

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Schubförmige remittierende Multiple Sklerose (RRMS)
  • Oral
    • ≥ 10 Jahre und < 40 kg
      [1]
      • 0,25 mg/Tag in 1 Dosis
    • ≥ 10 Jahre und ≥ 40 kg
      [1]
      • 0,5 mg/Tag in 1 Dosis

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • Influenza, Sinusitis; Herpesvirus-Infektionen, Bronchitis, Tinea versicolor; Pneumonie
  • Basalzellkarzinom; Malignes Melanom
  • Lymphopenie, Leukopenie; Thrombozytopenie
  • Depressionen, Depressive Verstimmungen
  • Kopfschmerzen; Schwindel, Migräne; Krampfanfälle
  • verschwommenes Sehen; Makulaödem
  • Bradykardie, Atrioventrikulärer Block
  • Hypertonie
  • Husten, Dyspnoe
  • Diarrhö, Übelkeit
  • Ekzem, Alopezie, Pruritus
  • Rückenschmerzen, Myalgie, Arthralgie
  • Asthenie
  • erhöhte Leberenzyme (erhöhte ALT, Gammaglutamyltransferase, Aspartattransaminase); Gewichtsabnahme, erhöhte Triglycerid-Spiegel im Blut; Abnahme der Neutrophilenzahl

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Progressive Multifokale Leukenzephalopathie (PML), Kryptokokkeninfektionen
  • Lymphom, Plattenepithelkarzinom; Kaposi-Sarkom; Merkelzellkarzinom
  • autoimmunhämolytische Anämie, periphere Ödeme
  • Hypersensitivitätsreaktionen, einschließlich Hautausschlag, Nesselsucht und Angioödemen nach Behandlungsbeginn
  • Posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES)
  • schwerwiegende Krankheitsverschlimmerung nach Absetzen von Fingolimod
  • T-Wellen-Inversion

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Immundefizienzsyndrom
  • Patienten mit einem erhöhten Risiko für opportunistische Infektionen, einschließlich immungeschwächte Patienten (einschließlich derer, die derzeit eine immunsuppressive Therapie erhalten oder durch eine vorhergehende Therapie immungeschwächt sind)
  • schwere aktive Infektionen, aktive chronische Infektionen (Hepatitis, Tuberkulose)
  • aktive maligne Erkrankungen
  • schwere Leberfunktionsstörungen (ChildPugh-Klasse C).
  • Patienten, die in den letzten 6 Monaten einen Myokardinfarkt (MI), instabile Angina pectoris, einen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (TIA), eine dekompensierte Herzinsuffizienz (stationäre Behandlung erforderlich) oder eine Herzinsuffizienz der New York Heart Association (NYHA) Klasse III/IV hatten
  • Patienten mit schweren Herzrhythmusstörungen, die eine anti-arrhythmische Behandlung mit Antiarrhythmika der Klasse Ia oder Klasse III erfordern
  • Patienten mit einem AV-Block 2. Grades Mobitz Typ II oder einem AV-Block 3. Grades, oder Sick-Sinus-Syndrom, wenn sie keinen Herzschrittmacher tragen
  • Patienten mit einem bestehenden QTc-Intervall ≥500 ms
  • während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine wirksame Verhütungsmethode anwenden

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Beachte: Rote-Hand-Brief vom 10.11.2020 (Gilenya® (Fingolimod): Aktualisierte Empfehlungen, um das Risiko arzneimittelinduzierter Leberschäden zu minimieren): Die Handlungsempfehlungen für die Überwachung der Leberfunktion und die Kriterien für einen Therapieabbruch wurden mit zusätzlichen Details ergänzt, um das Risiko arzneimittelinduzierter Leberschäden (DILI) zu minimieren.

Beachte: Rote-Hand-Brief vom 02.09.2019 (Fingolimod (Gilenya®): Neue Kontraindikation bei Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter): Aufgrund des Risikos für angeborene Fehlbildungen bei Föten unter Exposition mit Fingolimod ist dies kontraindiziert während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine wirksame Verhütungsmethode anwenden.

Beachte: Rote Handbrief vom 10.11.2018 (Aktualisierte Empfehlungen, um das Risiko arzneimittelinduzierter Leberschäden zu minimieren): Die Handlungsempfehlungen für die Überwachung der Leberfunktion und die Kriterien für einen Therapieabbruch wurden mit zusätzlichen Details ergänzt, um das Risiko arzneimittelinduzierter Leberschäden (DILI) zu minimieren:

    • Leberfunktionstests einschließlich Serumbilirubin sollten vor Therapiebeginn und in den Monaten 1, 3, 6, 9 und 12 der Therapie und danach regelmäßig bis zwei Monate nach Beendigung der Fingolimod-Behandlung durchgeführt werden.
    • Bei Abwesenheit klinischer Symptome, falls die Lebertransaminasen:
      • >3-Fache der Obergrenze des Normalwertes (ULN), <5-Fache der ULN ohne einen Anstieg des Serumbilirubins: häufigere Überwachung einschließlich Serumbilirubin und alkalischer Phosphatase (ALP)
      • >5-Fache der ULN oder >3-Fache der ULN mit gleichzeitigem Anstieg des Serumbilirubins: Behandlung mit Fingolimod unterbrechen. Falls sich die Serumspiegel normalisieren, kann die Fingolimod-Behandlung unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Bewertung für den Patienten wieder aufgenommen werden.
    • Bei Vorliegen klinischer Symptome, die auf eine Leberfunktionsstörung hinweisen:
      • Leberenzyme und Bilirubin sollten umgehend überprüft werden und bei Bestätigung einer relevanten Schädigung der Leber sollte Fingolimod abgesetzt werden.

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums hat folgende klinisch relevante Wechselwirkungen ergeben:

Fingolimod wird über CYP-Enzyme metabolisiert. (Abschnitt in Fachinformation zu Biotransformation beachten.)

Fingolimod zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Bradykardie-induzierende Arzneimittel (z.B. Atenolol, Verapamil, Digoxin) Die Kombination kann eine additive Wirkung auf die Herzfrequenz haben, was zu Bradykardie führen kann. Kombination vermeiden. Falls Kombination nicht vermieden werden kann, soll die Herzfrequenz mindestens über Nacht überwacht werden.
CYP3A4- Inhibitoren  Hemmung des Metabolismus von Fingolimod durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) erhöhte Wirkung von Fingolimod möglich. Erhöhtes Nebenwirkungspotential von Fingolimod möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis von Fingolimod verringern und auf Nebenwirkungen überprüfen.
CYP3A4- Induktoren Steigerung des Metabolismus von Fingolimod durch CYP-Induktion. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Fingolimod möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis von Fingolimod erhöhen.
QT-Zeit verlängernde Arzneimittel Additive (QT verlängernde/sedative) Wirkung. Erhöhtes Risiko für Torsade de pointes Tachykardien/Nebenwirkungen. Kombination vermeiden. Falls Kombination nicht vermieden werden kann, genaue Überwachung des QT-Intervalls empfohlen. 
Lebendimpfstoffe Dissemination des Impfkeims und beeinträchtigte Immunantwort möglich. Kombination vermeiden. Die benötigten Impfungen sollten möglichst bist 4 Wochen vor Beginn der immunsuppressiven Therapie erfolgen.
Allergen-Extrakte (bspw. aus Bienengift) Die Wirksamkeit der spezifischen Immuntherapie wird durch die Behandlung mit Fingolimod beeinträchtigt Kombination vermeiden. 
Saccharomyces cerevisiae (boulardii) Fungämien und generalisierte Hefeinfektionen möglich.  Kombination vermeiden. 

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Novartis Europharm Limited, SmPC Gilenya (EU/1/11/667/001-08) 18-12-2018
  2. Novartis Europharm Limited, SmPC Gilenya® 0,25 mg/ 0,5 mg Hartkapseln (EU/1/11/677/007 – 008), 12/2019
  3. Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN), S2k-Leitlinie "Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis Optica Spektrum und MOG-IgG-assoziierte Erkrankungen - Living Guideline" (Registernummer 030 - 050LG), AWMF, Stand: 17.02.2021 (in Überarbeitung), gültig bis 17.02.2022

Änderungsverzeichnis

  • 15 Januar 2021 23:20: Neu: Interaktionsrecherche

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung