Sultiam

Wirkstoff
Sultiam
Handelsname
Ospolot®
ATC-Code
N03AX03

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Sultiam gehört zur Gruppe der Carboanhydrase-Hemmer und zeigt eine antikonvulsive Wirkung im Elektrokrampftest (Ratte und Maus) und im Krampftest mit Penta-methylentetrazol (Maus).

Pharmakokinetik bei Kindern

Die Studie von May et al. (n=10, 2-17 Jahre) zeigt eine Halbwertszeit zwischen 4,7 und 10,9 Stunden. Kleinkinder haben im Vergleich zu älteren Kindern eine verringerte Halbwertszeit.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Epilepsie*
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen

*Rolando-Epilepsie (benign childhood epilepsy with centrotemporal spikes)

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Behandlung der Rolando-Epilepsie (benign childhood epilepsy with centrotemporal spikes)

  • Vor Beginn einer Behandlung mit Sultiam ist ein sorgfältiges differentialdiagnostisches Vorgehen gegenüber anderen Epilepsieformen im Kindesalter angezeigt.
  • Über die Behandlungsdauer und das Absetzen sollte im Einzelfall ein in der Epilepsiebehandlung erfahrener Neuropädiater entscheiden.
  • Bei ausbleibendem Therapieerfolg sollte die Behandlung mit Sultiam nach ca. einem bis zwei Monaten abgebrochen werden.
  • Sultiam sollte nicht plötzlich abgesetzt werden.

Dosierung

  • Die Dosierung ist individuell durch den Arzt festzulegen und zu kontrollieren.
  • Erhaltungsdosis: ca. 5 - 10 mg/kg Körpergewicht/Tag
  • Die Behandlung sollte mit einer niedrigen Initialdosis beginnen und stufenweise über eine Woche hinweg bis zur optimalen Dosis erhöht werden.
  • Die Tagesdosis sollte aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Sultiam möglichst auf drei Einzelgaben verteilt werden.
  • Bei entsprechender zeitlicher Verteilung der Tagesdosis sind konstante Plasmaspiegel nach fünf bis sechs Tagen zu erwarten.

[Ref.]

Präparate im Handel

Suspension zum Einnehmen 20 mg/mL
Filmtabletten 50 mg, 100 mg, 200 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Sultiam) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Aroma Altersangabe
Ospolot Suspension zum Einnehmen 20 mg/mLSo oral natriumfrei Natriummethyl-4-hydroxybenzoat (2,3 mg/mL),
Natriumpropyl-4-hydroxybenzoat (0,6 mg/mL),
Fructose (0,0026 mg/mL),
Sulfite (0,000004 mg/mL),
Sucrose (0,0005 mg/mL),
Sucralose
Erdbeere Kinder ab 12 kg KG
Ospolot® Filmtabletten 50 mgT0
200 mgT2
oral k.A. Lactose (12,5 mg/Tbl.)
Lactose (50,0 mg/Tbl.)
- Kinder
Sultiam-neuraxpharm® Filmtabletten 50 mgT0
100 mgT2
200 mgT4
oral k.A. Lactose (12,95 mg/Tbl.)
Lactose (25,89 mg/Tbl.)
Lactose (51,78 mg/Tbl.)
- ohne Altersbeschränkung*


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, So: sondengängig, k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit, *gemäß Firmenantwort

Die Fachinformationen wurden am 30.12.2022 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.

Anwendungshinweise:

  • Sultiam kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden, vorzugsweise sollte der Patient die Art der Einnahme während der Therapie nicht ändern.
  • Suspension zum Einnehmen: Vor der Einnahme sollte die Flasche gut geschüttelt werden (mindestens einmal für 30 Sekunden) und die Dosis unmittelbar danach zubereitet werden. Die Suspension kann direkt aus der Applikationsspritze geschluckt oder unmittelbar nach dem Mischen vorzugsweise mit etwas Wasser – alternativ mit Orangensaft, Milch, Joghurt oder Weizenbrei – eingenommen werden.
    Bei Einnahme der Suspension direkt aus der  Applikationsspritze sollte der Patient wegen des bitteren Geschmacks von Sultiam unmittelbar danach etwas Wasser, Saft oder Milch trinken. Kohlensäurehaltige Getränke oder warme Speisen sollten nicht zusammen mit der Suspension eingenommen werden.
  • Filmtabletten: Die Filmtabletten werden unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (ca. ein Glas Wasser) eingenommen. 

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Epilepsie

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Hypocalciämie wurde bei 5 von 11 Patienten (1 bis 18 Jahre), Hypophosphatämie bei 4 von 11 Patienten berichtet [Borusiak 2013].

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Magenbeschwerden wie z. B. Übelkeit, Erbrechen

Häufig (1-10 %): Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Parästhesien in den Extremitäten und im Gesicht, Schwindel, Kopfschmerzen, Doppelbilder, Stenokardie, Tachykardie, Tachypnoe, Hyperpnoe, Dyspnoe, Singultus

Gelegentlich (0,1-1 %): Halluzinationen, Angst, Antriebsarmut, myasthenische Erscheinungen, Grand-mal-Status, Anfallshäufung, Gelenkschmerzen

Häufigkeit nicht bekannt: depressive Verstimmung/Depression, Wesensänderungen, Verhaltensauffälligkeiten (z. B. Aggressivität, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen), kognitive Beeinträchtigung, Polyneuritis, Diarrhoe, hepatotoxische Reaktionen,
Erhöhung der Leberenzyme, Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom, akutes Nierenversagen

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Hyperthyreose oder arterielle Hypertonie
  • bekannte akute Porphyrie

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Phenytoin Gefahr einer Phenytoin-Intoxikation. Während der ersten Wochen einer Kombinationstherapie mit Sultiam sollen die Patienten sorgfältig auf Phenytoin-Intoxikationssymptome hin beobachtet werden. Die Phenytoin-Plasmakonzentrationen sollen zu Beginn der Kombinationsbehandlung häufig kontrolliert und die Phenytoin-Dosen nach Bedarf gesenkt werden.
Ethanol Gefahr von Pulsationskopfschmerz, Atemdepression, Übelkeit, Erbrechen, Tachykardie, Hypotonus, Amblyopie, Verwirrtheit, Schockreaktionen, Arrhythmien, Bewusstlosigkeit sowie Anfällen. Kombination vermeiden. Eine alkoholfreie Alternative für alkoholhaltige Arzneimittel ist zu erwägen.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIEPILEPTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Barbiturate und Derivate

Phenobarbital

Luminaletten®, Luminal®
N03AA02

Primidon

Liskantin®, Mylepsinum®
N03AA03
Hydantoin-Derivate

Phenytoin

Phenhydan®
N03AB02
Succinimid-Derivate

Ethosuximid

Petnidan®, Suxilep®
N03AD01
Benzodiazepin-Derivate

Clonazepam

Antelepsin®, Rivotril®
N03AE01
Carboxamid-Derivate

Carbamazepin

Tegretal®, Timonil®
N03AF01

Oxcarbazepin

Trileptal®, Apydan®, Timox®
N03AF02

Rufinamid

Inovelon®
N03AF03
Fettsäure-Derivate

Valproinsäure

Convulex®, Ergenyl®, Orfiril®, Depakine; Syn: Natriumvalproat
N03AG01

Vigabatrin

Sabril®, Kigabeq®
N03AG04
Andere Antiepileptika

Brivaracetam

Briviact®
N03AX23

Cannabidiol

Epidyolex®, Syn: CBD
N03AX24

Felbamat

Taloxa®
N03AX10

Fenfluramin

Fintepla®
N03AX26

Gabapentin

Neurontin®, GabaLiquid GeriaSan®
N03AX12

Lacosamid

Vimpat®
N03AX18

Lamotrigin

Lamictal®
N03AX09

Levetiracetam

Keppra®, Kevesy®
N03AX14

Perampanel

Fycompa®
N03AX22

Pregabalin

Lyrica®, Algecia®, PregaTab®
N03AX16

Stiripentol

Diacomit®
N03AX17

Topiramat

Topamax®
N03AX11

Zonisamid

Zonegran®, Zonisol®
N03AX15

Referenzen

  1. Tacke M, et al, Effects of Levetiracetam and Sulthiame on EEG in benign epilepsy with centrotemporal spikes: A randomized controlled trial, Seizure, 2018, 56, 115-20
  2. Borggraefe I, et al, Levetiracetam vs. sulthiame in benign epilepsy with centrotemporal spikes in childhood: a double-blinded, randomized, controlled trial (German HEAD Study),, Eur J Paediatr Neurol., 2013, 17, 507-14
  3. Shamdeen MG, et al, Effect of sulthiame on EEG pathology, behavior and school performance in children with Rolandic epileptiform discharges, Pediatr Int, 2012, 54, 98-800
  4. Swiderska N, et al, Sulthiame in refractory paediatric epilepsies: an experience of an ‘old’ antiepileptic drug in a tertiary paediatric neurology unit, Seizure, 2011, 20, 805-8
  5. Ben-Zeev B, et al, Sulthiame in childhood epilepsy,, Pediatr Int., 2004, 46, 521-4
  6. Debus OM, et al, Sulthiame in the primary therapy of West syndrome: a randomized double-blind placebo-controlled add-on trial on baseline pyridoxine medication, Epilepsia, 2004, 45, 103-8
  7. Bast T, et al, The influence of sulthiame on EEG in children with benign childhood epilepsy with centrotemporal spikes (BECTS), Epilepsia, 2003, 44, 215-20
  8. Engler F, et al, Treatment with Sulthiame (Ospolot) in benign partial epilepsy of childhood and related syndromes: an open clinical and EEG study, Neuropediatrics, 2003, 34, 105-9
  9. Debus OM, et al, Add-on treatment with pyridoxine and sulthiame in 12 infants with West syndrome: an open clinical study, Seizure, 2002, 11, 381-3
  10. Kramer U, et al, Carbamazepine versus sulthiame in treating benign childhood epilepsy with centrotemporal spikes, J Child Neurol, 2002, 17, 914-6
  11. Rating D, et al, Sulthiame as monotherapy in children with benign childhood epilepsy with centrotemporal spikes: a 6-month randomized, double-blind, placebo-controlled study, Epilepsia, 2000, 41, 1284-8
  12. Borusiak MG, et al, Antiepileptic drugs and bone metabolism in children: data from 128 patietnts, J Child Neurol, 2013, 28, 176-83.
  13. May TW, et al, Pharmcokinetics of sulthiame in epileptics patients, Ther Drug Monit, 1994, 16, 251-7
  14. Neuraxpharm, Fachinformation sultiam, Deutschland, 03-2019
  15. Phebra Pty Ltd, Product information Ospolot, Australia, 21-11-2013
  16. Gelbe Liste Online, https://www.gelbe-liste.de/, aufgerufen 01/2021
  17. Desitin Arzneimittel GmbH, SmPC Ospolot® 200 mg/50 mg Filmtabletten (29803.00.00), 05/2019
  18. neuraxpharm, SmPC Sultiam neuraxpharm® 50 mg/100 mg/200 mg (94662.00.00), 03/2019
  19. Desitin Arzneimittel GmbH, SmPC Ospolot 20 mg/ml Suspension zum Einnehmen (7003954.00.00), 04/2022

Änderungsverzeichnis

  • 16 Januar 2021 09:19: Aktualisierung und neue Recherche zu Präparaten im Handel, unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Warnhinweisen, Kontraindikationen und Interaktionen
  • 24 Juli 2020 14:40: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Sultiam besitzt eine geringe Toxizität.
  • Überdosierungen von 4 bis 5 g Sultiam wurden überlebt.
  • Die Einnahme von ca. 20 g Sultiam in suizidaler Absicht bei Erwachsenen führte in einem Fall zum Exitus letalis. In einem anderen Fall kam es zu einer Restitutio ad integrum
  • Symptome: Kopfschmerzen, Schwindel, Ataxie, Bewusstseinsstörung, metabolische Azidose, Kristalle im Urin.
  • Therapie:
    • Ein spezifisches Antidot ist nicht bekannt.
    • Übliche Maßnahmen (Magenspülung und Aktivkohle) zur Verminderung der Resorption und zur Erhaltung der Vitalfunktionen sollten durchgeführt werden.
    • Zur Behandlung der Azidose kann Natriumbicarbonat infundiert werden.
    • Zur Verhinderung von Nierenschäden und Kristallurie wird eine alkalisierende Diuresetherapie empfohlen.

[Ref.]