Sevelamer

Wirkstoff
Sevelamer
Handelsname
Renagel®, Renvela®
ATC-Code
V03AE02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Sevelamer, ein nicht resorbierbares, phosphatbindendes Poly(allyl-aminhydrochlorid)polymer, das weder Metall noch Calcium enthält. Sevelamer enthält zahlreiche Aminogruppen, die jeweils durch ein Kohlenstoffatom vom Polymergerüst getrennt sind. Diese Amine werden teilweise im Darm protoniert und interagieren mit Phosphatmolekülen durch Ionen- und Wasserstoffbrückenbindung. Über die Bindung von Phosphat im Magen-Darm-Trakt reduziert Sevelamer den Serumphosphatspiegel. In klinischen Studien erwies sich Sevelamer als wirksam zur Senkung des Serumphosphatspiegels bei Patienten, die eine Hämodialyse oder eine Peritonealdialyse erhalten.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Hyperphosphatämie bei chronischer Niereninsuffizienz
    • oral
      • ≥1 Monat bis <6 Jahre: off-label
      • ≥6 Jahre bis 18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Behandlung von Hyperphosphatämie bei Patienten im Kindes- und Jugendalter (> 6 Jahre sowie mit einer Körperoberfläche [KOF] von > 0,75 m2) mit chronischer Niereninsuffizienz.

Kinder <6 Jahren oder mit einer Körperoberfläche (KOF) <0,75 m2:

  • Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sevelamer ist nicht erwiesen.

Kinder und Jugendliche >6 Jahre sowie mit einer KOF von >0,75 m2:

  • Die empfohlene Anfangsdosis Sevelamercarbonat für Kinder liegt zwischen 2,4 g und 4,8 g pro Tag, basierend auf der KOF-Kategorie des Patienten. Sevelamer muss drei Mal täglich mit einer Mahlzeit oder Zwischenmahlzeit eingenommen werden.

[Ref.]

  • Bei Kindern und Jugendlichen sollte eine Suspension zum Einnehmen angewendet werden, da für diese Population die Tablette als Darreichungsform nicht geeignet ist.

[Ref.]

Präparate im Handel

Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 2,4 g
Filmtabletten 800 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Aroma Anwendungshinweis Altersangabe
Renvela® Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 2,4 g "natriumfrei" Propylenglycolalginat
Sucrose
Zitrone mit 60 ml Wasser oder in kleinen Menge eines Getränks oder Essen (z. B. 100 g/120 ml) mischen,
innerhalb von 30 min nach Zubereitung trinken,
nicht erhitzen, mit der Mahlzeit einnehmen
ab 6 Jahren
Sevelamercarbonat HEXAL® Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 2,4 g k.A. Sucralose Zitrone, Apfelsine s.o.,
die korrekte Dosis kann mittels Volumen abgeteilt werden (1,0 ml entspricht 400 mg)
ab 6 Jahren
Renagel® Filmtabletten 800 mgT0 - - - Einnahme mit den Mahlzeiten ab 18 Jahren

 

T0: nicht teilbar

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Hyperphosphatämie bei chronischer Niereninsuffizienz
  • Oral
    • 1 Monat bis 6 Jahre
      • Dosierung in Abhängigkeit von der Serumphosphatkonzentration.
        off-label

    • 6 Jahre bis 18 Jahre
      [3]
      • >0,75 -1,2 m2 KOF: 2,4 g/Tag in 3 Dosen. Dosis alle 2-4 Wochen in Schritten von 1,2 g/Tag in Abhängigkeit von der Serumphosphatkonzentration anpassen.
        >1,2 m2 KOF: 4,8 g/Tag in 3 Dosen. Dosis alle 2-4 Wochen in Schritten von 2,4 g/Tag in Abhängigkeit von der Serumphosphatkonzentration anpassen.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Im Allgemeinen ist das Sicherheitsprofil einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen (im Alter von 6 – 18 Jahren) vergleichbar mit dem Sicherheitsprofil bei Erwachsenen. [SmPC Renvela]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, Obstipation
  • Diarrhö, Dyspepsie, Flatulenz, Abdominalschmerz

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Darmperforation, gastrointestinale Nekrose

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Hypophosphatämie
  • Darmobstruktion

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sevelamercarbonat bei nicht hämodialytisch behandelten Erwachsenen mit chronischer Niereninsuffizienz, die einen Serumphosphatwert <1,78 mmol/l aufweisen, ist nicht erwiesen. Deshalb wird es zur Anwendung bei diesen Patienten zurzeit nicht empfohlen.
  • Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sevelamercarbonat wurde bei Patienten mit den folgenden Erkrankungen nicht erwiesen:
    • Dysphagie
    • Schluckstörungen
    • schwerwiegende gastrointestinale Motilitätsstörungen, einschließlich unbehandelter oder schwerer Gastroparese, Retention des Mageninhalts und abnormem oder unregelmäßigem Stuhlgang
    • aktive entzündliche Darmerkrankung
    • große Magen-Darm-Trakt-Operationen
  • Bei diesen Patienten sollte Sevelamercarbonat erst nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Analyse angewendet werden. Wenn die Behandlung eingeleitet wird, sollte bei Patienten mit den genannten Erkrankungen eine Überwachung erfolgen. Kommt es bei Patienten zu schwerer Obstipation oder anderen schweren gastrointestinalen Symptomen, sollte eine erneute Abwägung der Behandlung mit Sevelamercarbonat erfolgen.
  • Darmobstruktion und Ileus/Subileus
    In sehr seltenen Fällen wurden bei Patienten im Verlauf einer Behandlung mit Sevelamerhydrochlorid (Kapseln/Tabletten), das den gleichen wirksamen Bestandteil wie Sevelamercarbonat enthält, Darmobstruktion und Ileus/Subileus beobachtet. Obstipation kann als Symptom vorausgehen. Patienten mit Obstipation sollten während der Behandlung mit Sevelamercarbonat sorgfältig überwacht werden. Kommt es bei Patienten zu schwerer Obstipation oder anderen schweren gastrointestinalen Symptomen, sollte eine erneute Abwägung der Behandlung erfolgen.
  • Fettlösliche Vitamine und Folatmangel
    Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz können abhängig von Diätplan und Schweregrad der Erkrankung niedrige Spiegel der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K auftreten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der aufgenommenen Nahrung enthaltene fettlösliche Vitamine durch Sevelamercarbonat gebunden werden. Bei Patienten, die keine Vitaminergänzungsmittel einnehmen, jedoch Sevelamer bekommen, sollte eine regelmäßige Bestimmung der Serum-Vitamin-A-, -D-, -E- und -K-Spiegel erfolgen. Es wird empfohlen, je nach Bedarf Vitaminergänzungsmittel zu geben. Es wird empfohlen, nicht dialytisch behandelten Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz Vitamin-D-Ergänzungsmittel zu geben (täglich ca. 400 IU natives Vitamin D); dies kann als Teil eines Multivitaminpräparats zusätzlich zur Sevelamercarbonat-Dosis, jedoch zeitlich voneinander getrennt, gegeben werden. Bei Patienten unter Peritonealdialyse wird eine zusätzliche Überwachung der fettlöslichen Vitamine und von Folsäure empfohlen, da bei diesen Patienten die Vitamin-A-, -D-, -E- und -K-Spiegel nicht in einer klinischen Studie bestimmt wurden.
    Die derzeit vorliegenden Daten reichen nicht aus, um bei langfristiger Behandlung mit Sevelamercarbonat einen möglichen Folatmangel auszuschließen. Bei Patienten, die kein Folat-Ergänzungsmittel einnehmen, jedoch Sevelamer erhalten, sollte eine regelmäßige Überprüfung der Folatspiegel erfolgen.
  • Hypocalcämie/Hypercalcämie
    Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz können eine Hypocalcämie oder Hypercalcämie entwickeln. Sevelamercarbonat enthält kein Kalzium. Aus diesem Grund sollte der Serumcalciumspiegel regelmäßig überwacht und bei Bedarf sollte ergänzend ein Calciumpräparat gegeben werden.
  • Metabolische Azidose
    Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz sind prädisponiert, eine metabolische Azidose zu entwickeln. Im Rahmen der guten klinischen Praxis wird daher die Überwachung des Serumbicarbonatspiegels empfohlen.
  • Peritonitis
    Bei Dialysepatienten bestehen je nach Dialyseverfahren bestimmte Infektionsrisiken. Bei Patienten unter Peritonealdialyse ist Peritonitis eine bekannte Komplikation. In einer klinischen Studie mit Sevelamerhydrochlorid wurden in der Sevelamer-Gruppe mehr Fälle von Peritonitis berichtet als in der Kontrollgruppe. Patienten unter Peritonealdialyse sollten engmaschig überwacht werden, um zu gewährleisten, dass angemessene aseptische Techniken angewendet und Anzeichen und Symptome einer Peritonitis sofort erkannt und behandelt werden.
  • Hypothyreose
    Bei Patienten mit Hypothyreose, die gleichzeitig Sevelamercarbonat und Levothyroxin erhalten, wird eine engmaschigere Überwachung empfohlen.
  • Hyperparathyreoidismus
    Sevelamercarbonat ist nicht für die Behandlung von Hyperparathyreoidismus indiziert. Sevelamercarbonat sollte bei Patienten mit sekundärem Hyperparathyreoidismus im Rahmen einer Mehrfachtherapie verwendet werden, die zur Senkung des intakten Parathormon-(iPTH-)Spiegels Kalziumzusätze, 1,25-Dihydroxyvitamin D3 oder ein Analogon desselben enthalten könnte.
  • Entzündliche gastrointestinale Erkrankungen
    Es wurden Fälle von schwerwiegenden entzündlichen Erkrankungen verschiedener Abschnitte des Gastrointestinaltrakts in Verbindung mit Sevelamerkristallen berichtet (einschließlich schwerwiegender Komplikationen wie Blutung, Perforation, Ulzeration, Nekrose, Kolitis und Raumforderung im Kolon/Zäkum). Entzündliche Erkrankungen können nach dem Absetzen von Sevelamer abklingen. Kommt es bei Patienten zu schweren gastrointestinalen Symptomen, sollte eine erneute Abwägung der Behandlung mit Sevelamercarbonat erfolgen.

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

ALLE ÜBRIGEN THERAPEUTISCHEN MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Antidote

Flumazenil

Anexate®
V03AB25

Hydroxocobalamin - Antidot

Cyanokit®; Syn: Vitamin B12
V03AB33

Iodid - Hochdosis

Syn.: Jodid
V03AB21

Naloxon

Nyxoid®
V03AB15
V03AB14

Sugammadex

Bridion®
V03AB35
Eisen-Chelatbildner

Deferasirox

Exjade®
V03AC03

Deferipron

Ferriprox®; Syn: DFP
V03AC02

Deferoxamin

Desferal®; Syn: DFO
V03AC01
Mittel zur Behandlung der Hyperkaliämie und Hyperphosphatämie

Calciumacetat

Calcet®, Renacet®
V03AE07

Eisen(III)oxidsaccharat - oral

Velphoro®; Syn.: Eisenoxidsaccharat, Eisenoxidsucrose, Ferrioxidsaccharat, Eisen(III)hydroxid-Sucrose-Komplex, Sucroferric Oxyhydroxide
V03AE05
Entgiftungsmittel für die Behandlung mit Zytostatika

Folinsäure

Leucovorin®
V03AF03
V03AF01
Mittel zur Behandlung der Hypoglykämie

Diazoxid

Proglicem®
V03AH01

Referenzen

  1. Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
  2. Genzyme Europe BV, SmPC Renvela (EU/1/09/521/007) 05-02-2020
  3. Genzyme Europe B.V., SmPC Renvela® 2,4 g Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (EU/1/09/521/006), 08/2019
  4. HexalAG , SmPC Sevelamercarbonat HEXAL® 2,4 g Pulverzur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (95680.00.00), 09/2019
  5. Genzyme Europe B.V., SmPC Renagel® 800 mg Filmtabletten (EU/1/99/123/008), 08/2019

Änderungsverzeichnis

  • 05 August 2020 16:54: Neue Überarbeitung
  • 05 August 2020 16:54: Anpassung der Indikation gemäß Fachinformation.
  • 16 Juni 2020 09:15: Dosierungsempfehlung für Kinder von 6-18 Jahren auf der Grundlage von der Renvela Fachinformation hinzugefügt.

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung