Mercaptopurin

Wirkstoff
Mercaptopurin
Handelsname
Puri-Nethol®, Xaluprine®; Syn: 6-Mercaptopurin
ATC-Code
L01BB02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

6-Mercaptopurin ist ein Purinanalogon und wirkt zytotoxisch, nachdem es zellulär aufgenommen und zu aktiven Thioguaninnukleotiden metabolisiert wurde. Azathioprin ist ein Prodrug von 6-Mercaptopurin.

Pharmakokinetik bei Kindern

  Kinder Erwachsene
Cmax (oral) 0,89 µM (0,29 bis 1,82 µM) -
Tmax (oral)
2,2 Stunden (0,5 bis 4 Stunden) -
T1/2 (als i.v. Infusion)
0,9 (+/– 0,3) Stunden 0,9 Stunden
Cl (als i.v. Infusion)
719 (+/– 610) mL/min/m² 864 mL/min/m²

[SmPC Puri-Nethol®]

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Onkologische Erkrankungen
    • oral
      • ≥0 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen*

 *zur Induktions- und Erhaltungstherapie bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL)

  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Induktions- und Erhaltungstherapie bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL) bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern.

Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Alter von 0 bis 18 Jahren:

als Tablette:

Die Standarddosis für Erwachsene und Kinder beträgt 2,5 mg/kg Körpergewicht pro Tag oder 50 bis 75 mg/m2 der Körperoberfläche pro Tag. Die Dosierung und Dauer der Behandlung mit Mercaptopurin-Monohydrat ist von der Art und Dosierung der anderen in Verbindung mit Mercaptopurin-Monohydrat verabreichten Zytostatika abhängig. Die Dosierung sollte sorgfältig an die Bedürfnisse des einzelnen Patienten angepasst werden.

[Ref.]

als Suspension

Die Dosis richtet sich nach der umsichtig überwachten Hämatotoxizität und ist gemäß dem verwendeten Behandlungsprotokoll sorgfältig dem einzelnen Patienten anzupassen. Je nach Behandlungsphase variieren die Anfangs- oder Zieldosen im Allgemeinen zwischen 25 – 75 mg/m2 Körperoberfläche (KOF) pro Tag, sollten jedoch bei Patienten mit reduzierter oder fehlender Aktivität des Enzyms Thiopurinmethyltransferase (TPMT) niedriger sein.

[Ref.]

Präparate im Handel

Suspension zum Einnehmen 20 mg/mL
Tabletten 10 mg, 50 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Mercaptopurin) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Aroma Anwendungshinweis Altersangabe
 Xaluprine® Suspension zum Einnehmen 20 mg/mL oral k.A. Aspartam (3 mg/mL)
Phenylalanin
Sucrose
Natriummethyl-4-hydroxybenzoat (1 mg/mL)
Natriumethyl-4-hydroxybenzoat (0,5 mg/mL)


Himbeer-Aroma 
Vor Anwendung mindestens 30 Sekunden kräftig schütteln. Einnahme mit einer Mahlzeit oder nüchtern, jedoch immer in der gleichen Art. Nicht mit Milch/-produkten einnehmen. Kinder
Mercaptopurin – Medice®  Tabletten 10 mgT0,M0 oral k.A. Lactose - Einnahme mit einer Mahlzeit oder nüchtern, jedoch immer in der gleichen Art. Nicht mit Milch/-produkten einnehmen. Kinder
Puri-Nethol® Tabletten 50 mgT0,M0 oral k.A. Lactose - Kinder


T0: nicht teilbar, M0: nicht mörserbar, k.A.: keine Angabe

Die Fachinformationen wurden am 11.08.2025 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Onkologische Erkrankungen
  • Oral
    • 0 Jahre bis 18 Jahre
      [3]
      • Achtung:
        Dosis und Dosisfrequenz von onkologischen Arzneimitteln hängen von der Erkrankung ab und sind stark neuen Erkenntnissen unterworfen. Onkologische Mittel werden oftmals in Kombination verwendet. Aus diesem Grund wird auf die detaillierten Behandlungsprotokolle verwiesen, weitere Informationen hierzu finden Sie bei der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie.

        Als Hinweis wird folgende Dosierung des Herstellers angeführt: 2,5 mg/kg/Tag oder 50 - 75 mg/m2/Tag

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [2]
      • 1 - 1,5 mg/kg/Tag in 1 Dosis
      • off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Hypoglykämie (in der Mehrzahl bei Kindern <6 Jahren oder mit einem niedrigen Body-Mass-Index) [SmPC Puri-Nethol®, SmPC Xaluprine®]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Knochenmarkssuppression, Leukopenie und Thrombozytopenie

Häufig (1-10 %): Anämie, Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Pankreatitis bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen (eine nicht zugelassene Indikation), Leberstauung, Lebertoxizität

Gelegentlich (0,1-1 %): bakterielle und virale Infektionen, Infektionen, die mit Neutropenie in Verbindung stehen, Überempfindlichkeitsreaktionen (Arthralgie, Hautausschlag, Arzneimittelfieber), hepatische Nekrose

Selten (0,01-0,1 %): Neoplasien, einschließlich lymphoproliferativer Erkrankungen, Hautkrebserkrankungen (Melanome und andere), Sarkome (Kaposi-Sarkome und andere) und In-situ-Karzinom der Cervix uteri, Gesichtsödem, orale Ulzerationen, Pankreatitis (bei den zugelassenen Indikationen), Alopezie, transitorische Oligospermie

Sehr selten (<0,01 %): sekundäre Leukämie und Myelodysplasie, Darmgeschwürbildung

Häufigkeit nicht bekannt: hepatosplenes T-Zell-Lymphom bei Patienten mit entzündlicher Darmerkrankung (eine nicht zugelassene Indikation) bei Anwendung in Kombination mit Anti-TNF-Agenzien, Hypoglykämie, Pellagra, Stomatitis, Cheilitis, Lichtempfindlichkeit, Erythema nodosum, Schleimhautentzündung, Erniedrigung der Gerinnungsfaktoren

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • gleichzeitige Anwendung mit dem Gelbfieberimpfstoff 

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums hat folgende klinisch relevante Wechselwirkungen ergeben:

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Myelosuppressiva (z.B. Ribavirin, Clozapin) Erhöhtes Risiko für myelosuppressive Wirkungen (z.B. Anämie, Leukopenie). Kombination vermeiden. Falls Kombination nicht vermieden werden kann, muss das Blutbild besonders engmaschig überwacht werden. 
Allopurinol Kombination kann zu einem erhöhten Plasmaspiegel von 6-Mercaptopurin führen. Das Risiko für UAW steigt.  Bei Kombination muss die Dosis von 6-Mercaptopurin auf 1/4 der üblichen Dosis reduziert werden.
Aminosalicylate (z.B. Mesalazin, Sulfasalazin) Erhöhtes Risiko für myelosuppressive Wirkungen (z.B. Anämie, Leukopenie). Sorgfältige Überwachung bei gleichzeitiger Anwendung notwendig. 
Methotrexat Verstärkte Hepato- und Hämatotoxizität. Bei Kombination soll die Dosis von Azathioprin angepasst werden, um UAW zu vermeiden.
Lebendimpfstoffe (z.B. MMR-Impfstoff, Rotaviren-Impfstoff, Gelbfieber) Dissemination des Impfkeims und beeinträchtigte Immunantwort möglich. Kombination vermeiden. Gleichzeitige Anwendung mit Gelbfieberimpfstoff ist kontraindiziert.
Antikoagulanzien (z.B. Warfarin, Phenprocoumon) Hemmung des antikoagulativen Effektes möglich.   INR verstärkt überwachen, ggf. die Dosis der Antikoagulanzien anpassen.
Phenytoin Hemmung der Resorption von Phenytoin im Darm durch Zytostatika möglich. Phenytoin-Spiegel sorgfältig überwachen, ggf. die Dosis anpassen.

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIMETABOLITEN

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Purin-Analoga

Clofarabin

Evoltra®
L01BB06

Nelarabin

Atriance®
L01BB07

Tioguanin

Lanvis, Thioguanin
L01BB03
Pyrimidin-Analoga

Fluorouracil + Salicylsäure

Verrumal®, Verrucutan®, Actikerall®; Syn: FU; weiterer ATC-Code: D11AF55
L01BC52

Gemcitabin

GEMCI-cell®, Gemedac®
L01BC05
ANTIMETABOLITEN

Clofarabin

Evoltra®
L01BB06

Fluorouracil + Salicylsäure

Verrumal®, Verrucutan®, Actikerall®; Syn: FU; weiterer ATC-Code: D11AF55
L01BC52

Gemcitabin

GEMCI-cell®, Gemedac®
L01BC05

Nelarabin

Atriance®
L01BB07

Tioguanin

Lanvis, Thioguanin
L01BB03

Referenzen

  1. Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
  2. Turner D, et al., Management of pediatric ulcerative colitis: joint ECCO and ESPGHAN Evidence-Based Consensus Guidelines, JPGN, 2012, 55(3), 340-61
  3. Aspen Pharma Trading Limited, SmPC Puri-Nethol (RVG 00859), 09/2024
  4. Aspen Pharma Trading Limited, SmPC Puri-Nethol 50 mg Tabletten (6102083.00.00), 10/2024
  5. MEDICE Arzneimittel, SmPC Mercaptopurin-Medice 10 mg Tabletten (64742.00.00), 09/2024
  6. Nova Laboratories Ireland Limited, SmPC Xaluprine 20mg/mL Suspension zum Einnehmen (EU/1/11/727/001), 07/2024

Änderungsverzeichnis

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung