Colestyramin

Wirkstoff
Colestyramin
Handelsname
Quantalan®, Vasosan®, Lipocol®
ATC-Code
C10AC01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Colestyramin ist ein Gallensäure-Komplexbildner.

Colestyramin ist ein basischer Anionenaustauscher, der aus Polymeren von Styrol (Vinylbenzol) und etwa 2% Divinylbenzol mit in die Netzstruktur eingefügten quartären Ammoniumgruppen besteht. Die relative Molekülmasse beträgt etwa 106. Colestyramin ist stark hydrophil, dabei wasserunlöslich, fermentativ nicht aufschließbar und kann somit auch nicht aus dem Magen-Darm-Colestyramin konnte ich die Trakt resorbiert werden. In der Handelsform liegt Colestyramin als Chlorid vor. Im Magen-Darm-Trakt besitzt es eine hohe Affinität zu Gallensäuren. Beim Kontakt mit gallensauren Salzen wird das Chlorid gegen den Gallensäurenrest ausgetauscht unter Entstehung von Natriumchlorid. Cholesterol ist der einzige Vorläufer der Gallensäuren. Während der normalen Verdauung werden Gallensäuren in den Darm sezerniert. Ein großer Teil der Gallensäuren wird dann vom Darmtrakt rückresorbiert und über den enterohepatischen Kreislauf wieder zur Leber zurücktransportiert. Da Colestyramin Gallensäuren im Darm bindet und ihre Rückresorbierung hemmt, kommt es bei schwindendem Gallensäurenpool zur Heraufregulierung des Leberenzyms Cholesterol-7-a-Hydroxylase, wodurch die Umwandlung von Cholesterol zu Gallensäuren gesteigert wird. Dies führt zu einem verstärkten Bedarf an Cholesterol in den Leberzellen, was eine zweifache Wirkung auslöst: einmal die Steigerung der Transkription und Aktivität des Cholesterolbiosynthese-Enzyms Hydroxymethyl-glutarylcoenzym A (HMG - CoA) Reduktase und auf der anderen Seite die Steigerung der Anzahl der hepatischen Low-Density-Lipoprotein-Rezeptoren.
Es kann auch zum gleichzeitigen Anstieg der Very-Low-Density-Lipoproteinsynthese kommen. Diese ausgleichenden Wirkungen führen zu einer gesteigerten Clearance von LDL-C aus dem Blut, und dies löst wiederum eine Senkung der LDL-C-Serumspiegel aus. Die Wirkungen von Colestyramin auf die Mortalität oder Morbidität wurden noch nicht ermittelt.

Pharmakokinetik bei Kindern

Colestyramin wird nicht aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Cholestatischer Juckreiz, Hypercholesterinämie, Diarrhoe
    • oral
      • ≥0 Jahre bis <2 Jahre: off-label
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

  • Oral
    • Eine Therapie mit Colestyramin kann eingeleitet werden, wenn Standarddosen des HMG-CoA-Reduktaseinhibitors unangemessen sind oder nicht gut vertragen werden [Ref.]
    • Die gleichzeitige Anwendung von Colestyramin mit einem HMG-CoA-Reduktaseinhibitor (Statin) ist als adjuvante Therapie zur Diät angezeigt, um eine additive Reduktion der LDL-Cholesterol-(LDL-C-)-Spiegel bei Patienten mit primärer Hypercholesterolämie zu erzielen, bei denen mit einem Statin allein keine ausreichende Kontrolle möglich ist [Ref.]
    • Colestyramin als Monotherapie ist als adjuvante Therapie zur Diät zur Reduktion des erhöhten Gesamt- und LDL-Cholesterols bei Patienten mit isolierter primärer Hypercholesterolämie angezeigt, bei denen ein Statin als unangemessen betrachtet wird oder nicht gut vertragen wird. [Ref.]
  • Kinder und Jugendliche:
    • Für Kinder wird die Dosierung nach dem Körpergewicht berechnet: [Ref.]
      • Körpergewicht (kg) x Erwachsenendosis (g)] / 70 kg = Colestyramin (g) [Ref.]
    • Um mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen gering zu halten, ist es sinnvoll, die Behandlung bei Kindern immer mit einer Dosis pro Tag zu beginnen. Anschließend sollte die Dosis schrittweise alle 5 - 7 Tage bis zum erwünschten therapeutischen Effekt gesteigert werden. [Ref.]
  • Erwachsene:
    • Mono- & Kombinationstherapie der Hypercholesterolämie: [Ref.]
      • Dosierung:
        • Einzeldosis: 4 - 16 g Colestyramin/Tag [Ref.]
        • Die Tagesdosis kann auf mehrere Einzeldosen verteilt werden [Ref.]
        • Maximale Tagesdosis: 24 g Colestyramin [Ref.]
    • Chologene Diarrhoen: [Ref.]
      • Anfangsdosis: 3 x 4 g Colestyramin/Tag (insg. 12 g Colestyramin) [Ref.]
      • Nachfolgende Dosisanpassung, falls erforderlich [Ref.]
      • Patienten sollten innerhalb von 3 Tagen auf die Therapie ansprechen. Bei Nichtansprechen sollte mit einer anderen Therapie begonnen werden. [Ref.]
      • Colestyramin sollte bei Patienten mit exudativen oder blutigen Diarrhöen nicht angewendet werden. [Ref.] 
    • Pruritus und Ikterus aufgrund von partiellem Gallengangverschluss: [Ref.]
      • Tagesdosis: 4 - 8 g Colestyramin/Tag [Ref.]

Präparate im Handel

Der empfohlene Einnahmezeitpunkt von Colestyramin ist zu den Mahlzeiten. [Ref.]
Colestyramin nie in trockener Form einnehmen. Die Verträglichkeit wird durch längeres Quellenlassen in Flüssigkeit verbessert. [Ref.] 

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparate Arzneiform Stärke Anwendungshinweise Aroma Problematische Hilfsstoffe
Quantalan® Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 4 g pro Dosisbeutel (4,68 g)
 
eingerührt in reichlich (beliebiger) Flüssigkeit einnehmen
 
Orange Propylenglykolalginat
 
Colestyramin HEXAL® 4 g pro Dosisbeutel (9,5 g) Orange  Lactose
Vasosan P* Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 4 g pro Dosisbeutel (73,82 g/100 g)    
Vasocan S* 4 g entsprechen 2 Messlöffel (73,82 g/100 g)
Lipocol-Merz®
 
Kautabletten
 
2 g T0 Die Kautabletten sollten gründlich eingespeichelt werden und anschließend zerkaut oder gelutscht werden. Nach der Einnahme soll reichlich Flüssigkeit nachgetrunken werden Lemon Propylenglykolalginat


T0: Nicht teilbar 

*Neben Vasosan P steht Vasosan S zur Verfügung. Bei gleichem Gehalt an Colestyramin weist Vasosan S einen höheren Anteil an Sucrose (Saccharose) und einen geringeren Anteil an Apfelpektin-Extrakt auf. Die Anwendung von Vasosan S wird gegenüber Vasosan P empfohlen bei schlechter Verträglichkeit des Apfelpektin-Extrakts, bei vermehrter Fettausscheidung mit dem Stuhl (Fett-Durchfall, Steatorrhö) und nach intestinaler Bypassoperation. Außerdem können geschmackliche Gründe die Auswahl beeinflussen. Durch den Apfelpektin-Extrakt wird die gastrointestinale Verträglichkeit verbessert und damit die Compliance des Patienten gefördert. Außerdem ist Vasosan P durch den geringeren Anteil an Sucrose für die Anwendung beim Diabetiker vorzuziehen. [Ref.]

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Cholestatischer Juckreiz, Hypercholesterinämie
  • Oral
    • < 6 Jahre
      • Initialdosis: 1 - 4 g/Tag in 1 - 2 Dosen. Max: 16 g/Tag. Erhaltungsdosis: Bei Bedarf alle 5-7 Tage die Dosis je nach Wirkung anpassen.
      • <2 Jahre: off-label

    • 6 Jahre bis 18 Jahre
      • Initialdosis 12 - 16 g/Tag in 1 - 2 Dosen. Max: 24 g/Tag. Erhaltungsdosis: Geringste wirksame Dosis, die in Abhängigkeit vom klinischen Ansprechen bestimmt wird.
Diarrhoe verursacht durch Gallensalze
  • Oral
    • < 6 Jahre
      • Initialdosis: 1 - 4 g/Tag in 4 Dosen. Max: 16 g/Tag. Erhaltungsdosis:  Bei Bedarf alle 5-7 Tage die Dosis je nach Wirkung anpassen.
      • Behandlungsdauer:

        Tritt innerhalb von 3 Tagen keine Verbesserung auf, muss ein anderer Therapieansatz verfolgt werden.

      • <2 Jahre: off-label

    • 6 Jahre bis 18 Jahre
      • Initialdosis 16 g/Tag in 4 Dosen. Max: 24 g/Tag. Erhaltungsdosis: Geringste wirksame Dosis, die in Abhängigkeit vom klinischen Ansprechen bestimmt wird.
      • Behandlungsdauer:

        Tritt innerhalb von 3 Tagen keine Verbesserung auf, muss ein anderer Therapieansatz verfolgt werden.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Die am häufigsten auftretende Nebenwirkung ist Obstipation. Des Weiteren wurden ein Defizit fettlöslicher Vitamine (A, D, E und K) und Folsäure, Hypoprothrombinämie (infolge des Vitamin K-Mangels), eine Senkung der Serum-Kalzium-Konzentration, hyperchlorämische Azidose (vor allem bei Kindern), Hautreaktionen (Hautausschlag, Urtikaria, Dermatitis) und eine Reizung der Zunge oder des perianalen Bereichs verzeichnet. In seltenen Fällen wurde eine intestinale Obstruktion gemeldet, inklusive zweier fataler Fälle bei Kindern; Urtikaria und Dermatitis.

Kontraindikationen allgemein

  • Darmverschluss oder Gallengangverlegung
  • Bei gleichzeitiger Anwendung von Colestyramin mit einem Statin sollte die Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels für das jeweilige Statin bezüglich der Gegenanzeigen konsultiert werden.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Um eventuelle gastro-intestinale Nebenwirkungen auf ein Minimum zu beschränken, ist es wünschenswert, die Therapie bei Kindern mit 1 Dosis Colestyramin zu beginnen. Die Dosierung kann allmählich gesteigert werden (alle 5-7 Tage), um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Langzeitanwendung von Colestyramin in hoher Dosierung hyperchlorämische Azidose verursachen kann, da Colestyramin das Chlorid eines Anionenaustauschers ist. Dies kann insbesondere bei jüngeren und leichteren Patienten geschehen, bei welchen die relative Dosis höher sein kann.

Außerdem kann bei Langzeitanwendung hoher Dosen die normale Fettaufnahme gestört und die Resorption fettlöslicher Vitamine reduziert werden. In diesem Fall eventuell die Vitamine A und D substituieren.

Chronische Verwendung von Colestyramin kann eine erhöhte Blutungsneigung verursachen, die durch eine von Vitamin K-Mangel ausgelösten Hypoprothrombinämie entsteht. Parenterale Vitamin K-Verabreichung kann in solchen Fällen indiziert sein. Eine Reduktion des Folsäuregehalts im Serum oder in den roten Blutkörperchen wurde verzeichnet, weshalb die Behandlung mit Folsäure in diesem Fall erwogen werden kann.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

 

 

Wechselwirkungen

Die Eigenschaften von Colestyramin als Anionenaustauscherharz bringen es mit sich, dass grundsätzlich eine Verzögerung oder Verminderung der Resorption anderer oral verabreichter Medikamente, wie z. B.

  • Phenylbutazon, Warfarin, Hydrochlorothiazid, Tetracyclin, Penicillin G, Phenobarbital, Schilddrüsenpräparate und Digitalis erfolgen kann.

Wenn eine Wechselwirkung mit einem gleichzeitig angewendeten Arzneimittel nicht ausgeschlossen werden kann, sollte dieses Arzneimittel mindestens 1 Stunde vor oder 4 Stunden nach Colestyramin verabreicht werden, um das Risiko einer verringerten Absorption des gleichzeitig angewendeten Arzneimittels zu minimieren.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

MITTEL, DIE DEN LIPIDSTOFFWECHSEL BEEINFLUSSEN, REIN

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

HMG-CoA-Reduktasehemmer

Atorvastatin

Atoris®, Lipitor®, Sortis®
C10AA05

Pravastatin

Mevalotin protect®
C10AA03

Rosuvastatin

Crestor®, Rosuvador®
C10AA07

Simvastatin

Zocor®
C10AA01
Andere Mittel, die den Lipidstoffwechsel beeinflussen

Ezetimib

Ezetrol®
C10AX09

Referenzen

  1. Farah JR, et al, Dose-effect relation of cholestryamine in children and young adults with familial hypercholesterolaemia, Lancet, 1977, 1, 59-63.
  2. Glueck CJ, et al, Therapy of familial hypercholesterolemia in childhood: diet and cholestyramine resin for 24 to 36 months, Pediatrics, 1977, 59, 433-41
  3. Liacouras CA, et al, Use of cholestyramine in the treatment of children with familial combined hyperlipidemia, J Pediatr., 1993, 122, 477-82
  4. Bristol Myers Squibb BV, SPC Questran 04-01-2013, www.cbg-meb.nl
  5. Tonstad S, et al, Efficacy and safety of cholestyramine therapy in peripubertal and prepubertal children with familial hypercholesterolemia, J Pediatr, 1996, 129, 42-9
  6. Vesikari T, et al, A comparative trial of cholestyramine and loperamide for acute diarrhoea in infants treated as outpatients, Acta Paediatr Scand, 1985, 74, 650-4
  7. Vesikari T, et al, Efficacy of cholestyramine in acute infantile diarrhoea: placebo-controlled double-blind trial in hospitalized children and in outpatients, J Diarrhoeal Dis Res, 1984, 2, 151-8
  8. Bristol-Myers Squibb, SmPC Quantalan® zuckerfrei Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (24903.00.00), 04/2014
  9. Hexal, SmPC Colestyramin HEXAL 4 g Beutel, Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (21776.00.00), 01/2017
  10. Merz, SmPC Lipocol-Merz® Kautablette, 2 g (6143685.00.00), 10/2016
  11. Dr. Felgenträger, SmPC Vasosan® P (3000152.00.00), 02/2015
  12. Dr. Felgenträger, SmPC Vasosan® S (3000151.00.00), 02/2015
  13. MMI, Gelbe Liste | Online, Accessed May 30, 2018

Änderungsverzeichnis

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung